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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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sagte Tajirika. „Ich habe den Vorsitz und mein Stellvertreter die Arbeit. Mein Gehilfe.“
    „Ganz so wird es wohl nicht sein“, versuchte Machokali, der befürchtet hatte, Tajirika würde einen Wutanfall bekommen, leicht verärgert zu erklären. „Dein Stellvertreter wird nicht für mich, sondern für meine Feinde arbeiten. Er soll ihr Spitzel in meinem Lager sein. Deshalb möchte ich, dass du bei allem, was du in seiner Gegenwart sagst oder machst, sehr vorsichtig bist. Außerdem will ich, dass du alles aufschreibst, was er sagt oder tut, und sobald ich aus den USA zurück bin, erstattest du mir Bericht. Klar, momentan fällt noch sehr wenig Arbeit für das Komitee an, und deshalb bedeutet es in der Praxis recht wenig, einen Stellvertreter zu haben. Die Arbeit fängt erst an, wenn die Global Bank das Geld freigegeben hat. Doch sollte er dich auffordern, irgendetwas zu unternehmen oder gar irgendwelche Dokumente zu unterzeichnen, so unterlass das, bis ich aus den USA zurück bin oder wir nicht wenigstens miteinander telefoniert haben.“
    Im selben Moment, in dem Tajirika begriff, nicht auf der Abschussliste des Herrschers zu stehen und noch immer Vorsitzender von Marching to Heaven zu sein, waren seine Befürchtungen verflogen. Er wunderte sich, warum Machokali so viel Aufhebens um die Sache mit dem Stellvertreter machte. Ist ein Stellvertreter etwas anderes als ein besserer Gehilfe, der zu tun hat, was sein Vorgesetzter verlangt?
    „Es wäre besser gewesen, man hätte mir gestattet, meinen Gehilfen selbst auszusuchen und ein ordentliches Einstellungsgespräch mit ihm zu führen. Aber eigentlich spielt das keine Rolle. Um wen handelt es sich überhaupt?“, wollte Tajirika wissen.
    „Seine Einsetzung wird im Laufe dieser Woche im Regierungsanzeiger bekannt gegeben. Ich dachte allerdings, du solltest es vorher erfahren, damit du nicht überrascht wirst. Er heißt John Kaniũrũ. Er war vorher ein führender Jugendbrigadist.“
    „Was? Ein Jugendbrigadist als mein Stellvertreter?“, fragte Tajirika gekränkt. „Von was haben diese Jugendbrigadisten überhaupt eine Ahnung, außer dass sie … außer … ich weiß nicht einmal, was sie überhaupt machen. Aber wenn ich genauer darüber nachdenke, ist das schon in Ordnung. Er wird mein Laufbursche, ich lass ihn Besorgungen machen …“
    „Das ist noch nicht alles“, fügte Machokali hinzu, etwas betreten darüber, wie naiv sein Verbündeter offensichtlich war. „Man wird auch einen Untersuchungsausschuss zum Schlangenwahn einsetzen. Dieser Ausschuss wird versuchen herauszufinden, wer wo damit angefangen hat und durch welche Umstände das gegen den Staat genutzt werden konnte.“
    „Das ist einfach – dafür braucht man doch keine eigene Kommission“, sagte Tajirika, stand auf und zeigte hinüber zu seinem Büro. „Dort drüben hat alles angefangen, genau vor meinem Büro. Unglücklicherweise“, fügte er hinzu und setzte sich wieder, „als ich krank war. Aber meine Sekretärin kann denen das alles haarklein erzählen, sie war die ganze Zeit da.“ Dann fiel ihm jedoch ein, wer seine Sekretärin war, und er bemühte sich, diesen Punkt schnell zu übergehen.
    „Vinjinia, meine Frau, war auch da, und sie kann bestätigen, dass die Warteschlangen sich zuerst vor meinem Büro gebildet haben. Warum eigentlich? Will sich das jemand an die Fahnen heften?“
    „Darum geht es nicht“, versuchte Machokali ihm zu erklären, doch dann begriff er plötzlich die Sinnlosigkeit seines Vorhabens, Tajirika den Ernst der Lage klarzumachen. Wie konnte ich mich nur mit jemandem einlassen, der so schwer von Begriff ist, und nicht das leiseste Gespür für die Fallen hat, die am Wege lauern? „Von diesem Untersuchungsausschuss ist nichts zu befürchten. Das Wichtigste dabei ist, dass du nur die Wahrheit sagst. Wenn du nur die Wahrheit sagst, wird alles gut ausgehen.“
    Tajirika stimmte zu, schwor sich aber, dass kein Ausschuss dieser Welt ihn dazu bringen würde, über das Geld zu sprechen, mit dem ihn all jene überhäuft hatten, die sich einträgliche Verträge für die Zukunft erhofften. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass Vinjinia geplaudert hatte, würde er alles leugnen. Egal, was kam.
    „Und wer ist der Vorsitzende dieses Untersuchungsausschusses?“
    „John Kaniũrũ.“
    „Der Jugendbrigadist?“
    „Genau.“
    Wieder verlor Tajirika, statt von dieser Entwicklung beunruhigt zu sein, augenblicklich das Interesse an dem Ausschuss. Seine Gedanken

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