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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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herum, anstatt zu packen? Wir müssen abreisen“, sprach er und drehte sich zu Machokali um, als übertrüge er ihm die Verantwortung, alles für die Abreise nach Aburĩria vorzubereiten und damit den Gefahren zu begegnen, die das Schlangestehen und das Verprügeln von Ehemännern darstellten.

24
    „Es war traurig, sehr traurig, weil es so aussah, als hätten alle den Herrn der Krähen vergessen“, sollte A.G. später in seiner Erzählung über den Besuch berichten. „Aber ich nicht – oh, nein, ich nicht. Ehrlich! Haki ya Mungu . Ich versuchte, was ich konnte, um den Herrscher über das mysteriöse Verschwinden des Herrn der Krähen zu informieren, aber es war schwierig, eine private Audienz zu bekommen, weil er die meiste Zeit von seinen Speichelleckern umringt war, von denen jeder zeigen wollte, dass er allein wusste, wie man den Bedürfnissen des Herrschers entsprechen konnte.
    Einmal gelang es mir, einen Moment lang mit ihm alleine zu sein, aber als ich das Gespräch auf den Herrn der Krähen brachte, begriff ich, dass der Herrscher nicht zu wissen schien, worüber ich sprach. Er verstand nur, dass ich über Zauberei, Verhexung und Nachrichten von zu Hause sprach. Er sagte: ‚Damit hast du es auf den Punkt gebracht, denn diese Typen, die Schlange stehen, und die Frauen, die Männer verprügeln, müssen unter dem Einfluss durchtriebener Zauberer stehen. Aber die Schlangesteher und die Männerverprüglerinnen wissen nicht, mit wem sie sich einlassen; ich werde ihnen eine Lektion erteilen, die sie nie vergessen werden.‘ Er versuchte sich am Bauch zu kratzen, aber sein Arm war zu kurz. Dann wandte er sich an mich und sagte, ich solle die Hexerei erstmal vergessen und tun, was alle taten: die Abreise aus Amerika vorbereiten. ‚Es erwarten uns nie zuvor gesehene Wunder‘, fügte er hinzu und verzog den Mund zu einem rätselhaften Lächeln; mir kam es so vor, als würde er etwas zurückhalten, als versuchte er mit Mühe, nicht triumphierend darüber zu lachen, woran er gerade dachte. Es war das Lächeln einer unterdrückten Wut, und um ehrlich zu sein, ich war nicht sicher, was ihn wütender gemacht hatte: die körperliche Aufblähung, die Global Bank, der Bericht über die Rückkehr des Schlangenwahns oder diese Sache mit den Frauen, die Männer verprügelten. Ehrlich! Haki ya Mungu ! Dieses gequälte Lächeln gefiel mir überhaupt nicht. Und was waren das für nie zuvor gesehene Wunder, von denen er behauptete, sie würden auf uns warten? Doch kurz darauf war ich vollauf mit den Schwierigkeiten unserer bevorstehenden Abreise beschäftigt.“

25
    Wie würden sie den Herrscher aus seinem Hotelzimmer schaffen? Wie würden sie ihn durch die Tür bekommen? Und wie überhaupt zum Flughafen? Eine Menge Geld aus der aburĩrischen Staatskasse, gezahlt an ein Unternehmen, an das Hotel und an die Fluggesellschaft, ermöglichte Lösungen und Diskretion bei der Operation, der man den Codenamen „Hotexit“ gab.
    Ein erleichterter Machokali blieb an der Rezeption stehen, um sich zu vergewissern, ob alles in Ordnung war. Der Mann am Empfang gab ihm einen sauber gefalteten Zettel. „Der liegt schon seit über einer Woche in Ihrem Fach“, sagte er. Machokali wollte schon fragen, woher er das wisse, ließ es dann aber. Er freute sich über den Erfolg von Hotexit, warum sollte er sich nun das Geplapper eines neugierigen Empfangsmenschen anhören? Alte Nachrichten, sagte er sich und wollte den Zettel ungeöffnet in einen Papierkorb werfen, entschloss sich dann aber anders und steckte ihn, als er zu der wartenden Limousine eilte, in die Innentasche seines Sakkos und fuhr zum Flughafen.
    Man hatte zwei Flugzeuge bestellt: einen Jumbo-Jet mit umgebauten Sitzen für den Herrscher, seine Sicherheitsleute, den Leibarzt, den Biographen und ein oder zwei Minister, und ein kleineres für den Rest der Delegation.
    „Den Herrscher in das Flugzeug zu laden, war tatsächlich ein nie zuvor gesehenes Wunder. Dieses Schieben und Quetschen, das Schnaufen und Pusten. Ehrlich! Haki ya Mungu !“, sollte A.G. später erzählen. „Als ich erlebte, wie wir kämpften und uns zu Tode sorgten, fragte ich mich: Wenn der Herr der Krähen hier wäre, würden wir dann auch in diesem Wirrwarr stecken? Ich bin überzeugt, er hätte einen einfacheren Weg gefunden, den Körper in das Flugzeug zu bekommen. Um ehrlich zu sein, ich hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Deshalb sah ich mich während dieser Quälerei immer wieder um, in der Erwartung,

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