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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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einer so hohen Moral waren selten in Aburĩria, und das zeigte deutlich, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Gerade er, der sich mit seiner Fähigkeit brüstete, den Charakter eines anderen Menschen, vor allem den einer Frau, erkennen zu können, hätte besser darauf achtgeben müssen.
    Aber was hatte das mit seiner Frau zu tun? Was war die Verbindung zwischen Nyawĩra und seiner Frau? Hatte sie ihn auch betrogen, so getan, als wäre sie eine gute Ehefrau, eine Frau, die niemals Fragen stellte, obwohl sie wusste, dass Tajirika mit anderen Frauen schlief? Eine Frau, die so wenig Interesse an Politik und den Dingen der Welt hatte und lieber den Fernseher oder das Radio ausschaltete, als sich eine Nachrichtensendung ansehen oder anhören zu müssen? Hatte sie ihr Desinteresse nur gespielt? Hatte sie sich in der Zeit seiner Unpässlichkeit in radikale Machenschaften verwickeln lassen? Man sagt schließlich nicht zu Unrecht, dass zwei Frauen zusammen einen Topf voll Gift ergeben und dass die Gesellschaft, die man pflegt, auf einen selbst abfärbt.
    Schließlich waren es diese beiden Frauen gewesen, die ihn zum Schrein des Herrn der Krähen gebracht hatten, als er am Weiß-Wahn litt. Das allein war schon seltsam und hätte ihn alarmieren müssen. Vinjinia hatte sich immer als Christin bezeichnet. Sie verpasste keinen Sonntagsgottesdienst und war all die Jahre ein treues Gemeindemitglied der All Saints Cathedral gewesen. Warum hatte sie sich nicht an ihre christliche Gemeinde gewandt und um Unterstützung gebeten, statt die Dienste eines Zauberers in Anspruch zu nehmen? Tief im Innern war er ihr dankbar, seine Krankheit nicht vor ihren Kirchenbrüdern und Kirchenschwestern an die große Glocke gehängt zu haben. Trotzdem blieb die Frage: warum Hexerei? Vielleicht waren sie und Nyawĩra die ganze Zeit Komplizinnen gewesen, und er, Tajirika, hatte tagsüber sein Büro und nachts das Bett mit einer Staatsfeindin geteilt? Welcher Wahnsinn hatte ihn dazu gebracht, Nyawĩra einzustellen und Vinjinia zur Frau zu nehmen?
    Die Unterhaltung mit seinen Kollegen begann ihn zu nerven. Töchter Evas. Schwarze Töchter einer schwarzen Eva. Sie werden zu spüren bekommen, dass ich der Mann bin, schwor er sich. Den Tag, an dem sie angefangen hatten, in seinem Büro radikale politische Spielchen zu treiben, würden sie für immer bereuen.
    Während dieses prahlerischen Anfalls spürte er Hoffnung in sich aufsteigen, die aber von tiefer Verzweiflung abgelöst wurde, als er an die verschwundene Vinjinia und die abtrünnige Nyawĩra dachte.
    Dass Machokali auf keine seiner vielen Telefonnachrichten reagiert hatte, verstärkte seine Sorgen. Selbst als er Machokalis Mobilnummer wählte, nahm nur dessen Fahrer ab, um ihm zu sagen, er würde dem Minister die Nachricht ausrichten. Und was die Sache noch schlimmer machte: Officer Wonderful Tumbo war auch nicht mehr aufgetaucht.
    Er überlegte, wie er sich aus der Affäre ziehen konnte. Er wollte seine Haut retten und seine Kinder vor einer Katastrophe bewahren. Er dachte sogar daran, eine Pressekonferenz einzuberufen, um sich mit seiner Familie öffentlich von den Aktionen Vinjinias und Nyawĩras zu distanzieren und seine Treue zum Herrscher, zur Regierung und zu den Plänen für Marching to Heaven zu bekräftigen. Aber wie sollte er das anstellen, ohne vorher seinen Freund Machokali zu unterrichten? Nachdem er diesen Gedanken eine Weile gewälzt hatte, verwarf er ihn. Er würde noch einige Tage warten. Sollte er aber nach drei Tagen noch immer keinen Kontakt zu seinem Freund, dem Minister, oder neue Nachrichten von Officer Tumbo haben, dann würde er den nächsten Schritt gehen und sich öffentlich von Nyawĩra und seiner Frau distanzieren. Er musste um jeden Preis seine Investitionen retten. Nach diesem Entschluss war ihm etwas wohler.
    Er begann, eine Erklärung für die Presse zu entwerfen, stolperte über Wörter und durch Sätze, blieb aber hartnäckig. Eine Zeit lang nahm ihn diese Aufgabe voll und ganz in Anspruch. „Meine Herren von der Presse. Ich habe Sie heute hierhergebeten, um Ihnen mitzuteilen, und indem ich es Ihnen mitteile, der ganzen Welt mitzuteilen, dass ich bereit bin, mein Leben für den Herrscher zu geben. Loyal wie ich bin, sollte niemand den Verdacht hegen, ich könnte irgendetwas mit einer Angestellten zu tun haben, einer einfachen Sekretärin, oder mit einer einfachen Hausfrau, die die Regierung stürzen wollen …“ et cetera.
    Drei Tage verstrichen, und es gab noch immer

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