Herr der Krähen
ausgedehnten Rasenflächen, die grünen Hecken, den Swimmingpool, die Autoflotte, die zu groß war, um sich an alle Modelle erinnern zu können, nur daran, dass es teilweise Jaguar und Rolls-Royce waren.
Zwei Reiter, ganz offensichtlich Polizisten, galoppieren vorbei, und Sir Clarence und Lady Beatrice mustern kritisch die Pferde und schütteln die Köpfe, weil sie an ihre Vollblüter in den kolonialen Stallungen denken müssen, die bei den anderen Siedlern Neid und Gerede hervorriefen. Sie gehen über eine andere Straße. Wohin sind sie unterwegs? Oh, ja, sie bleiben vor Harrods stehen. Früher sind sie einmal im Jahr zum Einkaufen eingeflogen. Jetzt machen sie einen Schaufensterbummel. Ich wünsche mir diesen Seidenschal zu Weihnachten. Ich möchte diese Handtasche. Sie streiten sich ein wenig über dieses und jenes und die Preise und werfen einander Extravaganz vor. Ihr Streit endet plötzlich, als sie bemerken, überhaupt kein Geld zu haben, um die protzigen Kostbarkeiten in den Schaufenstern von Harrods zu bezahlen.
Da! Sie gehen wieder über eine Straße, gleichgültig den Autos gegenüber, die ziemlich scharf bremsen müssen, um sie nicht zu überfahren. Jetzt bleiben sie neben ein paar Mülltonnen stehen. Was? Ein obdachloses Paar? Nein, nein, sie gehen weiter, noch immer in ihr Gespräch vertieft. Aber kann man das tatsächlich als Unterhaltung bezeichnen? Lautstark beklagen, beweinen und verfluchen sie die schmutzige Politik der Sechzigerjahre, die das goldene Zeitalter des Kolonialismus beendete. Sie sind sich uneins, ob die Amerikaner oder die Russen oder beide daran schuld waren, aber sie verfluchen entschieden alle Kräfte, die das britische Weltreich zum Einsturz gebracht haben. Wartet einen Augenblick. Ich habe sie verloren. Wo sind sie nur hin?
Ah, da sind sie wieder. Ich sehe, wie sie jetzt in einer Kirche vor dem Altar niederknien, und sie beten zu Gott für die Rekolonisierung Afrikas und Asiens, nun da der Kommunismus endlich besiegt ist. Wieder gehen sie über die Straße – wie oft müssen die beiden die Straßen Londons noch überqueren? Und nun? Oh, mein Gott! Sir Clement Clarence Whitehead und Lady Virgin Beatrice Whitehead gehen wirklich in ein Altenheim. Sie träumen noch immer von der möglichen Wiederkehr der guten, alten Zeiten und von den Tagen voller Macht und Glorie in Afrika.
Kurz gesagt“, schloss der Herr der Krähen und sah Tajirika und Vinjinia unverwandt an, „euer weißes englisches Schicksal ist das eines obdachlosen, vormals kolonialen Ehepaares, das allein von den Erinnerungen an das lebt, was einmal war. Nun, wie schnell möchtet ihr euer weißes Schicksal erreichen?“
„Nein! Niemals!“, riefen Tajirika und Vinjinia wie aus einem Munde und machten erschrocken die Augen wieder auf. „Black is beautiful! Geben Sie uns unser Schwarzsein zurück!“, forderten sie klagend, als hätte der Herr der Krähen ihnen die schwarze Haut bereits geraubt.
15
Nachdem seine Kunden gegangen waren, empfand der Herr der Krähen große Erleichterung, war aber gleich darauf, weil er jetzt allein war, sehr niedergeschlagen. Er ging hinüber ins Wohnzimmer und hoffte, Nyawĩra dort zu finden, um sich seine Verwunderung über das soeben Erlebte von der Seele reden zu können. Aber plötzlich drang ihm ein Gestank in die Nase, als wollte dieser ihn in die Wirklichkeit zurückholen.
Der ekelerregende Geruch war an der Stelle am heftigsten, an der ihm die Geldsäcke wie Wächter des Bösen den Weg versperrten. Er fühlte sich schwach, einer Ohnmacht nahe und lehnte sich an die Wand. Ich brauche frische Luft, sagte er sich. Ich muss hier raus. Und mit diesem Entschluss stieß er sich von der Wand ab und rang nach Luft, als hätte er einen Asthmaanfall.
Vor der Tür brach er zusammen. Steckte wirklich das Böse in diesen drei Säcken mit Geld?
16
Sie waren gerade ein paar Schritte zu ihrem Mercedes gegangen, als Tajirika sich umsah, als wollte er sich noch einmal mit der Umgebung vertraut machen. Starr vor Schreck blieb er stehen. Dicht hinter ihnen ging die Frau aus dem Schrein: seine Sekretärin.
„Nyawĩra! Was, um alles in der Welt, machen Sie in dieser Gegend? Wohnen Sie hier?“
„Tu doch nicht so, als würdest du sie erst jetzt bemerken“, sagte Vinjinia. „Sie ist die ganze Zeit mit uns zusammen gewesen.“
„Tatsächlich? Ich muss wirklich verhext sein. Ich habe sie für eine Assistentin des Zauberers gehalten“, murmelte er und versuchte lachend, seine Verwirrung
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