Herr der Krähen
Militär.“
„Ich glaube kaum, dass deine Erfahrungen in militärischen Angelegenheiten darüber hinausgehen, ein Militärlager mit Scheiße und Urin in deine Gewalt zu bringen“, sagte der Herrscher kühl, dem die Andeutungen Tajirikas zu seinem Missbehagen gegenüber dem Militär nicht gefielen. „Halte dich lieber ans Geld.“
Das war ein Fehltritt, dachte Tajirika und fragte, um ihn zu korrigieren eilig: „Wann soll ich meinen Finanzplan umsetzen?“
„Ich werde darüber nachdenken“, antwortete der Herrscher.
Tajirikas Plan stand in Einklang mit der Philosophie des Herrschers, dass Gier und Egoismus die Welt regierten. Aber Kaniũrũs Pläne erhielten den Vorzug.
Doch dann geschahen Dinge, die Tajirikas Plan plötzlich aus den Gefilden der Ästhetik in die Dringlichkeit der Praxis beförderten.
3
Tajirika war frühmorgens in die Central Bank gefahren, um ein paar Arbeiten zu erledigen, bevor er durch Anrufe gestört werden würde. Das späte Zubettgehen und zeitige Aufstehen gehörte zu den Veränderungen in seinem Leben, seit er Gouverneur geworden war. Zuerst las er die lokalen und anschließend die internationalen Zeitungen, hauptsächlich den Wirtschaftsteil, danach prüfte er im Internet die jüngsten Börsennotierungen und Wechselkurse. Auf diese Weise begann er den Tag mit einem ordentlichen Überblick über den Geldmarkt der Welt.
Doch bevor er sich richtig gesetzt hatte, klingelte das Telefon. Soll ich rangehen oder nicht?, überlegte Tajirika. Aber was, wenn ich nicht rangehe und sich später herausstellt, dass es ein Anruf aus dem State House war? Der Herrscher hatte die Angewohnheit, seine Berater zu jeder Tages- und Nachtzeit anzurufen. Tajirika nahm ab; es war jemand von der Eldares Times.
„Wir haben es im State House versucht, sind aber nicht durchgekommen“, erklärte der Reporter. „Deshalb dachten wir, rufen wir stattdessen Sie an.“
Auch wenn er kein Minister war, hatte Tajirika nichts dagegen, wenn die Leute glaubten oder sogar wussten, dass der Herrscher ihm mehr vertraute, als er seinen Ministern vertraut hatte. Und wenn er seine Karten richtig ausspielte, dann könnte er vielleicht … wer weiß?, prahlte er manchmal gegenüber Vinjinia.
„Da sind Sie nicht weit vom Weg abgekommen“, sagte Tajirika mit einem Anflug von Stolz in der Stimme.
„Eigentlich rufen wir Sie in Ihrer Eigenschaft als Vorsitzender von Marching to Heaven an“, sagte der Mann am anderen Ende.
Tajirika kribbelte es vor Aufregung am ganzen Körper. Waren die Kredite bewilligt? Marching to Heaven war die unerschöpflichste und größte Geldquelle überhaupt, und außerdem war es Geld, das heimliche Plantagen und Geldwäscherei überflüssig machte.
„Dann haben Sie die richtige Person angerufen“, beeilte sich Tajirika zu erwidern. „Was kann ich für Sie tun?“
„Einen Kommentar zur heutigen Schlagzeile bitte.“
„In der heutigen Zeitung?“, fragte Tajirika.
„Ja“, sagte der Mann. „Ihr Kommentar zu den Neuigkeiten.“
„Ich habe sie noch nicht gelesen. Können Sie in fünf Minuten noch einmal anrufen? Oder noch besser: Warum lesen Sie sie mir nicht einfach vor?“
„Global Bank verweigert Kredite für Marching to Heaven.“
„Wie bitte?“, murmelte Tajirika bestürzt.
„Die Global Bank glaubt nicht, dass Marching to Heaven ein lebensfähiges Projekt ist. Es sei ein Fall, bei dem freies Unternehmertum zu weit geht.“
Tajirika zitterten die Hände. Er wartete nicht, bis der Reporter zu Ende gelesen hatte.
„Kein Kommentar. Bitte versuchen Sie es noch einmal im State House“, sagte Tajirika mit bebender Stimme.
Er legte auf und griff nach der Eldares Times. Es ging nicht nur um die Kredite für Marching to Heaven. Die Global Bank und das dahinter stehende Global Ministry of Finance hatten sogar bereits bewilligtes Kapital eingefroren. Schlimmer noch, diese Gelder sollten so lange eingefroren bleiben, bis die aburĩrische Regierung wirtschaftliche und politische Reformen eingeleitet und konkrete Schritte unternommen habe, um Inflation und Korruption zu beenden.
Tajirika wusste nicht, ob er wegen des Verlusts dieser Kredite weinen oder vor Freude lachen sollte: Jetzt war die Geldmarktpolitik, die er vorgeschlagen hatte, von größerer Bedeutung denn je.
Wieder klingelte das Telefon.
Tajirika machte sich unverzüglich auf den Weg ins State House.
4
Der Fußboden im Heiligtum des Herrschers war mit Zeitungen übersät, der Herrscher aber wohl offensichtlich
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