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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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dem Stand der Sonne, wenige Grade über dem Ho-
    rizont, erkannte ich, daß wir nach Süden steuerten. War der
    Kurs seit der Abfahrt aus dem Kesseltal kein anderer gewe-
    sen, dann mußte das Meer, das sich unter unseren Füßen
    ausbreitete, der Golf von Mexiko sein. Der Tag versprach
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    warm zu werden; im Westen stiegen langsam dicke, blei-
    farbene Wolken auf. Diese Vorzeichen entgingen auch Ro-
    bur nicht, als er gegen 8 Uhr aufs Verdeck heraufkam, um
    Turner abzulösen. Vielleicht erinnerte er sich dabei an jene
    Wasserhose, die den ›Albatros‹ zu zerstören gedroht hatte,
    und an den furchtbaren Wirbelsturm im antarktischen Ge-
    biet, aus dem er nur wie durch ein Wunder heil und gesund
    hervorgegangen war.
    Was freilich in einem ähnlichen Fall das frühere Luft-
    schiff nicht hätte tun können, das mußte dem jetzigen Avia-
    tor ein leichtes sein. Er brauchte sich ja nur aus den oberen
    Luftschichten, wo der Kampf der Elemente wüten würde,
    hinabzusenken, also nur auf die Oberfläche des Meeres hi-
    nunterzugehen, und wenn hier ein gar zu heftiger Wogen-
    gang herrschte, dann wußte er ja in der stillen Tiefe dage-
    gen Schutz zu finden. Irgendwelchen Anzeichen nach nahm
    Robur – der gewiß die Eigenschaften eines »weather-wise«
    (Wetterkundigen) besaß – aber wohl an, daß das Unwetter,
    wenn der Himmel auch gewitterdrohend aussah, am heuti-
    gen Tag nicht zum Ausbruch kommen würde. Er hielt also
    seine bisherige Richtung ein, und auch als wir am Nachmit-
    tag aufs Wasser hinuntergingen, geschah das gewiß nicht
    aus Besorgnis vor schlechtem Wetter. Die ›Terror‹ ist ein
    Seevogel, ein Fregattvogel oder ein Alkyon (Taucherkönig),
    der auf den Wellen ausruhen kann, nur mit dem Unter-
    schied, daß bezüglich ihrer metallischen, von unerschöpf-
    licher Elektrizität bewegten Organe von Ermüdung keine
    Rede sein kann.
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    Die grenzenlose Wasserfläche war übrigens völlig öde
    und leer. Selbst am äußersten Horizont zeigte sich weder
    ein Segel noch eine Rauchsäule. Der Aviator konnte also
    bei seinem Flug durch die Luft von niemandem beobachtet
    worden sein.
    Am Nachmittag ereignete sich nichts Ungewöhnliches.
    Die ›Terror‹ lief nur mit mittlerer Geschwindigkeit. Welche
    Pläne der Kapitän haben mochte, das konnte ich unmöglich
    erraten. Bei der weiteren Einhaltung der jetzigen Richtung
    mußte er auf die eine oder die andere der Großen Antillen
    treffen und auf der entgegengesetzten Seite des Golfs nach
    der Küste von Venezuela oder Kolumbien kommen. In der
    nächsten Nacht stieg das Luftschiff vielleicht aber wieder
    auf, um über die große Landenge von Guatemala und Nica-
    ragua hinwegzuschweben und endlich im Pazifik die Insel
    X zu erreichen.
    Als der Abend herankam, verbarg sich die Sonne hinter
    einem blutroten Horizont. Das Meer leuchtete rings um die
    ›Terror‹ auf, die bei ihrer Fahrt eine Wolke von Funken auf-
    zuwirbeln schien. Da mußte man wohl – wie die Matrosen
    sagen – ein »Hundewetter« erwarten.
    Das war sicherlich auch Roburs Ansicht. Statt auf dem
    Verdeck bleiben zu dürfen, mußte ich hinunter in meine
    Kabine, deren Lukendeckel sich über mir schloß.
    Einige Augenblicke darauf erkannte ich aus dem Ge-
    räusch, das an Bord entstand, daß der Apparat jetzt unter-
    tauchen sollte. Wirklich schwamm er 5 Minuten später in
    dem schon in mäßiger Tiefe ganz ruhigen Wasser.
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    Ebenso durch die Ermüdung des Körpers wie durch
    meine stete Besorgnis erschöpft, versank ich bald in tie-
    fen Schlaf . . . diesmal in einen natürlichen Schlaf, der nicht
    durch eine stark betäubende Arznei herbeigeführt war.
    Bei meinem Erwachen – nach wieviel Stunden, konnte
    ich nicht sagen – war die ›Terror‹ noch nicht an die Ober-
    fläche des Meeres zurückgekehrt.
    Das sollte jedoch sehr bald geschehen. Das Licht drang
    durch die kleinen Pforten wieder ungehindert ein, und
    gleichzeitig machten sich, infolge des sehr starken Wellen-
    gangs, Stampf- und Schlingerbewegungen bemerkbar.
    Ich konnte bald wieder neben der Luke Platz nehmen,
    und mein erster Blick richtete sich natürlich auf den Ho-
    rizont.
    Von Nordwesten stieg jetzt ein Gewitter auf; schwere
    Wolken, zwischen denen blendende Blitze hin und her
    zuckten, wälzten sich wie kämpfend empor. Schon hörte
    man aus der Ferne das Rollen des Donners, der durch das
    Echo im Luftmeer einen lang anhaltenden Widerhall fand.
    Ich war verwundert – nein, mehr als verwundert

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