Herr der Schlangeninsel
Spanisch.
„Wollt ihr mich verarschen?“ schnauzte
Nick. „Nicht eine müde Mark war in dem Koffer. Er war leer, du Mistfliege.“
„Leer? Was du reden Unsinn, Klaudonia?
Im Koffer sind gewesen enthalten 300 000 Deutsche Mark. Wie wurde verlangt.“
„Ja, wie wurde verlangt. Aber nix war
drin. Leer! Leer! Und für nichts kriegt ihr den Jade-Tiger nicht. Das kannst du
Xiang ausrichten.“
„Verstehe! Du dir haben anders überlegt
und wollen 600 000 insgesamt. Also noch mal 300 000. Das unverschämt und dich
kosten Kopf und alle Gliedmaßen, schäbiges Dieb.“
„Nein, du gelber Affe! Ich bin mit 300
000 zufrieden. Aber die will ich sehen. Kannst es mir glauben: Der Koffer war
leer. Ich vermute, ihr wollt euren Boss betrügen und habt euch das Geld in die
Tasche gesteckt. Und ich soll der Dumme sein. Aber da habt ihr euch
geschnitten. Ich werde Xiang-Beutezahn anrufen und ihm die Wahrheit sagen. Er
hört noch von mir. Ende!“
Nick hängte ein, versetzte dem Apparat
einen Boxhieb und grinste, als das Markstück, das er eingeworfen hatte, unten
herausfiel.
„Freunde, wir fliegen in die
griechische Heimat. Wie es weitergeht, überlegen wir uns dort. Wäre ja gelacht,
wenn wir nicht mindestens 300 000 rausholen — aus dem Jade-Tiger. Aber jetzt
will ich nicht DM, sondern amerikanische Dollar. Zur Strafe für Xiang — falls
wir mit ihm das Geschäft machen.“
„Hauptsache ist“, sagte Antonia, „daß
er uns nicht findet.“
„Auf Padoklion?“ Nick lachte. „Nie!“
Da allerdings irrte er sich.
13. Fotos zum Erkennen
Das Hotel Kaiserhof liegt in einer
Seitenstraße. Das Portal blickt auf einen kleinen Park, dessen Goldfischteich
Spaziergänger anzieht. Mit Tüten voller Weißbrot stehen sie dort, werfen Brösel
ins Wasser und freuen sich, wenn die Fischmäuler zuschnappen. Einige der
Goldfische sind inzwischen so fett, daß sie nur noch langsam schwimmen und
ihnen die Schuppenhaut eng wird.
Chung besaß einen fünftürigen Kombi, in
den notfalls neun Chinesen hineinpaßten. Für die TKKG-Bande war also genügend
Platz.
Chung stellte seinen Wagen ins
Halteverbot, und alle stiegen aus.
Tim ging voran. An der Drehtür wartete
er auf Gaby. Sie trug immer noch ihre rotweiße Papierblume im Haar und war
verführerisch schön. Nachdenklich ruhte Tims Blick auf ihr. Offenbar deutete
Gaby das richtig, denn ihre Wangen färbten sich zart rot.
„Halt mir bitte die Tür auf!“ verlangte
Tims Freundin. „In nobler Umgebung erwarte ich das.“
Tim lachte. „Bei einer Drehtür ist das
schwierig. Aber ich kann dich gern durchschleudern.“
Natürlich quetschten sie sich zusammen
in eins der gläsernen Viertel und trippelten mit kleinen Schritten, um nicht zu
stolpern.
Aber damit war’s auch schon vorbei mit
dem Spaß, denn die beiden einzigen Chinesen in der weitläufigen Halle saßen
nahe der Tür. Jetzt wurde es ernst.
Tim musterte sie, während er auf Chung,
Karl und Klößchen wartete.
Das mußten Wu und Zhuo sein. So hatte
Karin sie beschrieben: groß, derb, grobe Gesichter und schwarzes Haar. Helle
Sommeranzüge und — die gleichen Krawatten.
Der mit den Narben im Gesicht legte
eben den Telefonhörer auf. Der Apparat stand auf dem Tisch. Beide Chinesen
tranken Bier. Jetzt berichtete der Narbige, und über das Gesicht des anderen
breitete sich ein Ausdruck kalter Wut.
Aha! dachte Tim. Sieht ganz so aus, als
hätte der Grieche angerufen. Das wollte er jedenfalls, wie Karin gesagt hat. Allerdings
wollte er das, um mitzuteilen, wo der Jade-Tiger sich befindet. Diese
freundliche Botschaft kam jetzt offensichtlich nicht durch den Draht —
nach der Pleite mit dem großen Geld. Soviel ist mal klar.
„Das müssen sie sein“, sagte Chung
hinter Tim.
„Fragen wir!“ meinte Tim und trat zu
den beiden an den Tisch.
Sie blickten auf.
Diese Kälte in den Augen! dachte Tim.
Und überhaupt: So stelle ich mir die Henker, Killer, Vollstrecker in Hongkongs
Unterwelt vor. Sicherlich haben sie Dolche in den Ärmeln und Gift unter den
Fingernägeln. Kratzen lasse ich mich von denen nicht.
„Sind Sie die ehrenwerten Herren Wu und
Zhuo?“ fragte Tim lächelnd.
Der mit den beiden Narben nickte. „Ich
Wu. Das mein Freund Zhuo. Weshalb du fragen?“
„Daß ich ehrenwert sage, war natürlich
ein Witz. Sie wissen ja selbst, wie es mit Ihrer Ehre bestellt ist. Wer für
Xiang-Beutezahn arbeitet, hat weder Ehre noch irgendeinen Wert. Ich frage,
damit der überaus und wirklich ehrenwerte Herr
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