Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
erfüllten. Kaum
    hörte man die Eichhörnchen durch die Gebüsche schlüp-
    fen, obwohl Hunderte umhersprangen.
    Der Lauf eines Bergbachs, dem die Schlucht als Bett
    diente, schlängelte sich launisch neben den Bergrücken der

    — 47 —
    — 48 —
    Kette hinauf. In der Regenzeit oder nach ergiebigen Ge-
    witterregen mochte er wohl in rauschenden Fällen herab-
    stürzen. Da er aber offenbar nur vom himmlischen Naß ge-
    speist wurde, war hiervon jetzt nichts zu sehen, was darauf
    hinwies, daß er nicht aus einer Quelle auf der Höhe her-
    stammen könnte.
    Nach halbstündiger Wanderung wurde das Emporstei-
    gen so beschwerlich, daß wir gezwungen waren, uns bald
    rechts, bald links hin zu wenden und zuweilen recht be-
    trächtliche Umwege zu machen. Die Schlucht wurde all-
    mählich fast ungangbar und der Fuß fand beinah nirgends
    mehr einen zuverlässigen Halt. Wir mußten uns hier an
    Grasbüschel anklammern, dort auf den Knien fortkriechen,
    und unter solchen Bedingungen konnten wir vor Sonnen-
    untergang jedenfalls nicht auf den Berg hinaufgelangen.
    »Na wahrhaftig«, rief Mr. Smith tief aufatmend, »jetzt
    begreif ’ ich, daß sich Touristen nur selten an den Great Ey-
    rie herangewagt haben, so selten, daß mir davon eigentlich
    gar nichts zu Ohren gekommen ist.«
    »Ja freilich«, antwortete ich, »hier winkte auch großer
    Mühe nur geringer Lohn, und wenn wir nicht ganz beson-
    dere Gründe hätten, unseren Versuch auch zu Ende zu füh-
    ren . . .«
    »Ja, das ist richtig«, erklärte Harry Horn. »Mein Kame-
    rad und ich haben den Black Dome schon auf verschiede-
    nen Wegen bestiegen, solchen Schwierigkeiten sind wir da-
    bei aber niemals begegnet.«
    »Schwierigkeiten, die hier noch zu unüberwindlichen
    — 49 —
    Hindernissen anwachsen könnten«, fügte James Bruck
    hinzu.
    Jetzt drängte sich uns die Frage auf, nach welcher Seite
    wir einen schräg aufwärtsführenden Weg suchen sollten.
    Zur Rechten und zur Linken erhoben sich Dickichte von
    Bäumen und Gesträuchen. Jedenfalls mußten wir uns da-
    hin wenden, wo die Felswände weniger steil abfielen. Ar-
    beiteten wir uns durch die Waldmasse bis zu deren Saum
    hindurch, so fanden meine Begleiter und ich vielleicht ei-
    nen gangbareren Pfad. Blind drauflos durften wir jedoch
    nicht gehen. Es galt ja, daran zu denken, daß die östlichen
    Abhänge der Blue Ridge Mountains überhaupt kaum zu er-
    klimmen sind, da sie in der ganzen Ausdehnung der Ge-
    birgskette in 50gradigem Winkel abfallen.
    Das beste blieb es unter allen Umständen, uns auf den
    besonderen Instinkt der beiden Führer und vor allem auf
    James Bruck zu verlassen. Ich glaube, der wackere Bursche
    hätte bezüglich der Gewandtheit eines Affen und bezüglich
    der schnellen Beweglichkeit einer Eidechse als Vorbild die-
    nen können. Leider würden weder Elias Smith noch ich uns
    haben dahin wagen können, wohin der kühne junge Mann
    sich ohne Besorgnis wagte.
    Was mich angeht, hoffte ich allerdings nicht zurückzu-
    bleiben, denn das Klettern war mir sozusagen angeboren
    und an Körperanstrengungen war ich gewöhnt. Wo James
    Bruck vorwärts kam, wollte ich auch vorwärts kommen,
    wenn es mich auch einige Schrammen und Risse kostete.
    Mit dem ersten Beamten von Morganton, der weniger jung,
    — 50 —
    weniger kräftig, dabei größer und beleibter war, und der
    auch nicht so sicher auftrat, lag die Sache freilich anders.
    Augenscheinlich hatte er sich bisher nach Kräften bemüht,
    nicht zurückzubleiben. Zuweilen schnaufte er wie ein See-
    hund, und ich veranlaßte ihn manchmal gegen seinen Wil-
    len, erst einmal wieder ordentlich Atem zu schöpfen.
    Kurz, wir sahen mehr und mehr ein, daß die Besteigung
    des Great Eyrie eine längere Zeit beanspruchen werde, als
    wir angenommen hatten. Wir glaubten anfänglich, den obe-
    ren Felsenkranz gegen 11 Uhr zu erreichen, und jetzt waren
    wir in der Mittagsstunde voraussichtlich noch um mehrere
    100 Fuß davon entfernt.
    Gegen 10 Uhr gab der eine Führer, nach wiederholten
    Versuchen, einen gangbaren Aufstieg zu entdecken und
    nach mancherlei Umwegen, die uns dann und wann wie-
    der rückwärts führten, das Zeichen zum Anhalten. Wir hat-
    ten den oberen Rand der bewaldeten Strecke erreicht. Hier
    standen die Bäume vereinzelter und gestatteten einen Aus-
    blick nach dem eigentlichen Felsblock des Great Eyrie.
    »He, he!« stieß Mr. Smith hervor, während er sich an eine
    große Fächerpalme lehnte, »ein bißchen Ruhe und Rast

Weitere Kostenlose Bücher