Herr der Welt
den Landstraßen der Vereinigten Staaten, auf
den angrenzenden Meeresteilen und in der Luft über Ame-
rika. Der Leser weiß schon, unter welchen Verhältnissen sie
nach ihrer vergeblichen Verfolgung auf dem Eriesee und
dem Niagarastrom durch die Luft hin entfloh, während ich
mich auf ihr als . . . Gefangener befand.
17. KAPITEL
Gleich Gott
Welchen Ausgang würde wohl das Abenteuer haben, worin
ich verwickelt war? . . . Konnte ich, mochte er näher oder
ferner liegen, selbst darauf einwirken? Lag das nicht viel-
mehr ganz in Roburs Hand? . . . Wahrscheinlich würde sich
mir niemals Gelegenheit bieten zu fliehen, wie das Uncle
Prudent und Phil Evans auf der Insel Chatam gelungen war.
Nein, für mich hieß es warten, warten, doch wie lange?
Wenn sich meine Neugierde jetzt einigermaßen befrie-
digt fühlte, so war das doch nur bezüglich der Geheim-
nisse des Great Eyrie der Fall. Nachdem ich endlich über
den Felsenwall hinübergekommen war, kannte ich auch die
Ursache der in diesem Teil der Blue Ridge Mountains beob-
achteten Erscheinungen. Mir war’s jetzt zur Gewißheit ge-
worden, daß weder die Landbevölkerung dieses Bezirks von
North Carolina, noch die Einwohner von Pleasant Garden
oder von Morganton einen Vulkanausbruch oder ein Erd-
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beben zu fürchten hatte. Hier arbeiteten keine vulkanischen
Kräfte im Erdinnern, kein Krater öffnete sich in diesem
Winkel der Alleghenies; der Great Eyrie diente nur Robur
dem Sieger als trefflich geschützte Zufluchtsstätte. Bei einer
seiner Luftreisen mochte er diesen unersteigbaren Horst
entdeckt haben, wo er sein Material, seinen Proviant usw.
niederlegte, ein Ort, der ihm dafür offenbar noch geeigne-
ter erschienen war, als die Insel X im Pazifik.
Doch wenn mir dieses Geheimnis jetzt auch bekannt
war, wußte ich doch eigentlich noch nichts von dem wun-
derbaren Flugapparat und von der verschiedenen Art sei-
ner Verwendung. Angenommen, daß sein mehrfacher Me-
chanismus durch Elektrizität in Tätigkeit gesetzt wurde und
daß er diese Elektrizität, wie der ›Albatros‹, auf bisher un-
bekanntem Weg aus der Luft der Umgebung entnahm . . .
die Anordnung des Mechanismus blieb für mich doch nach
wie vor ein Rätsel. Man hatte mich diesen und man würde
mich ihn ja niemals sehen lassen.
Bezüglich der Frage wegen meiner Freiheit und ob ich
diese noch einmal wieder erhalten würde, hatte ich mir wie-
derholt Gedanken gemacht.
»Ganz sicherlich«, sagte ich mir, »kommt es Robur dar-
auf an, unerkannt zu bleiben. Was er mit Hilfe seines Ap-
parats noch auszuführen gedenkt, davon wird man, fürchte
ich, wenn ich an seine Drohungen denke, mehr Schlimmes
als Gutes zu erwarten haben. Jedenfalls wird er das in der
Vergangenheit beobachtete Inkognito auch in der Zukunft
zu bewahren suchen. Nur ein einziger Mensch ist imstande,
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die Identität des ›Herrn der Welt‹ und Robur des Siegers zu
beweisen, und dieser Mensch bin ich, sein Gefangener, ich,
der den Auftrag hat, ihn zu verhaften, ich, dem die Pflicht
oblag, ihm im Namen des Gesetzes die Hand auf die Schul-
ter zu legen!«
Doch konnte ich andererseits von draußen Hilfe erwar-
ten? . . . Offenbar nein. Die Behörden konnten ja nichts da-
von wissen, was bei Black Rock vorgegangen war. Die Poli-
zisten John Hart und Nab Walker waren mit Wells jedenfalls
nach Washington zurückgekehrt, und Mr. Ward konnte sich
nach Anhörung ihres Berichts wegen meines Todes keinem
Zweifel mehr hingeben. Die Sachlage war ja kurz folgende:
Entweder war ich, als die ›Terror‹ die Bucht verließ und
mich am Tau ihres Ankers nachschleppte, im Eriesee er-
trunken, oder ich befand mich, wenn man mich an Bord
der ›Terror‹ aufgenommen hatte, in den Händen ihres Ka-
pitäns.
Im ersten Fall blieb nichts anderes übrig, als um John
Strock, den Oberinspektor der Polizei in Washington, zu
trauern. Und im zweiten . . . konnte man denn die Hoffnung
nähren, diesen jemals wiederzusehen?
Wie berichtet, fuhr die ›Terror‹ den Rest der Nacht und
den folgenden Tag über den Eriesee hin. Gegen 4 Uhr be-
gannen in der Nähe von Buffalo zwei Torpedojäger das
Fahrzeug zu verfolgen, und diesem gelang es, teils durch
seine größere Fahrgeschwindigkeit, teils durch zeitweiliges
Untertauchen, ihnen zu entkommen.
Eilten sie ihm auch noch zwischen den Ufern des Nia-
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garastroms nach, so mußten sie hier doch haltmachen, da
die Strömung
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