Herr der Welt
erschienen
war, wagten sich jedenfalls die kleineren Fahrzeuge und die
Fischerboote nicht mehr weit aufs Meer hinaus. Sobald sein
Auftauchen ruchbar wurde, beeilten sie sich, den nächsten
Hafen zu erreichen. Das verlangte unbedingt die gewöhn-
lichste Klugheit, denn für den Fall, daß jenes Tier von an-
griffslustigem Charakter war, erschien es doch besser, sich
einem Überfall durch dieses nicht erst auszusetzen.
Die Segelschiffe der großen Fahrt und die großen Damp-
fer hatten von dem Ungeheuer, diesem Walfisch oder an-
deren Meerbewohner, freilich nichts zu fürchten. Deren
Mannschaften hatten es auch mehrmals in der Entfernung
von einigen Meilen gesehen. Sobald sie ihm aber näherzu-
kommen suchten, entfloh es so eilig, daß es unmöglich war,
es zu erreichen. Eines Tages war sogar ein kleiner Kreu-
zer des Staats von Boston ausgelaufen, nicht um die un-
bekannte Masse zu verfolgen, sondern um ihr einige Ge-
schosse nachzusenden. Binnen wenigen Augenblicken hatte
sich das – vermutliche – Tier jedoch über die Reichweite
der Geschütze hinaus entfernt, und auch dieser Versuch er-
wies sich also als vergeblich. Übrigens schien es mehr und
mehr, daß es gar nicht die Absicht habe, die Fischerboote
zu überfallen.
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Jetzt unterbrach ich mich im Lesen und sagte, an Mr.
Ward gewendet: »Alles in allem hat man sich über das Un-
geheuer bisher ja noch nicht zu beklagen gehabt. Den gro-
ßen Schiffen weicht es aus und die kleinen läßt es unge-
schoren. Da kann doch unter den Strandbewohnern keine
so besondere Aufregung herrschen.«
»Und doch ist das der Fall, Strock; dieser Bericht liefert
ja den Beweis dafür.«
»So scheint es, Mr. Ward; das Tier scheint aber keines-
wegs gefährlich zu sein. Übrigens wird ja eins oder das an-
dere eintreffen: entweder verschwindet es eines Tages aus
den genannten Gegenden, oder es wird schließlich einge-
fangen und paradiert dann im naturhistorischen Museum
Washingtons.«
»Und wenn es doch kein Seeungeheuer wäre . . .«, warf
Mr. Ward ein.
»Was sollte es denn sonst sein?« antwortete ich, über-
rascht durch diesen Einwand.
»Lesen Sie nur weiter!« sagte Mr. Ward.
Das tat ich denn auch und unterrichtete mich über die
zweite Hälfte der Mitteilung, in der mein Chef einzelne
Stellen mit Rotstift unterstrichen hatte.
Eine Zeitlang hatte niemand in Zweifel gezogen, daß
hier ein Seeungeheuer sein Unwesen treibe, und wenn man
dieses hartnäckig verfolgte, mußte es am Ende doch gelin-
gen, die Küstengewässer von ihm zu befreien. Bald kam es
aber zu einem Umschlag der bisher verbreiteten Anschau-
ung. Einzelne, etwas nachdenklichere Leute fragten sich, ob
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es, statt eines tierischen Wesens, nicht vielleicht ein mit Ma-
schinen versehenes Fahrzeug wäre, das Kreuz- und Quer-
fahrten in den Gewässern Neuenglands unternahm.
Die betreffenden Maschinen müßten dann freilich einen
sehr hohen Grad der Vervollkommnung erreicht haben.
Vielleicht beabsichtigte der Erfinder, ehe er seine Erfindung
veröffentlichte, die allgemeine Aufmerksamkeit zu erregen
und das Seevolk sogar etwas in Schrecken zu setzen. Eine
solche Sicherheit der Lenkung, eine solche Schnelligkeit der
Bewegung, und dank dem außerordentlichen Vermögen
der Ortsveränderung, eine solche Leichtigkeit, jeder Verfol-
gung zu entgehen . . . Das war gewiß geeignet, die Neugier
anzustacheln.
Zu jener Zeit waren in der Kunst des mechanischen
Schiffsantriebs schon die erstaunlichsten Fortschritte ge-
macht worden. Die transatlantischen Dampfer entwickelten
eine solche Geschwindigkeit, daß schon 5 Tage genügten,
die Entfernung zwischen der Alten und der Neuen Welt zu
überwinden.
Und noch hatten die Ingenieure ihr letztes Wort nicht ge-
sprochen. Auch die Kriegsmarine war nicht im Rückstand
geblieben. Die Kreuzer, die Torpedoboote und die Torpedo-
jäger konnten mit den schnellsten Paketbooten des Atlan-
tiks und des Pazifiks und des Indischen Ozeans in Wettbe-
werb treten.
Handelte es sich hier um ein Fahrzeug von ganz neuer
Bauart, so war es leider noch nicht möglich gewesen, seine
äußere Form zu erkennen. Was aber den Motor betraf, über
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den es verfügte, so mußte diesem eine Kraft innewohnen,
an die auch die bisherigen vollkommensten nicht heran-
reichten. Ob das Fahrzeug seinen hervorragenden dynami-
schen Wert dem Dampf oder der Elektrizität verdankte, das
war nicht zu
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