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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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hatte.
    „Wie soll sie denn die Geschichte erzählen, wenn ihr sie ständig mit euren endlosen Fragen löchert?“, mischte sich Vinjinia ein.
    „Wir fragen jetzt nicht mehr“, versprachen Gacirũ und Gacĩgua. „Bis zum Ende der Geschichte.“
    Für ein paar Rizinussamen erklärte sich der Vogel bereit, dem fernen Grobschmied eine Nachricht zu bringen. Nyawĩra beschrieb, wie der Vogel flog und flog und flog, bis er schließlich die Schmiede erreichte und sich auf einem Ast niederließ. Er war sehr müde, trotzdem sang er:
    Grobschmied, der das Eisen schmiedet
    eil dich, eil dich
    Deine Frau hat geboren
    mit einem Ungeheuer als Amme
    mit einem Ungeheuer als Krankenschwester
    Eil dich, eil dich
    bevor es zu spät ist
    Nyawĩra bat Gacĩgua und Gacirũ, in das Lied einzustimmen. Damit könnten sie helfen, das Ungeheuer zu besiegen. Der Webervogel flatterte von Baum zu Baum und versuchte, die Aufmerksamkeit des Schmieds zu erreichen. Der Grobschmied war in Gesellschaft, und so scheuchten sie den Vogel anfangs einfach fort, weil er sie belästigte, doch als sie seine Hartnäckigkeit bemerkten, nahmen sie sich die Zeit, ihm aufmerksam zu lauschen. Da fiel dem Grobschmied seine schwangere Frau zu Hause wieder ein, und er begriff, dass ihm der Vogel von der Gefahr berichtete, der seine Frau und die Kinder ausgesetzt waren. Er nahm seinen Speer und seinen Schild und rannte, so schnell ihn seine Beine trugen. Bald erreichte er den Hof mit seiner Frau und den Kindern, und mit vereinten Kräften gelang es ihnen, das böse Ungeheuer zu besiegen.
    „Hast du gesagt ‚mit vereinten Kräften‘?“, fragte Gacirũ nach. „Ich habe geglaubt, dass Babys gar nicht kämpfen können.“
    „Oder Frauen?“, fügte Gacĩgua hinzu.
    „Wer hat dir gesagt, dass Frauen nicht kämpfen können?“, fuhr Gacirũ dazwischen. „Ich lass mich von keinem Jungen besiegen, von keinem, ohne mich ordentlich gewehrt zu haben“, fügte sie hinzu und warf einen wütenden Blick auf Gacĩgua.
    „Ich habe davon erzählt, dass sie ihre Kräfte zusammenlegten, die großen wie die kleinen“, sagte Nyawĩra und erklärte ihnen, dass die Babys mithalfen, indem sie nicht so oft schrien, und wie die Frau, obwohl noch ziemlich schwach, dem Mann alle Einzelheiten über das Ungeheuer erzählte und sogar darauf hinwies, wie das Ungeheuer am besten besiegt werden könnte, weil sie inzwischen alles über das böse Wesen wusste. Sie wollte es verspotten, um es abzulenken, und ihr Mann sollte dann aus seinem Versteck hervorkommen und angreifen. Und genau das geschah.
    Die vier verbrachten den Tag damit, Geschichten zu erzählen, Lieder zu singen und Rätsel zu raten, und am nächsten Tag machten sie weiter. Für Gacirũ und Gacĩgua waren es die perfekten Ferien, und sie hofften, dass das ganze Leben so wäre: Ein unendliches Fest des Geschichtenerzählens mit Nyawĩra als bester Erzählerin, weil sie ihre Stimme klingen lassen konnte wie die eines Vogels, eines Löwen, einer alten Frau, eines Mannes, eines Kindes, oder was man sich nur vorstellen konnte. Am besten gefielen ihnen die Geschichten vom Hasen, dem Trickster, auch wenn die Furcht einflößenden Geschichten über das Ungeheuer sie ebenso beeindruckten.
    Einige Tage später kam Gacirũ tatsächlich noch einmal auf die Angelegenheit mit dem Ungeheuer und dem zweiten Maul unter dem dicken, langen Haarschopf zurück. Diesmal hatte Gacirũ Nyawĩra ganz für sich allein und setzte sich auf ihren Schoß. Vinjinia und Gacĩgua schauten auf die endlose Menschenschlange draußen vor dem Fenster.
    „Weißt du, ich habe über die Geschichte mit dem Ungeheuer nachgedacht, und ich glaube nicht, dass das Maul am Hinterkopf nur von seinen Haaren verdeckt wurde. Das Maul und die Haare steckten unter den Hüten, die die Ungeheuer immer tragen. Meinst du nicht auch? Hüte können doch auch einen Mund verbergen, oder? Wie bei den Polizisten draußen? Sag mal, sind Polizisten auch Ungeheuer?“
    „Psst!“, sagte Vinjinia von ihrem Platz am Fenster.
    „Das ist clever“, meinte Nyawĩra. „Ich meine, das mit den Hüten. Wie bist du darauf gekommen?“
    „Ganz einfach: Meine Mutter hat lange Haare, aber sie trägt keinen Hut. Darum bist du auch kein Ungeheuer, Mama“, rief sie zu ihrer Mutter hinüber.
    „Vielen Dank“, meinte Vinjinia. „Bist du deshalb heute Nacht aufgewacht, weil du mir unter die Haare schauen wolltest?“
    „Weißt du, Mama, Ungeheuer sind böse, und sie können sich in jemand anderen

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