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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der Ab-
    fahrtsstelle, ebenso wie in Madison, dem mittelsten Punkt
    der Rennstrecke; die größten Haufen von Zuschauern hat-
    ten sich aber in Milwaukee, dem Ziel des Matches, zusam-
    mengedrängt.
    2 Stunden waren verflossen. Durch telefonische Mittei-
    lungen erfuhren die Interessierten alle 5 Minuten den jewei-
    ligen Stand des Wettrennens und die Ordnung, in der die
    Wagen einander folgten. Halbwegs zwischen Madison und
    Milwaukee befand sich ein Wagen der Gebrüder Renault,
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    mit Michelin-Reifen, an der Spitze, dicht hinter ihm ein sol-
    cher von Harward-Watson, und nach diesem ein Automo-
    bil von Dion-Bouton. Einzelne Zwischenfälle waren schon
    vorgekommen, indem manche Motoren fast versagten oder
    die Wagen überhaupt stehenblieben. Wahrscheinlich soll-
    ten nur ein Dutzend Chauffeure das Ziel erreichen. Waren
    auch schon einige Verletzte zu zählen, so hatten diese doch
    nicht besonders ernstlich Schaden genommen. Doch hätte
    es auch gelegentlich ein Menschenleben gekostet, so sind
    solche »Kleinigkeiten« in dem merkwürdigen Land Ame-
    rika nicht von großer Bedeutung.
    Natürlich war es vor allem in der Nähe von Milwaukee,
    wo die Spannung der Zuschauer und die Leidenschaften ih-
    ren Höhepunkt erreichten. Am westlichen Ufer des Michi-
    gansees erhob sich der das Ziel bezeichnende Distanzpfahl,
    der mit den Flaggen aller in Betracht kommenden Länder
    geschmückt war. Gegen 10 Uhr zeigte es sich schon deut-
    lich, daß der erste Preis – 20.000 Dollar – nur von drei Au-
    tomobilen und einem Motorrad bestritten werden würde,
    nämlich von zwei amerikanischen, einem französischen
    und einem englischen Fahrzeug, die einen sehr beträcht-
    lichen Vorsprung hatten, während ihre Mitbewerber infolge
    kleiner Unfälle weit zurückgeblieben waren. Man kann sich
    deshalb leicht vorstellen, mit welch wütender Leidenschaft,
    entfesselt durch die Eigenliebe, durch den Nationalstolz
    der Yankees, die letzten Wetten abgeschlossen wurden. Die
    Agenten vermochten dem Andrang kaum noch standzuhal-
    ten. Die Beträge wuchsen mit unheimlicher Schnelligkeit
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    weiter und weiter an, die Vertreter der hauptsächlichsten
    Marken, die nachweislich die Spitze hielten, waren nah da-
    ran, handgemein zu werden, und wenn der Revolver und
    das Bowiemesser auch keine Rolle spielten, so fehlte daran
    doch nicht viel.
    »1 gegen 3 auf Haward-Watson!«
    »1 gegen 2 auf Dion-Bouton!«
    »1 gegen 1 auf Gebrüder Renault!«
    Derartige Rufe ertönten, man kann sagen, längs der gan-
    zen Rennstrecke, je nachdem die telefonischen Meldungen
    bekanntwurden.
    Da ereignete sich gegen 9 Uhr 30 folgendes: 2 Meilen vor
    dem Flecken Prairie-du-Chien ließ sich auf der Straße ein
    entsetzliches Geräusch hören, das von einem scharfen Pfei-
    fen, ähnlich dem einer Schiffssirene, begleitet war. Die neu-
    gierigen Zuschauer hatten gerade noch Zeit zurückzuwei-
    chen, um einem Zermalmtwerden zu entgehen, das gewiß
    Hunderte von Opfern gekostet hätte. Die das Gefährt um-
    hüllende dichte Wolke flog wirbelnd vorüber, und es war
    kaum möglich, darunter das Gefährt zu erkennen, das mit
    so fabelhafter Geschwindigkeit ausgestattet war.
    Man konnte ohne Übertreibung behaupten, daß diese
    240 Kilometer in der Stunde betrug.
    In einem Augenblick war der Wagen verschwunden und
    ließ einen langen Streifen weißen Staubs hinter sich, wie
    der Lokomotive eines Schnellzugs eine lange Dampfwolke
    folgt.
    Offenbar handelte es sich hier um ein Automobil, das
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    von einem ganz außergewöhnlichen Motor angetrieben
    wurde. Hielt es die jetzige Gangart nur 1 Stunde lang bei,
    dann mußte es die bisher führenden Kraftwagen erreicht
    haben, und da es mit einer gegen die ihrige doppelten Ge-
    schwindigkeit dahinsauste, mußte es als erstes am Ziel lan-
    den.Da erhob sich von allen Seiten ein ängstliches Geschrei,
    obgleich die am Rand der Straße stehenden Zuschauer ei-
    gentlich nichts zu fürchten hatten.
    »Das ist die Maschine, von der vor 14 Tagen so viel die
    Rede war!«
    »Ja, dieselbe, die durch Illinois, Ohio und Michigan
    gekommen ist, und die die Polizei nicht anzuhalten ver-
    mochte!«
    »Und von der man, zum Glück für die öffentliche Sicher-
    heit, seither nicht mehr reden hörte . . .«
    »Die man für zertrümmert, für immer für verschwun-
    den hielt . . .«
    »Ja, ja, dieser Wagen des Teufels . . . geheizt mit dem
    Feuer der Hölle und geführt vom Satan in eigener Person!«
    Und wahrlich, wenn

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