Herr der Krähen
oder auch Japaner …“
„Wir wollen Engländer werden“, unterbrachen sie ihn.
„Engländer also? Hakuna matata “, beruhigte der Herr der Krähen sie. „Nur noch eine kleine Hürde und wir sind auf dem besten Weg dahin. Bei den Engländern gibt es, wie bei allen anderen Weißen auch, unterschiedliche Sorten. Dazu kommen heutzutage noch die schwarzen Briten, die aus Bangladesch, Pakistan, Indien, Hongkong, der Karibik und sogar aus Afrika stammen …“
„Wir wollen eine rein englische Haut“, sagten sie prompt.
Während Nyawĩra in beständigem Staunen das Schauspiel betrachtete, das vor ihr ablief, forderte der Herr der Krähen Mann und Frau auf, die Augen zu schließen und sich die Art Engländer vorzustellen, die sie werden wollten. Er würde diese Abbilder im Spiegel einfangen, damit sie ihre Träume klarer und deutlicher erkannten. Beide machten die Augen zu.
Er begann bei Tajirika, der schnell sagte, dass er ein Bild in seinem Kopf habe. Allerdings sehr undeutlich, fügte er hinzu.
„Dann halt es dort fest und lass es nicht los“, befahl der Herr der Krähen Tajirika. „Dort, ich sehe ihn … ja, der Mann ist weiß wie nur irgendetwas, in zerlumpten Hosen und einer Lederjacke mit Messingknöpfen, sein Haar ist blau und grün und gelb und steht ihm vom Kopf wie bei einem Stachelschwein … ein Punk, zweifellos, ein Punk …“
Tajirika unterbrach ihn erschrocken: „Nein, nicht so ein Engländer. Ich habe doch gesagt, ich will ein richtiger Engländer werden.“
Der Herr der Krähen befahl ihm, die Augen zu öffnen, damit das Bild des Punks verschwand.
Jetzt war Vinjinia an der Reihe. Sie war zunächst sehr aufgeregt, als der Herr der Krähen von einer Frau sprach, die – in einen Pelz gehüllt – durch die Straßen Londons spazierte. Oxford Street. Dean Street. Eine Nebenstraße. Nur war diese Frau eine Prostituierte vom Soho Square. Als anständige Christin schrie Vinjinia laut ihren Protest heraus. Daraufhin sagte ihr der Herr der Krähen, sie solle die Augen öffnen, damit das unerwünschte Bild verschwand.
Es brach ein hitziges Wortgefecht zwischen Mann und Frau aus, in dem jeder den anderen wegen des gewählten Bildes beschimpfte: Punk und Prostituierte.
Der Streit hätte sich zugespitzt, wenn der Herr der Krähen nicht dazwischen gegangen wäre und sie gewarnt hätte, sie würden als streitsüchtiges englisches Ehepaar enden, wenn sie nicht mit dem Gezanke aufhörten. Vor allen Dingen würde der Streit die Entstehung anderer Bilder beeinträchtigen, die eine weit wünschenswertere Wahl darstellten.
Der Herr der Krähen befahl ihnen, die Augen wieder zu schließen. Sie sollten ihr Bestes versuchen, sich ein harmonischeres, gemeinsames Bild eines erfüllten hohen Alters vorzustellen.
„Im Kolonialstil. Wie die, die früher hier in Aburĩria über uns geherrscht haben“, verdeutlichte Tajirika.
„Sie waren schneeweiß und hatten ihre eigenen Klubs und abgerichtete Hunde“, fügte Vinjinia hinzu.
„Herren, Aristokraten. Blaublütig“, stimmten sie überein.
Sie machten die Augen zu und frohlockten bald darauf, als sie hörten, dass es dem Herrn der Krähen gelungen war, ihre gemeinsame Vorstellung im Spiegel einzufangen.
„Es ist ein Film, ein bewegtes Bild“, sagte der Herr der Krähen. „Ich sehe ein Paar mit grau-silbernem Haar, Sir Clement Clarence Whitehead und Lady Virgin Beatrice Whitehead, die Hand in Hand in der Nähe der Palastgärten in London über die Straße gehen und sich über ihr Leben in den alten Tagen der Kolonialzeit unterhalten. Ein authentisches Paar aus der Kolonialaristokratie. Sie reden gerade davon, wie er um ein Haar Gouverneur von Aburĩria geworden wäre …“
„Gouverneur? Haben Sie Gouverneur gesagt?“, fragten Vinjinia und Tajirika gleichzeitig.
„Psssssst! Jetzt habt ihr das Bild zum Verschwinden gebracht“, schimpfte der Zauberer.
„Wir sagen kein Wort mehr“, versprach Vinjinia.
„Bitte suchen Sie es. Holen Sie das Bild zurück, vor allem den Teil, in dem es um den Gouverneur von Aburĩria ging“, bettelte Tajirika.
„Gut, da ist es wieder, das Bild ist wieder da“, sagte der Herr der Krähen, „und, tatsächlich, sie reden immer noch davon, wie er fast Gouverneur von Aburĩria geworden wäre, und sie die First Lady der Kolonie. Sie erinnern sich an ihren Palast auf einem Hügel mit Blick über die Stadt und an ihre Urlaube am Meer. Zehn Diener im Palast und fünf im Anwesen am Meer. Sie erinnern sich an die
Weitere Kostenlose Bücher