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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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verloren?
    Bald konnte hierüber kein Zweifel mehr bestehen. Mit
    der Geschwindigkeit eines Blitzes langte das Gefährt in Mil-
    waukee an. Sollte es nun nach Durchquerung der Stadt von
    den Fluten des Michigansees verschlungen werden?
    Jedenfalls konnte man nach seinem Verschwinden an ei-
    ner Biegung der Landstraße keine Spur mehr von ihm ent-
    decken.
    5. KAPITEL
    In Sicht des Ufers von Neuengland
    Zu der Zeit, wo diese Vorkommnisse von den Zeitungen
    Amerikas berichtet wurden, war ich seit 1 Monat zurück-
    gekehrt.
    Gleich nach der Heimkehr beeilte ich mich, mich bei
    meinem Chef zu melden. Ich konnte ihn jedoch nicht tref-
    fen. Gewisse Familienangelegenheiten hielten ihn für meh-
    rere Wochen abwesend. Ohne Zweifel kannte Mr. Ward
    aber den Mißerfolg meiner Mission. Verschiedene Blätter
    North Carolinas hatten die Einzelheiten jener Besteigung
    des Great Eyrie in Gesellschaft mit dem Bürgermeister von
    Morganton sehr zutreffend geschildert.
    — 76 —
    Man wird mir die schmerzliche Enttäuschung gewiß
    nachfühlen, die ich – abgesehen von meiner unbefriedig-
    ten Neugier – über jenen nutzlosen Versuch empfand. Tat-
    sächlich konnte ich mich aber nicht mit dem Gedanken an-
    freunden, daß sich das später nicht anders gestalten würde
    . . . Was? . . . Ich sollte nicht hinter die Geheimnisse des
    Great Eyrie kommen? . . . Nein, und wenn ich zehn-, wenn
    ich zwanzigmal, selbst auf die Gefahr hin, dabei umzukom-
    men, dazu ausziehen müßte!
    Offenbar überstieg es nicht die menschlichen Kräfte,
    sich einen Zutritt ins Innere jenes Felsennests zu erzwin-
    gen. Ein Gerüst bis zum oberen Rand jener Mauern herzu-
    stellen oder die dicke Wand des Steinwalls mit einem Tun-
    nel zu durchbrechen, das konnte keine Unmöglichkeit sein.
    Unsere Ingenieure wagen sich ja alle Tage an weit schwie-
    rigere Aufgaben. Bezüglich des Great Eyrie hieß es freilich
    auch mit den Kosten rechnen, die hier kaum mit dem da-
    durch zu gewinnenden Nutzen im Einklang stehen würden.
    Sie beliefen sich jedenfalls auf mehrere tausend Dollar . . . ja,
    und wozu hätte diese kostspielige Arbeit zu guter Letzt ge-
    dient? Befand sich an jener Stelle der Blue Ridge Mountains
    ein Vulkan, dann hätte man ihn doch nicht auslöschen oder
    zustopfen können, und wenn ein Ausbruch die Gegend be-
    drohte, konnte man ihn doch auch nicht verhindern. Die
    ganze Arbeit wäre also verloren gewesen oder hätte nur
    dazu gedient, die Neugier der Leute zu befriedigen.
    Wie lebhaft jedoch auch das besondere Interesse war, das
    ich an dieser Sache nahm, wie sehr es mich verlangte, dem
    — 77 —
    Great Eyrie den Fuß auf den Nacken zu setzen, so konnte
    ich bei meinen persönlichen Hilfsquellen doch gar nicht da-
    ran denken, ein solches Unternehmen durchzuführen, und
    insgeheim mußte ich mir sagen: Das wäre etwas für unsere
    amerikanischen Milliardäre! Einen solchen Versuch sollten
    um jeden Preis Leute unternehmen, wie etwa Gould, As-
    tor, Vanderbilt, Rockefeller, Mackay, Pierpont-Morgan und
    ähnliche. Leider haben derartige mächtige Trusters aber
    ganz andere Gedanken im Kopf !
    Ja, wenn das Nest im Innern reiche Gold- oder Silber-
    adern enthalten hätte, da würden die kühnen Finanzmän-
    ner vielleicht dafür zu haben gewesen sein. Eine solche Ver-
    mutung war aber kaum zulässig, die Kette der Appalachen
    liegt auch weder in Kalifornien noch in Klondyke, weder in
    Australien noch in Transvaal, in keinem der Länder, die die
    unerschöpflichen Placers beherbergen.
    Erst am 15. Juni konnte mich Mr. Ward in seinem Büro
    empfangen. Obgleich er das Scheitern des Versuchs kannte,
    den ich auf sein Geheiß unternommen hatte, empfing er
    mich doch mit gewohnter Freundlichkeit.
    »Ah, da ist ja der arme Strock«, rief er bei meinem Ein-
    treten, »dieser arme Strock, der keinen Erfolg gehabt hat
    . . .«»Leider nicht mehr, Herr Direktor, als wenn Sie mich mit
    einer Untersuchung in der Hauptstadt des Mondes betraut
    hätten«, antwortete ich. »Wir sind zwar nur auf rein ma-
    terielle Hindernisse gestoßen, diese waren aber unter den
    — 78 —
    Bedingungen, unter denen wir vorgingen, für uns unüber-
    windbar.«
    »Das glaub’ ich Ihnen, Strock, das glaub’ ich Ihnen
    gern. Es steht aber fest, daß Sie nichts von dem haben aus-
    kundschaften können, was im Innern des Great Eyrie vor-
    geht . . .«
    »Nichts, Mr. Ward.«
    »Sie haben auch keine Flammen wahrnehmen kön-
    nen?«
    »Keine einzige.«
    »Und haben Sie keinerlei

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