Herr der zwei Welten
nur den Sinn der übermittelten Sprache wahr. Nicht die gesprochenen Worte. So gibt es hier keinerlei Verständigungsschwierigkeiten. Ist doch ganz praktisch.“
Julie überlegte. Eugeñio beobachtete ihre Reaktion. Am liebsten hätte er sich nun doch wieder in ihre Gedanken geklinkt. Aber da sagte sie schon:
„Ja, ich glaube ich verstehe. Irgendwas, sagen wir die Luft, arbeitet hier als Freihandübersetzter. Ist es so? „
Als Eugeñio nickte, fügte sie hinzu:
„Ich hoffe doch, dass das hier besser funktioniert als Google!“
Eugeñio zog sie zu sich, seine Hände waren auf einmal überall. Sie hatten genug geredet. Jetzt wollte er nur noch eins und Julie war mehr als bereit, es ihm zu geben.
Erst Stunden später schliefen sie eng aneinander gekuschelt ein. Sie hatten eine Nacht der Liebe hinter sich und fühlten sich erschöpft und glücklich. Ein sachter Wind wehte durch die Höhlenöffnung und strich über ihre nackten, erhitzten Körper.
*
D ie Tage vergingen und Julie hatte die Geschichte über den Merlock schon längst vergessen. Das Wetter hatte sich ja auch wirklich noch nicht verändert. Es war warm und die beiden Sonnen schenkten ihnen noch immer viel Freude. Außerdem hatte auch niemand irgendwelche Vorbereitungen getroffen, die vielleicht darauf schließen ließen, dass so etwas wie die Kalte Zeit kommen könnte. Und so fühlte Julie sich einfach weiterhin wie im siebten Himmel.
Als Julie an diesem Morgen erwachte, so wie immer, eng umschlungen mit Eugeñio, war das Erste, was sie spürte, seine Wärme. Dann jedoch zuckte sie zusammen. Etwas war auf ihren Bauch gesprungen. Julie lachte und kraulte das weiche Fell des Türkisch Angorakater. Noch einmal streckte sie sich und merkte, wie Eugeñio sich aufsetzte. Doch dann war sie wach. Es herrschte ein merkwürdiges Halbdunkel in der Höhle; es war ein ganz anderes Licht wie sonst. Sie überlegte noch, ob sie sich das nur einbildete, doch dann hörte sie einen lauten Ruf. Erschrocken sprang Julie vom Lager auf.
„Der Ruf nach dem Heiler!“ Julie schnappte nach Luft. Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. Die Erinnerung an das letzte Mal, als sie diesen Ruf gehört hatte, drehte ihr den Magen um. Damals war es um Karon gegangen und die Gedanken an seine schreckliche Krankheit standen ihr jetzt wieder vor Augen. So unbekleidet wie sie war hetzte Julie vor die Höhle. Eugeñio war sofort neben ihr.
„Oh!“ stieß er hervor und umfasste sie sofort.
„Was …?“Julie war fassungslos.
Die ganze Umgebung glänzte unter einer dicken, hellblauen Schicht, die das ganze Land wie Puderzucker überzog.
„Schnee! Oh Gott, wie schön!“
Julie ging in die Knie und ließ den weichen, pulvrigen Schnee durch die Hände gleiten. Er war eiskalt. Genau wie in ihrer Welt. Aber er fühlte sich trotzdem anders an. Irgendwie Kristallener. Julie hatte eine kleine Menge in der Hand, die sie nun eingehender betrachtete. Er bestand aus winzig kleinen runden Teilchen, die lose übereinander lagen. Julie öffnete ihre Handfläche und der Schnee rieselte flirrend zu Boden. Er glänzte wie tausend blaue Edelsteine!
Obwohl Julie den Schnee ihrer Heimat gehasst hatte, fand sie den hier einfach zauberhaft! Sie fühlte sich plötzlich in eine echte Märchenwelt versetzt. Eugeñio hatte sich ebenfalls etwas Schnee gegriffen. Kurz blitzten seine Augen auf und schon hatte Julie den Schnee im Gesicht. Er fühlte sich herrlich weich an. Immer wieder bückte er sich und immer mehr Schnee rieselte auf ihren Kopf. Ihr blondes Haar hatte bald einen blauen Schimmer. Julie lachte und bückte sich auch wieder. Lachend warf sie den Schnee, rannte weg und bückte sich erneut. Nur gut, dass er nicht die Schnelligkeit nutzte, zu der er fähig war. Sie lachten und rannten und bewarfen sich mit dem weichen herrlichen Schnee. Doch dann fiel ihr der Ruf wieder ein. Sie blieb stehen und Eugeñio spürte ihre Reaktion sofort. Er ließ den Schnee, den er in den Händen gehalten hatte, fallen und folgte ihrem Blick. Sie suchte den Himmel ab. Eugeñio entdeckte das Flugobjekt beinahe in dem Moment, als er in den Himmel schaute. Es kreiste direkt über TsiTsis Höhle, ehe es zu Landung ansetzte.
„Das Baby!“ rief Julie begeistert und rannte los. Eugeñios Arme stoppten sie.
„Willst du dir nicht erst mal was anziehen?“ Er schmunzelte sie an.
Völlig aufgeregt rannte Julie zurück zur Höhle, schlüpfte in ihre Sachen, die kaum geeignet waren, solchen Temperaturen, wie sie an
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