Herr der Krähen
Passagiere Warteschlangen; dort kletterten sie übereinander, wenn sie in matatus , Busse oder Züge drängten. Doch da die Regierung vor allem Verwirrung wünschte, wurde die Zulassung neuer Fahrzeuge für die Personenbeförderung beschränkt. Pläne zum Ausbau des Schienennetzes, das bereits unter dem Kolonialregime angelegt worden war, verschwanden in der Schublade. Das Chaos regierte, weil die Regierung des Herrschers jeden Versuch der Menschen, sich zu organisieren, für einen Angriff auf ihre Autorität hielt.
Auf dem Höhepunkt des Streiks, als diejenigen, die es sich leisten konnten, sich nur noch mit Taxis fortbewegten, bekam Kaniũrũ Wind davon, dass sich auf dem Flughafen eine lange Schlange aus Journalisten mit Fotoapparaten, Kameras und natürlich mit Stift und Notizbuch gebildet hatte. Kaniũrũ machte sich nicht die Mühe herauszufinden, um wen es sich handelte oder was sie auf dem Flughafen taten. Er hetzte seine Schläger, seine patriotischen Bürger, auf die Journalisten, die, von der gnadenlosen Wut der Angreifer überrascht, in alle Richtungen flohen.
Kaniũrũ empfand tiefe Freude, während er jeden Aspekt seines Sieges über die Journalisten und die Medien genoss.
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Die Journalisten waren aus vielen Teilen der Welt gekommen, um über die zirkulierenden Gerüchte zu berichten, dass der Herrscher schwanger sei. Jetzt brachten sie Geschichten, in denen stand, organisierte Schläger würden Menschen angreifen, die gekommen seien, den Wahrheitsgehalt der Gerüchte zu prüfen. Doch statt die Neugier einzudämmen, zogen die Geschichten und Fernsehbilder über gutgläubige Journalisten, die auf dem Ruler’s Airport die Flucht ergriffen hatten, nur weitere Medienvertreter an. An den Gerüchten musste etwas dran sein, glaubte man. Schließlich sei der Herrscher völlig aus der Öffentlichkeit verschwunden. Der Informationsminister Big Ben Mambo missbilligte die unbewiesenen Behauptungen, was letztlich aber nur dazu führte, dass sich die Gerüchte ausweiteten. Immer mehr Journalisten kamen ins Land, und als alle Hotels überfüllt waren, begannen sie, inmitten der Erdhügel im Grasland Zelte aufzuschlagen. Diese Erdhügel waren so zahlreich und groß, dass sich einige kritische Beobachter fragten, welche Ameisenart sie wohl aufgehäuft hatte, und berichteten im weiteren Verlauf über die seltsamen Landschaftsformationen Aburĩrias. Ihre Geschichten lockten Touristen an. Und damit waren, neben den Sexstränden und der Flora und Fauna, auch monströse Ameisenhügel und eine unnatürliche Schwangerschaft zu Touristenattraktionen geworden. Der Herrscher war, trotz seines Beitrags zum dramatischen Anstieg der Touristenzahl, wütend; in Amerika hatten sie es geschafft, seinen Zustand geheim zu halten, aber hier in Aburĩria, wo sein Wort Gesetz war, schien sein Zustand zum Gespräch der ganzen Welt geworden zu sein. Das war ein fürchterlicher Schlag gegen seine Männlichkeit, und natürlich machte er die Nachricht, die der Herr der Krähen an Machokali geschrieben hatte, dafür verantwortlich.
Mitten in seiner Wut erhielt er einen Anruf vom amerikanischen Botschafter Gabriel Gemstone, der ihn bat, einen Sondergesandten des amerikanischen Präsidenten zu empfangen. Es ging also wieder bergauf. Vielleicht kam der Sondergesandte, um sich im Namen der Supermacht dafür zu entschuldigen, wie man den Herrscher in Amerika behandelt hatte. Er dachte daran abzulehnen, den Gesandten zu empfangen, um seine Betroffenheit darüber zum Ausdruck zu bringen, wie die Dinge in den Staaten gelaufen waren, besann sich aber eines Besseren. Schließlich war das nicht zu verachten. Eine Entschuldigung wäre nur zu willkommen.
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Der Sondergesandte erschien in Begleitung von Botschafter Gabriel Gemstone. Seine Allmächtigkeit empfing ihn im State House in Eldares, umgeben von seinen Ministern, einschließlich Machokali, Sikiokuu und dem neuen Gouverneur der Central Bank, Titus Tajirika, und seinem offiziellen Biographen Luminous Karamu-Mbu. Aus der Spezialeinheit des Herrschers hatte man zwei Fotografen ausgewählt und angewiesen, Fotos von den Besuchern beim Betreten und Verlassen des State House zu machen. Alle anderen Fotos – zum Beispiel, wenn der Herrscher die Besucher empfing – sollten mit Apparaten ohne Film gemacht werden.
Die Besucher ließen sich angesichts der körperlichen Ausdehnung des Herrschers keine Überraschung anmerken. Der Gesandte kam jedenfalls sofort zur Sache. Washington und die Hauptstädte
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