Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
Vom Netzwerk:
seine innere Stimme gehört hatte und die Sache mit der Nachricht auf sich beruhen ließ, warum er nicht zu seinem Sitz zurückgegangen war, als der Herrscher sich nicht an den Herrn der Krähen erinnerte. Aber zu viel Furcht fördert die Not, und der Gedanke, seine politischen Feinde könnten gegen ihn intrigieren, ließ ihn seinen besseren Instinkt missachten, sodass er dem Herrscher die Nachricht übergab. Der Herrscher las die vier Zeilen und drehte den Zettel um, genau wie Machokali. Schließlich hob er den Blick.
    „Wer hat das geschrieben?“, fragte er mit kaltem und gleichgültigem Ton.
    „Der Herr der Krähen“, antwortete Machokali.
    Der Herrscher lehnte sich zurück und schloss die Augen, als versuchte er, einen vergessenen Traum oder eine ferne Erinnerung zurückzuholen.
    „Ich weiß nicht, ob ich träume oder nicht, aber wenn ich die Augen schließe, dann scheine ich jemanden zu hören oder zu sehen, der diesen Namen trägt. Es ist, als würden wir miteinander reden, oder vielmehr, als redete er mit mir. Aber nein. Wie ist das möglich?“
    „Eure Allmächtige Vortrefflichkeit, Sie träumen nicht“, beeilte sich Machokali zu versichern, weil er hoffte, die unterdrückte Wut des Herrschers auf den Herrn der Krähen lenken zu können. „Da war tatsächlich jemand wie der, den Sie jetzt glauben, gesehen zu haben.“
    Machokali erinnerte den Herrscher daran, dass ihm die Worte in der Kehle stecken geblieben waren und selbst Professor Din Furyk und Dr. Clement C. Clarkwell es nicht geschafft hatten, mit einem befriedigenden Heilmittel aufzuwarten, und wie es dem Herrn der Krähen gelungen war, ihm die Macht der Rede zurückzugeben.
    „Er wurde zu uns geschickt, damit er sich mit, ähh, mit, ich meine, mit diesem Problem Ihrer Ausdehnung beschäftigt, aber jetzt …“
    „Wo steckt er?“, unterbrach ihn der Herrscher.
    „Ich weiß es nicht. Vielleicht ist er wieder bei denen, die ihn geschickt haben“, sagte Machokali und versuchte, sich vom Herrn der Krähen zu distanzieren.
    „Wer hat ihn geschickt?“, wollte der Herrscher wissen, die Augen noch immer geschlossen.
    „Sikiokuu.“
    „Sikiokuu? Hatte er nicht alle Hände voll zu tun, meine Verpflichtungen in Aburĩria wahrzunehmen? Woher wusste er, dass er mir einen Hexenmeister schicken musste? Und woher wusste er von meiner Krankheit?“
    Machokali zögerte. Der Herrscher schlug die Augen auf und fixierte Machokali.
    „Warum habe ich diese unbestimmte Erinnerung, als wärst du es gewesen, der mich wegen des Herrn der Krähen gefragt hat? Ob er nach Amerika kommen könne?“
    „Es war nicht wirklich meine Idee. Bei allem, was mit Zauberei und Wahrsagerei zu tun hat, versuche ich …“
    „Wessen Idee war es?“, fuhr ihn der Herrscher an.
    „ A.G. , Arigaigai Gathere.“
    „Gathere wer?“
    „Der, der einmal bis zum Tagesanbruch mit den Dschinns gerungen hat.“
    „Ich dachte, er hätte sie nur verfolgt und sich nicht mit ihnen herumgeschlagen.“
    „Stimmt, er hat sie quer durch das Grasland verfolgt. Dieser Polizist ist irgendwie seltsam.“
    „Und wann hast du diesen A.G. zu deinem Hilfsminister ernannt?“
    „Eure Allmächtige Vortrefflichkeit, Sie wissen sehr gut, dass ich es nicht einmal im Traum wagen würde und könnte, es auf mich zu nehmen …“
    „Ist er etwa deshalb zu mir gekommen und hat mir von einem Krähenzauberer erzählt, während alle anderen mit dem Zusammenpacken beschäftigt waren?“
    „Eure Vortrefflichkeit, ich hatte keine Ahnung, dass A.G. bei Ihnen war. Was habe ich gesagt? Dieser Polizist …“ Machokali hoffte, das Thema A.G. und seine seltsame Art würde von dem Zettel ablenken, aber seine Hoffnung wurde schnell zerschlagen.
    „Lies diese Nachricht sehr aufmerksam“, befahl ihm der Herrscher und gab ihm den Zettel zurück.
    Hatte der Herrscher das sarkastisch gemeint, wunderte sich Machokali, oder wollte er ihn nur in Reichweite seiner Keule locken? Er konnte schlecht Nein sagen und fortgehen. Machokali machte zwei Schritte nach vorn, langte nach dem Zettel, trat instinktiv wieder zurück und tat so, als suchte er eine bessere Beleuchtung zum Lesen.
    Egal, wie oft er den Zettel auch anschaute, wie oft er ihn umdrehte, Machokali entdeckte nichts, von dem er nicht bereits wusste. Als Machokali den Blick hob, erschrak er, weil er in den Augen des Herrschers ein derart grelles Leuchten entdeckte, dass er einen Moment lang das Schlimmste befürchtete.
    „Eure Allmächtige Vortrefflichkeit, ich muss

Weitere Kostenlose Bücher