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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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Krähen?“

19
    Das müssen die Vertreter der Global Bank sein, dachte der Herr der Krähen, als er die Krankenstube des Herrschers betreten wollte. Sie müssen sich die neuen Argumente des Herrschers für das Darlehen angehört haben. Aber hatte Machokali nicht gesagt, dass sie in sieben Tagen kommen würden? Hatte er die ganze Zeit geschlafen? War er so müde gewesen? Er drehte sich um und sah den davongehenden Männern nach. Sie hatten etwas Vertrautes an sich, und doch hätte er schwören können, sie nie zuvor gesehen zu haben. Was an ihrem Aussehen, ihrer Kleidung, ihrer Haltung löste dieses Gefühl in ihm aus? Er konnte kaum glauben, was ihm nun langsam klar wurde. Ihr Benehmen glich genau dem einiger Leute, denen er auf seinem Vogelflug begegnet war. Träumte er immer noch?
    Er hatte Geschichten über Schlafwandler gehört und gelesen, die auf den Markt einkaufen gehen konnten, obwohl sie fest schliefen, nach Hause zurückkehrten und wieder ins Bett gingen; und wenn sie aufwachten, wunderten sie sich, wie die Einkäufe ins Haus gekommen waren. Er hatte über einen Mann gelesen, der seine Frau umgebracht hatte und vor Gericht behauptete, dass er das im Schlaf getan hatte. War er, der Herr der Krähen, auch Schlafwandler?
    Er beschloss, das herauszufinden. Statt das Zimmer des Herrschers zu betreten, ging er in sein eigenes zurück und holte die Aktentasche; darin befanden sich Stift und Papier, sein ganzer weltlicher Besitz. Er nahm den Lift ins Erdgeschoss.
    Suchend sah er sich nach den drei Männern von der Global Bank um. Er bemerkte zwei Bettler, einen Mann und eine Frau, die jedem Passanten die Hände entgegenstreckten. „Ich bin Kriegsveteran“, sagte der Mann. „Ich habe Hunger. Haben Sie etwas Kleingeld für mich?“ Wohin konnten die drei so schnell verschwunden sein? Er hätte seine Aktentasche nicht holen sollen.
    Jetzt entdeckte er, wie sie in eine cremefarbene Limousine stiegen. Er versuchte, ein Taxi anzuhalten, aber die Fahrer rasten an ihm vorbei. Einer hielt ein paar Meter entfernt die Straße hinauf, um ein weißes Pärchen aufzunehmen. Zum Glück rettete ihn ein schwarzer Taxifahrer. „Folgen Sie diesem Wagen“, sagte der Herr der Krähen.

20
    „Ehrlich! Haki ya Mungu “, sollte A.G. später sagen, wenn Zuhörer zweifelten und versuchten, die Geschichte als Unsinn abzutun. „Ich bin Geschichtenerzähler und kein Gerüchtekoch“, fügte A.G. dann hinzu und als Beweis erinnerte er sein Publikum daran, selbst dort gewesen zu sein. „Ich war müde, sehr müde, aber Machokalis Frage machte mich sofort wieder munter. Ja, wo war der Herr der Krähen? Wann hatte ich ihn zuletzt gesehen?
    Ich erinnerte mich jetzt, dass ich den Herrn der Krähen während der Tage, in denen wir Gefangene der Theorien des Herrschers von einer Welt, die von der Ökonomie des Glücks und des Leids regiert wurde, gewesen waren, nicht ein einziges Mal gesehen hatte. Es sagt einiges über die faszinierende Kraft der Stimme des Herrschers, weil ich nie an den Herrn der Krähen gedacht hatte. Wie alle anderen hatte ich vergessen, dass er es gewesen war, der die Stimme des Herrschers gelöst hatte.
    Ich verließ das Krankenzimmer und ging zu seinem Appartement, um nach ihm zu suchen. Er war nicht da. Ich ging zum Empfang hinunter. Sie hatten die Person, die ich ihnen beschrieb, nicht gesehen. Ich ging wieder in sein Zimmer. Da gab es nichts, was von seiner Anwesenheit zeugte. Wohin war er verschwunden? Was war ihm widerfahren? Ich ging zu Machokali.
    Alles war, wie ich es zurückgelassen hatte. Dem Herrscher stand der Mund offen, als wäre er mitten im Reden erstarrt. Die Minister saßen mit von Erschöpfung und fehlendem Schlaf ausgezehrten Gesichtern und hängenden Köpfen auf ihren Stühlen und sahen wie Leichen aus. Machokali war der Einzige, der noch auf seinen Namen, Scharfe Augen, reagierte. Ihm schien bewusst, was vor sich ging, auch wenn man das bei ihm nie so leicht sagen konnte, weil seine riesigen Augen immer die gleiche Größe hatten und sich nie schlossen, nicht einmal wenn er schlief. Wir von der Polizei sind trainiert, Härten zu ertragen, und ich war nicht überrascht, dass die meisten von uns wach waren und unsere Aufgabe als Beschützer des Herrschers und unserer Nation erfüllten.
    Machokali gab mir mit einer leichten Handbewegung ein Zeichen, und ich begriff, dass er sich draußen mit mir treffen wollte. Ich berichtete ihm, der Herr der Krähen sei spurlos verschwunden. Er blieb ruhig, sehr

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