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Herr der Träume

Herr der Träume

Titel: Herr der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Schafft weise, aber nicht zu gut!«
    Sie lachte. »Aber später floh er natürlich.«
    »Natürlich.«
    Sie stiegen eine Korallentreppe empor.
    Render zog den Faden aus dem Schneckenhaus, setzte es an die Lippen und blies hinein.
    Ein einsamer Ton erklang im Meer.
    Wo der Otter sich von Fischen ernährt ...
    Eine schlanke, tropedoförmige Gestalt schwamm in einen Schwarm von Fischen und fraß.
    Sie sahen zu, bis er satt war und an die Oberfläche zurückkehrte.
    Sie setzten ihren Weg auf der Treppe fort.
    Ihre Köpfe tauchten aus dem Wasser auf, dann ihre Schultern, Arme, Hüften, und zuletzt standen sie trocken und warm auf dem schmalen Uferstreifen. Sie betraten den Wald dahinter und gingen am Fluß entlang, der sich ins Meer ergoß.
    Wo der schwarze Bär nach Wurzeln und Honig sucht, wo der Biber den Schlamm mit seinem platten Schwanz formt ...
    »Worte«, sagte sie und griff nach ihrem Ohr.
    »Ja, aber sieh dir den Biber und den Bären an.«
    Sie tat es.
    Die Bienen summten zornig um den dunklen Räuber, der Schlamm spritzte unter dem Schwanz des Nagetiers.
    »Biber und Bär«, sagte sie. »Wohin gehen wir jetzt?« fragte sie, als er sich wieder in Bewegung setzte.
    »›Über den wachsenden Zucker, über die gelbblütige Baumwollpflanze, über den Reis auf seinem feuchten Feld‹«, zitierte er und ging voran.
    »Was sagst du?«
    »Sieh dich um. Betrachte die Pflanzen, ihre Formen und Farben.«
    Sie gingen vorbei und weiter.
    »›Über die Dattelpflaume des Westens‹«, sagte Render, »›über das langblättrige Korn, über die zarte, blaue Blüte des Flachs'.‹«
    Sie kniete nieder, roch, berührte und kostete.
    Sie gingen über die Felder, und sie fühlte die schwarze Erde zwischen den Zehen.
    »Ich versuche mich an etwas zu erinnern«, sagte sie.
    »›Über das dunkle Grün der Roggens‹«, sagte er, »›der in der Brise wogt.‹«
    »Einen Augenblick, Dädalus. Nun fällt es mir langsam ein. Du erfüllst mir einen Wunsch, den ich nie laut geäußert habe.«
    »Komm, wir wollen einen Berg besteigen«, schlug er ihr vor.
    Sie taten es und ließen das Land tief unter sich.
    »Felsen und kalter Wind. Wir sind hoch oben«, sagte sie. »Wohin gehen wir?«
    »Auf den Gipfel.«
    Sie kletterten einen zeitlosen Augenblick lang und standen auf dem Gipfel des Berges. Dann schien es, als hätten sie Stunden mit Klettern verbracht.
    »Entfernung, Perspektive«, sagte er. »All das, was du da unten siehst, haben wir durchwandert. Blicke über die Ebenen und den Wald zum Meer.«
    »Wir haben einen fiktiven Berg erstiegen«, stellte sie fest, »den ich bereits zuvor einmal erklettert habe, ohne ihn zu sehen.«
    Er nickte, und das blaue Meer fesselte wieder ihre Aufmerksamkeit, das sich unter dem andersartigen Blau des Himmels erstreckte.
    Nach einer Weile wandte sie sich ab, und sie begannen auf der anderen Seite des Berges den Abstieg. Wiederum legte sich die Zeit in einer Schlinge um sie, und sie befanden sich am Fuß des Berges und gingen weiter.
    »›... führt der Weg. Geh den ausgetretenen Pfad im Gras zwischen den Blättern der Büsche hindurch.‹«
    »Jetzt weiß ich es!« rief sie und klatschte in die Hände. »Jetzt weiß ich es!«
    »Nun, wo sind wir?« fragte Render.
    Sie pflückte einen Grashalm, hielt ihn ihm entgegen und kaute dann daran.
    »Wo? Nun, ›wo die Wachtel zwischen den Wäldern und dem Weizenfeld flötet‹, natürlich.«
    Da flötete eine Wachtel und flog vor ihnen über den Weg, gefolgt von ihren Jungen, die wie an einer Schnur gezogen hinter ihr her flogen.
    »Ich habe mich immer schon gefragt, wovon es eigentlich handelte.«
    Sie folgten dem Pfad zwischen den Wäldern und dem Weizenfeld.
    »Es sind so viele Dinge. Es ist wie ein Katalog der Sinne. Zeige mir die nächste Zeile.«
    »›Wo die Fledermaus an einem Abend des siebenten Monats fliegt‹« , sagte Render und hob die Hand.
    Sie duckte sich, und eine dunkle Gestalt flog über sie hinweg und in den Wald hinein.
    »›Wo der große Goldkäfer durch die Dunkelheit fällt‹«, setzte sie fort.
    ... Und er glitzerte wie ein Meteorit von vierundzwanzig Karat und fiel zu ihren Füßen auf den Boden. Dort lag er einen Augenblick lang wie ein sonnenfarbener Skarabäus und kroch dann durch das Gras neben dem Pfad davon.
    »Jetzt ist es dir eingefallen«, stellte er fest.
    »Ja, jetzt erinnere ich mich.«
    Der Abend des siebenten Monats war kühl, und am Himmel kamen bleich einige Sterne zum Vorschein. Als sie weitergingen, zeigte er ihr

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