Herr der Krähen
für ihn ausging, dann durfte er nicht vergessen, dass sie immer auf seiner Seite gestanden hatten.
Kaum waren sie in seiner Zelle, begannen sie, ihn vollzuschwatzen. Sie fragten ihn, ob er sich an sie erinnere? Das Wort „wenn“ jedoch und die Kraft, mit der es herausgestoßen wurde, schlug sie fast in die Flucht. Sie hielten es nur aus, weil sie wussten, dass es sie den Posten, wenn nicht das Leben kosten würde, falls sie flüchteten, und außerdem kannten sie dieses „Wenn“ bereits aus Tajirikas Geständnissen. Aber trotz ihrer vorangegangenen Begegnung damit wirkten das Wort und seine Implikationen angsteinflößend auf sie. War der Herr der Krähen krank geworden, nachdem sie ihn gestern in die Zelle gebracht hatten?, überlegten sie. Sie bemühten sich angestrengt, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, mussten sich aber mit dem „Wenn“ abfinden. Sie warteten und hofften auf eine ausführlichere Äußerung. Als ihnen aber klar wurde, dass keine zu erwarten war, beschlossen sie, dass Kahiga dem Herrscher das „Wenn“ melden sollte. A.G. , der den Posten vor der Tür bezogen hatte, kam jetzt in den Raum und setzte sich zu Njoya und dem Herrn der Krähen.
Kahiga war etwas verwundert, als der Herrscher keine Überraschung zeigte. Er erklärte Kahiga, dass sie nichts zu melden bräuchten, solange sich die Äußerungen des Herrn der Krähen auf das „Wenn“ beschränkten. Nachdem Kahiga zurückgekehrt war, übernahm er den Platz vor der Tür und gab die Anweisung des Herrschers deshalb nicht sofort an die beiden anderen weiter. Als nun A.G. versuchte, mit dem Herrn der Krähen zu reden, und dieser nur „wenn“ krächzte, stürmte er einfach hinaus, gab Kahiga ein Zeichen, seinen Platz einzunehmen, und eilte zum Herrscher. „Ich habe gerade einem von euch gesagt, dass ihr mich nicht belästigen sollt, solange das ,Wenn‘ seine einzige Äußerung ist“, knurrte der Herrscher und A.G. kehrte auf seinen früheren Posten zurück. Njoya war der Einzige, der nicht zum Herrscher stürzte, um Meldung zu machen, weil Kahiga ihn von der Anweisung des Chefs unterrichtet hatte.
So warteten sie drei Tage und Nächte, Kahiga und Njoya beim Herrn der Krähen und A.G. draußen vor der Tür. Man brachte ihnen Essen und Zeitungen. Die Eldares Times war ihre Verbindung zur Außenwelt. Sie studierten sie den ganzen Tag, während sie darauf warteten, dass der Zauberer über das „Wenn“ hinausgelangte.
Es war die Eldares Times, die die Nachricht über Machokali brachte.
10
Njoya und Kahiga sahen einander mit aufgerissenen Augen an, sie zitterten vor Angst. Das muss das Werk des Herrn der Krähen sein, dachten beide und starrten ihn an, um seinem Gesicht irgendetwas abzulesen. Der Zauberer aber lebte in einer anderen Welt und stierte die ganze Zeit vor sich hin. Die Polizisten zwinkerten sich zu, und Kahiga drehte die Zeitung beiläufig so, dass die Seite mit der Nachricht über Machokali direkt vor dem Herrn der Krähen lag, während Njoya ihn verstohlen ansah, um herauszufinden, ob sich sein Gesichtsausdruck beim Lesen der Schlagzeile veränderte: MACHOKALI VERMISST .
Doch der Herr der Krähen schien seine Umwelt überhaupt nicht wahrzunehmen, sein Gesicht blieb ausdruckslos.
Nun gingen sie den Zeitungsartikel durch. Wann wurde er als vermisst gemeldet? Wieder starrten sie zum Herrn der Krähen hinüber. Ihr Verdacht, dass er mit dem Verschwinden des Ministers zu tun hatte, bestätigte sich. Der Minister war am selben Tag verschwunden, an dem sie den Herrn der Krähen ins State House gebracht hatten. Die Verbindung war leicht zu erkennen. War es nicht Machokalis Aufgabe gewesen, den Zauberer zu ergreifen? Sie fühlten sich erleichtert, dass nicht sie es gewesen waren, die den Herrn der Krähen aufgespürt hatten; diese Ehre fiel einzig A.G. zu, Machokalis Assistenten. Alle Unannehmlichkeiten und die Rache würden an ihnen vorübergehen und allein A.G. treffen. Njoya war vor allem deshalb stolz auf sich, weil er sich geweigert hatte, dem Zeichner des Fahndungsplakates das Gesicht des Zauberers zu beschreiben, und stattdessen Sikiokuus Gesicht gewählt hatte. Er war besonders zuversichtlich, dass ihm vom Hexenmeister keine Gefahr drohte. Machokali war das erste Opfer des Zauberers; A.G. würde der Nächste sein.
Überall in Aburĩria fragten sich die Menschen: Wie kann ein Kabinettsmitglied verschwinden wie eine Ziege oder ein Kind, ohne jegliche Spur? Ein Außenminister, der den Herrscher so kompetent an den
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