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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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zu verbergen.
    „Du kannst lachen, so viel du willst“, sagte Vinjinia, während sie wieder auf das Auto zusteuerten, „aber wenn Nyawĩra nicht gewesen wäre, dann wärst du immer noch im Haus eingesperrt und würdest deine ‚Wenns‘ herausbellen! Wie sonst hätte ich mich hier in diesem Slum zurechtfinden sollen? Du solltest dankbar sein; Gott ist dir gegenüber sehr großmütig gewesen, als er dir eine Sekretärin wie sie gegeben hat. So was findest du so leicht nicht wieder.“
    „Danke, Nyawĩra. Das werde ich niemals vergessen“, sagte Tajirika. „Und selbst wenn, dann wissen Sie, dass Sie immer einen starken Rückhalt in meinem Haus finden werden.“
    „Du kannst deine Kinder, Gacirũ und Gacĩgua, gleich als ihren Rückhalt mitzählen“, sagte Vinjinia. „Sie reden von nichts anderem mehr als von ihrer Tante, der Märchenerzählerin über zweimäulige Ungeheuer.“
    Tajirika verspürte nicht den Drang, alles verstehen zu müssen, worüber Vinjinia redete. Beim Auto angelangt, fiel ihm sofort auf, dass sowohl die Seitenspiegel als auch der Rückspiegel zur Seite gedreht worden waren.
    „Was ist denn mit den Spiegeln los?“
    Er hatte das Gefühl, über die Erklärungen lachen zu müssen. Sie bestätigten, dass er wirklich sehr krank gewesen sein musste, denn er konnte sich an nichts mehr erinnern.
    „Du bist zweifellos eine hervorragende Fahrerin“, sagte Tajirika, als wollte er Vinjinia ein Kompliment machen. „Aber jetzt übernehme ich wieder das Steuer“, fügte er hinzu und richtete die Spiegel.
    Vinjinia setzte sich neben ihn auf den Beifahrersitz.
    Nyawĩra gab sich größte Mühe, auf dem Rücksitz so unsichtbar wie möglich zu bleiben. Sie wollte nicht in die Unterhaltung hineingezogen werden. Es konnten Fragen auftauchen, auf die sie keine glaubwürdige Antwort hatte. Sie machte sich umsonst Sorgen. Mann und Frau waren vollauf mit sich beschäftigt und redeten über das, was sie gerade durchgemacht hatten, als säßen sie allein im Auto.
    „Die Waswahili hatten völlig recht“, sagte Tajirika. „ Kikulacho kimo nguoni mwako . Meine Feinde wollten einen armen Weißen aus mir machen, damit sie Marching to Heaven übernehmen und die Gewinne einstreichen können.“
    „Aber sie haben nicht damit gerechnet, dass du ihnen ein oder zwei Schritte voraus bist“, meinte Vinjinia.
    „Ja, ja“, pflichtete Tajirika ihr bei. Er war inzwischen sehr glücklich über die Ereignisse im Schrein, vor allem wenn er daran dachte, den Herrn der Krähen, kurz bevor sie gegangen waren, gebeten zu haben, die üblen Absichten seiner Feinde zu durchkreuzen. Es war seltsam: Als er den Herr der Krähen zum ersten Mal sah, hatte er das Gefühl gehabt, ihm schon einmal begegnet zu sein. In einem anderem Leben vielleicht? Aber das spielte jetzt keine Rolle.
    Er und seine Frau waren sich einig, dass sich das Böse in den drei Geldsäcken verbarg; sie waren zufrieden, sie im Schrein des Hexenmeisters zurückgelassen zu haben. Sogar Nyawĩra musste dem zustimmen, wenn sie daran dachte, dass Tajirika sie wegen des Geldes beinahe erschossen hätte.
    „Wie wär’s mit Frühstück? Versuchen wir es im Mars Café?“, schlug Tajirika vor, als sie sich seinem Büro in Santamaria näherten. „Oder kennen Sie einen besseren Ort hier in der Gegend?“, wandte er sich an Nyawĩra.
    „Das Mars Café ist in Ordnung“, antwortete Nyawĩra, obwohl es sie an Kaniũrũ erinnerte.
    „Da sind wir schon“, wollte Vinjinia gerade sagen, als Tajirika plötzlich auf die Bremse stieg. Das Auto schlitterte an den Straßenrand und riss dabei beinahe einen Passanten mit. Vinjinia schrie. Und Nyawĩra glaubte, Tajirika hätte versucht, einem Zusammenstoß auszuweichen; aber es kamen keine Autos entgegen.
    „Was ist denn das?“, rief Tajirika schockiert.
    „Was?“, fragte Vinjinia verwirrt.
    „Na schau doch! Da drüben“, antwortete er und zeigte zum Eingang von Eldares Modern Construction and Real Estate hinüber.
    „Ach, die Schlange!“, sagten Vinjinia und Nyawĩra wie aus einem Mund.

17
    „Sie warten auf dich“, sagte Vinjinia, und ihr sachlicher Ton überraschte Tajirika noch mehr.
    „Auf mich? Warum? Irgendein Protest, eine Demonstration?“
    „Sie suchen Arbeit“, erklärte Vinjinia und gab Nyawĩra ein Zeichen, dass sie ihre Unterstützung brauchte.
    „Es ist wegen des Aushangs, den ich vor dem Büro anbringen sollte“, erklärte Nyawĩra. „Erinnern Sie sich nicht? Aushilfsjobs?“
    „Aushilfsjobs? All diese

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