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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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Eldares jeder besessen war. Wenn jemand nur einen Schaufensterbummel machte und für einen Augenblick vor einem Schaufenster stehen blieb, bildete sich hinter ihm eine Schlange. Die Leute fragten sich nicht einmal, warum es diese Schlange gab; sie nahmen einfach an, dass sie aus gutem Grund existierte, und wollten ihren Anteil an dem, was da verteilt wurde. Gerüchte, dass mit Marching to Heaven bereits begonnen worden war und die Finanzmissionare der Global Bank Geld verteilten, trugen dazu bei, das Fieber noch ansteigen zu lassen. Manchmal fand sich jemand am Kopf einer Warteschlange, ohne zu merken, dass er diese ausgelöst hatte, ging nach Hause und stellte sich am nächsten Tag hinten wieder an und wusste immer noch nicht, dass er selbst ihr Verursacher war. Die Menschenreihen entwickelten ein Eigenleben.
    Nachdem er seinen mündlichen Bericht abgeschlossen hatte, sank der Polizist im Polizeihauptquartier erschöpft in tiefen Schlaf. Sieben Tage und Nächte wälzte er sich in seiner Verstrickung, als befände er sich in den Klauen eines Albtraums. Als er nach sieben Tagen erwachte und lautstark nach seiner Yamaha verlangte, um die unerledigte Aufgabe, alle Warteschlangen zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen, zu Ende zu bringen, lieferte man ihn zur Beobachtung in eine geschlossene Anstalt ein und suspendierte ihn später auf unbestimmte Zeit – ohne Dienstbezüge –, damit er sich erholte.
    Als sein Bericht dem Herrscher zu Ohren kam, rief dieser unverzüglich seine Minister zu einer Krisenkabinettssitzung zusammen, um mit ihnen zu beraten, wie das Übergreifen dieser dämonischen Warteschlangen auf andere Städte verhindert werden konnte.

8
    Während der Krisensitzung im State House wurde deutlich, dass den Herrscher am meisten die Beobachtung des wahnsinnig gewordenen Motorradfahrers beschäftigte, die Schlangen hätten weder Anfang noch Ende. „Das hört sich gefährlich an, oder?“, fragte er das Kabinett ohne jeden Anflug von Humor.
    Sikiokuu antwortete als Erster und meinte, da es bekanntlich in ganz Aburĩria verboten sei, dass sich mehr als fünf Personen ohne polizeiliche Erlaubnis versammelten, sei das ungenehmigte Schlangestehen ein eindeutiger Rechtsbruch, der zudem der Welt signalisiere, nicht nur die Arbeitslosigkeit habe krisenhafte Ausmaße angenommen, sondern es bestünden gleichzeitig Versorgungsengpässe. Das sei katastrophal für das Ansehen des Landes. Warum aber geschehe das alles jetzt, während die Global-Bank-Delegation im Land sei? Um Investoren abzuschrecken? Gab es Personen in ihrer Mitte, die heimlich die Bürger aufstachelten, Warteschlangen zu bilden als ersten Schritt für einen Massenaufstand? Vielleicht hatten diejenigen, die die Bankvisite arrangierten, noch andere politische Karten im Ärmel. „Verbieten Sie Warteschlangen. Ja, schicken Sie sie auf den Weg, den auch die Bewegung für die Stimme des Volkes gehen muss“, fügte Sikiokuu hinzu und zog zur Betonung an seinen Ohrläppchen.
    Außenminister Machokali sprach als Nächster und wies zuerst auf seine Augen, um zu zeigen, dass er jederzeit wachsam war und vor allem Sikiokuu diese schändlichen Anspielungen nicht durchgehen lassen würde.
    „Was meint Minister Sikiokuu mit dem Vorschlag, die Warteschlangen müssten den Weg der Bewegung für die Stimme des Volkes gehen?“, fragte er. „Weiß er nicht, dass die von ihm angesprochene Bewegung wie ein Maulwurf im Untergrund arbeitet, weil ihre Mitglieder das Licht des Herrschers fürchten? Will der Minister andeuten, diese Schlangen sollten in den Untergrund gezwungen werden, wo man sie schwerer ausmachen und auslöschen kann? Ich bin sicher, der Minister wird seine Absichten noch klarstellen.“
    Solange die Abordnung der Global Bank im Lande war, riet Machokali, solle der Herrscher Kurs halten, seine Worte und Handlungen abwägen und sich nicht von Menschen, die ihre eigenen Ziele verfolgten, zu Unbesonnenheiten anstiften lassen.
    „Eure Allmächtige Vortrefflichkeit, wir sollten nichts tun, was diejenigen auf der Welt, denen nicht gefällt, dass wir nur eine Partei und einen Herrscher haben, zu dem Vorwurf verleiten könnte, in Aburĩria regiere die Furcht. Die Warteschlangen sollten eher dazu beitragen, diese haltlosen Behauptungen zu entkräften. Der Anblick von Menschen, die sich wann, wo und wie auch immer in Reihen anordnen, sollte bei den Vertretern der Global Bank einen positiven Eindruck unseres Staates hinterlassen.“
    „Will der Minister damit sagen,

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