Herr der Schlangeninsel
hübsch, wenn Sie dann am Strand barfuß laufen.“
Als Tim zu seinen Freunden zurückging,
wurde er am Ärmel gezupft.
„Kannst du die auch nicht leiden?“
fragte der Achtjährige. „Mir hat der eine den Liegestuhl weggenommen.“
„Mach dir nichts draus! Wer unsereins
beiseite schubst, ist es nicht wert, daß wir später seine Rente erarbeiten.“
„Das habe ich nicht verstanden. Wie
meinst du das?“
„Laß es dir von Annette erklären. Die
sieht klug aus und ist bestimmt schon zwölf.“
„Zwölfeinhalb. Wir fahren nach Padoklion.
Mit unseren Eltern. Und du?“
„Ohne Eltern. Auch Padoklion. Und jetzt
muß ich weiter. Meine Freunde warten auf mich.“
Sie hatten alles beobachtet.
„Reizend“, sagte Gaby, „wie du mit
Mitreisenden umgehst. Dem einen tut die Kehrseite weh, dem andern der Fuß. Du
weckst Rachegelüste. Was haben die beiden gesagt?“
„Sie wollen uns im Meer ersäufen, falls
wir ihnen in die Quere kommen.“
Gaby seufzte. Karl meinte, das sei der
Anfang eines offenen Krieges. Klößchen jammerte wieder wegen mangelnder Ruhe.
Die TKKG-Bande zog sich unter ein
Sonnensegel zurück. Tim äugte hin und wieder zu den Chinesen hinüber.
Sie hatten es sich bequem gemacht,
starrten aufs Meer hinaus und ließen die schwarzen Seelen baumeln.
„Noch eine Stunde“, sagte Tim, als es
14.10 Uhr war, „dann laufen wir in den kleinen Hafen von Dikti Sfakion ein. Die
Gelbgesichter beobachten uns, wir sie. Und wer wird zuerst Nick Klaudonia
entdecken? Oder dessen Braut? Einen Vorteil haben wir den Chinesen voraus. Wir
wissen genau, wie die Gesuchten aussehen.“
„Vielleicht wissen Wu und Zhuo das
genauso“, sagte Karl. „Die sind nicht blöd. Warum sollten sie nicht wie du
Fotos abgestaubt haben?“
„Da hast du leider recht“, nickte Tim.
„Also null Vorteil. Und noch ein Nachteil. Wir können nicht nur nach dem
Jade-Tiger suchen, wir wollen natürlich auch Henkelmairs Schatzplan auswerten.
Die Schlangeninsel Tykopulos liegt etwa fünf Kilometer von Padoklion entfernt.
Während wir nach Captain Murdocks Schatz suchen, sind die Chinesen ungestört.
Ist ärgerlich, aber nicht zu verhindern.“
„Wenn wir diesen Klaudonia warnen“,
sagte Gaby, „ist er uns gewogen. Das ist dann eine gute Basis, um über den
Jade-Tiger zu verhandeln.“
„Und wie“, Klößchen gähnte, „willst du
ihn warnen? Wir wissen nicht, wo er steckt. Gerade das ist doch unser Problem.“
„Ich denke an den anderen Klaudonia“,
sagte Gaby, „von dem wir glauben, daß es sich um einen Verwandten handelt — der
Tauchlehrer vom Feriendorf. Der Typ ist namentlich im Prospekt aufgeführt. Das
heißt zwar nicht, daß er dort auch jetzt noch als Tauchlehrer arbeitet. Aber
wir könnten seine Adresse feststellen.“
„Sehr gute Idee!“ sagte Tim. „So machen
wir’s.“
15. „Faul und Froh“
Die Insel Padoklion badete im
Sonnenschein. Das weite Meer ringsum glitzerte. In dem kleinen Hafen ankerten
Motor- und Segel-Yachten. Weißgetünchte Häuser, die teilweise an einem felsigen
Hang klebten wie Nester, bildeten einen ungeordneten Haufen. Das war der Ort
Dikti Sfakion. Schon von weitem ließ sich erahnen, daß es schmale Gassen gab
zum Verlaufen, Steintreppen mit schlafenden Katzen auf den Stufen und kleine
Plätze, wo unter Palmen Backgammon gespielt wurde, falls nicht etwas viel
Wichtigeres anlag wie der Mittagsschlaf.
Eine Mole, die lang genug war für
400-Meter-Läufe, ragte ins Meer hinaus. Offenbar hatte man sie eigens für das
riesige Fährschiff angelegt.
Der Kapitän der BLUE SEA manövrierte
geschickt, machte das offensichtlich nicht zum erstenmal. Und tatsächlich —
nach einigem Hin und Her berührte das — mit dicken Gummireifen gepolsterte —
Heck des Schiffes die gut zehn Meter breite Betonmole. Der Schiffsbauch öffnete
sich. Metallplanken wurden verlegt. Ein Jeep und acht schwarze Motorräder — mit
Pärchen besetzt — rollten hinaus.
Nachdem diese Benzin-Verbraucher die
heiße Luft nur geringfügig verpestet hatten, durften die Reisenden mit dem
Endziel Padoklion an Land, etwa drei Dutzend waren es.
Die TKKG-Bande hatte sich nach vorn
gedrängt. Man wollte Überblick bewahren. Waren die Chinesen unter den
Landgängern?
Die Befürchtung erfüllte sich.
Wu und Zhuo verließen als letzte das
Schiff, schleppten kleine Koffer und zwischen sich eine Reisetasche.
Sportliches Gepäck wie Kanu, Surfbrett oder Luftmatratze hatten sie nicht.
Tim trug zwei Rucksäcke, auch
Weitere Kostenlose Bücher