Herr der Welt
arbeiteten. Wie schon gesagt, waren weder Maste noch Takelage, am Achter nicht einmal eine Fahnenstange vorhanden. Ziemlich vorn ragte der Oberteil eines Periskops hervor, das es der »Epouvante« ermöglichte, unter dem Wasser den richtigen Kurs einzuhalten. An den Seiten tauchten zwei sogenannte Schwerte ins Wasser, wie man solche häufig an holländischen Galioten findet, deren Nutzen ich mir hier aber nicht erklären konnte.
Auf dem Vorderteile zeigte sich noch eine dritte Lukenkappe, die jedenfalls das Logis der beiden Leute überdeckte, wenn die »Epouvante« nicht in Fahrt war.
Eine ebensolche Kappe auf dem Hinterdecke vermittelte wahrscheinlich den Zugang zu der Kabine des Kapitäns, der sich noch immer nicht zeigte. Waren die verschiedenen Lukendeckel auf ihren mit Kautschuk bezogenen Rahmen gelegt, so schmiegten sie sich diesem so hermetisch dicht an, daß bei der Fahrt unter Wasser kein Tropfen davon ins Innere eindringen konnte.
Von dem Motor, der dem Apparate die wahrhaft wunderbare Geschwindigkeit verlieh, konnte ich nichts sehen, ebensowenig, ob dieser auf einen Propeller oder eine Turbine wirkte. Alles was ich beobachten konnte, bestand darin, daß das Fahrzeug ein sehr langes, und infolge seiner seinen Schwimmlinien, sehr flaches Kielwasser hinter sich herzog. Seine vortrefflichen Formen ermöglichten es ihm auch, selbst bei schlechtem Wetter leicht über die Wellen hinzugleiten.
Endlich sei hier ein-für allemal erwähnt, daß die Kraftquelle, die die Maschine in Bewegung setzte, weder Wasserdampf noch zerstäubtes Petroleum, Benzin oder ähnliches war, was sich doch durch den Geruch verraten hätte, wie alle die Kraftquellen, mit denen man die Automobile und die Unterseeboote auszustatten pflegt. Es konnte sich hier also nur um Elektrizität handeln, die an Bord unter ungeheurer Spannung aufgespeichert war.
Das legte nun wieder die Frage nahe: Woher stammte diese Elektrizität? Aus galvanischen Säulen (Batterien) oder aus Akkumulatoren? Doch wie wurden diese Akkumulatoren geladen, womit diese Säulen beschickt?… Aus welch unerschöpflicher Quelle entnahm man die nötige Kraft?… Wo war die Werkstätte, die das alles lieferte?… Die Kraft müßte denn durch ein bisher unbekanntes Verfahren unmittelbar aus der Luft oder dem Wasser der Umgebung gewonnen werden. Da fragte ich mich freilich, ob es mir unter den vorliegenden Verhältnissen je möglich sein werde, diese Geheimnisse zu entschleiern.
Dann dachte ich an meine Gefährten, die da unten auf dem Strande von Black-Rock zurückgeblieben waren, der eine von ihnen verwundet, die andern, Wells und Nab Walker, vielleicht ebenfalls! Konnten sie denn, als sie mich von dem Haltetau mit dem Anker fortgerissen sahen, auch nur ahnen, daß ich an Bord der »Epouvante« aufgenommen worden wäre? Nein, gewiß nicht.
Herr Ward mochte wohl jetzt schon durch ein Telegramm von Toledo aus die Nachricht von meinem Tode erhalten haben. Wer würde sich jetzt aber unterfangen, aufs neue gegen den »Herrn der Welt« zu Felde zu ziehen?
Mancherlei Gedanken dieser Art schwirrten mir durch den Kopf, während ich darauf wartete, daß der Kapitän auf dem Verdeck erscheinen sollte.
Dieser erschien jedoch nicht.
Jetzt fing ich auch an, einen tüchtigen Hunger zu spüren, gewiß kein Wunder nach einer Fastenzeit von beinahe vierundzwanzig Stunden, denn seit unserer letzten Mahlzeit – immer angenommen, daß diese erst gestern stattgefunden –. hatte ich gar nichts gegessen. Wenn ich nach dem Knurren meines Magens urteilte, mußte ich zu dem Glauben kommen, schon vor zwei vollen Tagen und vielleicht noch eher an Bord der »Epouvante« aufgefischt worden zu sein. Zum Glück sollte die Frage, ob und wie man mich hier zu ernähren gedächte, sofort ihre Lösung finden.
Der Mann vom Vorderdeck, der einmal nach dem Schiffsinnern hinuntergegangen war, kam eben wieder zum Vorschein.
Ohne ein Wort zu äußern, setzte er verschiedene Speisen vor mich hin und zog sich sogleich wieder nach seinem Platze zurück.
Fleischkonserven, geräucherter Fisch, Schiffszwieback und ein Gefäß mit so starkem Ale, daß ich ihn mit Wasser verdünnen mußte, daraus bestand das Frühstück, dem ich alle Ehre antat. Die Mannschaft hatte jedenfalls schon gegessen, bevor ich meine Kabine verließ, wenigstens leistete mir keiner davon Gesellschaft.
Aus den Leuten war nichts herauszulocken, und ich verfiel wieder in mein früheres Nachsinnen.
Wie wird dieses Abenteuer enden? fragte ich
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