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Herr der Schlangeninsel

Herr der Schlangeninsel

Titel: Herr der Schlangeninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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nämlich, wenn der Jade-Tiger bei Nick bleibt. Für Chung wird es leichter,
ihn dort abzuholen — statt bei Xiang-Beutezahn. Das ist der Boss der beiden
chinesischen Geldboten. Chung gehört zur Sippe Li. Ihr — oder vielmehr deren
Oberhaupt — wurde der Jade-Tiger in Hongkong gestohlen.“
    „Ich weiß“, nickte Karin. „Hab’s in der
Zeitung gelesen.“
    „Was machen wir jetzt?“ fragte Gaby.
    Tim wandte sich an Karin.
    „Du hältst die Klappe“, befahl er recht
uncharmant. „Kein Wort zu irgendwem. Wehe! Ist das klar! Das Geld nehmen wir
mit. Wir geben es Chung. Damit hat er eine Möglichkeit mehr, den Jade-Tiger bei
Nick Klaudonia auszulösen. Obwohl ich bezweifle, daß der erhabene Meister
diesen Weg beschreitet. Er ist etwas zu friedlich, der Weg.“
    Karin nickte. „Ich sage nichts.“
    „Dann vergessen wir auch, daß du dich
bereichern wolltest. Komm, erzähl nichts! Daß du das Geld nicht abgeliefert
hättest — weder bei der Polizei noch beim Fundbüro — ist sonnenklar. Also
schweig wie ein Grab!“
    Sie ließen Karin zurück.
    Karl hatte ihr Haarband benutzt, um den
Sack wieder zu verschließen und auf dem Gepäckträger festzuklemmen. Karl
achtete darauf, daß er das Geld nicht verlor.
    Während sie zu Chungs Club
zurückfuhren, machte Gaby ihrer Empörung Luft. Über Karin.
    „Die kennt überhaupt keine Skrupel“,
stellte Tims Freundin fest. „Entweder sie wird später mal steinreich oder sie
landet im Gefängnis.“
    „Die Wege zum einen wie zum andern“,
lachte Tim, „liegen nicht sehr weit auseinander. Wer Geld als einziges
Lebensziel im Auge hat, tut mir leid.“
    „Sagt mein Vater auch immer“, meinte
Klößchen. „Das Leben sei wichtiger als das Geldverdienen. Andererseits kann man
sich das Leben recht angenehm machen, wenn man viel Geld verdient.“
    Chung war in seinem Club, stand hinter
der Theke und telefonierte gerade. Er sprach chinesisch, war also noch damit
beschäftigt, seine Landsleute einzuspannen.
    Die TKKG-Bande nahm auf den Barhockern
Platz. Klößchen seufzte. „Geht’s euch auch so“, meinte er halblaut, doch laut
genug, damit Chung es hören konnte, „bei dieser Hitze verdurstet man fast. Mir
ist schon ganz schwummrig. Und Schokolade habe ich auch nicht mehr bei mir.
Hoffentlich überstehe ich den Tag.“
    Karl hatte den geldgefüllten Müllsack
auf die Theke gelegt. Chung beendete sein Telefonat.
    „Erst mal einen kühlen Trunk für
Willi“, meinte der Kung-Fu-Lehrer. „Für euch natürlich auch. Aber bei Willi ist
es dringend. Was habt ihr da mitgebracht?“
    „Die 300 000 Mark von Xiang-Beutezahn“,
antwortete Tim. „Der Rückkauf des Jade-Tigers sollte schon stattfinden. Aber es
ist anders verlaufen, als alle Beteiligten sich gedacht haben.“ Während er
berichtete, verriet Chungs maskenhaftes Gesicht zum erstenmal Verblüffung.
Jedenfalls hatte Tim in der Miene des Kung-Fu-Meisters noch nie eine
Gefühlsregung bemerkt.
    „Unglaublich!“ meinte Chung und
servierte den vier Freunden große Gläser mit Fruchtsaft. „Ich bin euch zu Dank
verpflichtet. Das Geld nehme ich an. Aber verwenden werde ich es nur im
äußersten Notfall. Und auch nur nach Rücksprache mit dem ehrenwerten Lee Pa Li
in Hongkong. Was unser rechtmäßiger Besitz ist, dürfen wir nicht zurückkaufen.
Es wäre demütigend. Und ehrlos. Und feige. Es hieße, das Unrecht belohnen.
Nein!“
    „Diese Reaktion habe ich erwartet.“ Tim
lächelte. „Behalten müssen Sie das Geld auf jeden Fall. Xiang-Beutezahn
schuldet Ihnen mehr als das.“
    Chung nickte. „Wu und Zhuo warten also
jetzt im Hotel Kaiserhof auf Nick Klaudonias Anruf. Ich werde hingehen. Ich
habe Xiang-Beutezahns räudigen Aasfressern was zu sagen.“
    „Wir kommen mit“, erklärte Tim.

12. Zur Sicherheit nach Griechenland
     
    Die Stimmung lag auf dem Nullpunkt.
    Antonia schwankte zwischen
Schüttelfrost und tiefer Traurigkeit.
    Nick hatte vor Wut einen Sonnenbrand in
Gesicht und Nacken. Jedenfalls sah das so aus. Tatsächlich handelte es sich um
eine vom Zorn getriebene Blutfülle, die sich dort staute, statt in dem ganzen
Meisterdieb zu kreisen.
    Sein Zähneknirschen war so laut, daß
Edgar es beim Fahren störte. Er — eher ein kleiner Dieb, der nicht zur
Meisterklasse gehörte — bewahrte halbwegs kühles Blut, benahm sich jedenfalls
wie ein temperamentloser Mittel- und nicht wie ein feuriger Südeuropäer.
    „Noch ist nichts verloren“, sagte er.
„Diese Ganoven versuchen eben jeden Trick. Da ist

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