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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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erlebt.“ Julie schluchzte zwar noch immer, aber jetzt war es mehr ein stilles Zucken ihres Oberkörpers, nicht mehr das laute, verzweifelte Jammern. Sie umklammerte die Schultern ihrer Schwester und langsam verebbte auch das Zittern. Tina hatte ihr Streicheln wieder aufgenommen und fragte jetzt leise:
    „Schatz, vielleicht hast du das alles nur geträumt?“ Ihre Hand suchte Julies Stirn. Als ob sie sehen wollte, ob sie sich vielleicht heiß anfühlte.
    „Ich habe kein Fieber und ich habe auch nicht geträumt!“ sagte Julie fest.
    Sie wunderte sich, dass ihre Stimme noch so ruhig klang, denn das war sie nicht. Sie konnte nicht fassen dass, nach allem, was sie erlebt hatte, nun auch noch ihre Schwester an ihr zweifelte. Wie konnte Tina nur denken, dass sie sich das alles nur eingebildet hatte? Julie kochte.
    „Wo soll denn das alles passiert sein?“ fragte Tina jetzt auch noch. Julie hätte am liebsten geschrien. Doch sie beherrschte sich. Es hätte keinen Sinn, wenn sie jetzt laut würde. Außerdem hatte Julie Angst, dass sie dann die ganze Wut, die sich in ihr gestaut hatte, über Tina entladen würde. Und das war ganz und gar nicht das, was sie wollte.
    „Oben, am Wasser.“ Gab sie deshalb auch nur emotionslos zurück.
    „Ich konnte nicht schlafen und da bin ich eben raus. Da kam dieser …“ sie schluckte. Ihr Speichel schmeckte bitter. „Oh Gott, Tina! Dieser Mistkerl, er wollte mich vergewaltigen! Aber dann … flog er einfach so durch die Luft. Als ob ein Riese ihn von mir gezogen hätte. Einfach so! – Oh Gott- aber ich habe niemanden gesehen.- Keinen Menschen. – Verstehst du das? Eigentlich habe ich nicht einmal ihn mehr gesehen. Er war einfach weg. – Tina …“
    Auf einmal musste sie lachen. Laut und hysterisch. Tinas Blick wurde immer ängstlicher.
    „Julie! Julie, beruhige dich doch!“ sagte sie und nahm Julie an den Schultern und schüttelte sie. Aber nur kurz. Dann fühlte Julie, wie sie fest an Tina gezogen und wieder gestreichelt wurde.- Julie konnte ihr Lachen endlich wieder einstellen, aber nun kamen die Tränen wieder. Nach einigen Minuten, in denen sie nicht wusste, ob sie nun lachen oder weiter weinen sollte, hatte sie sich endlich wieder in der Gewalt.
    Sie sah ihre Schwester jetzt direkt an.
    „Du hältst mich für total übergeschnappt, richtig?“ fragte sie tonlos.
    Sie hätte selber nicht sagen können, weshalb sie das so überraschte. Schließlich musste sie sich eingestehen, klang diese ganze Geschichte wirklich ziemlich fantastisch. Zumindest der Teil, der ihre Rettung betraf.
    Doch Tina schüttelte den Kopf.
    „Nein. Draußen warst du. Das sehe ich ja an deinen Füßen. Hast du denn keine Schuhe angehabt? – Julie hast du vielleicht was geraucht?“
    Das war nun wirklich der Gipfel! Julie fauchte regelrecht.
    „Du glaubst mir also nicht?! Ich bin also nach deiner Meinung wirklich irre? – Warte! Und was bitte ist das dann?“
    Sie hatte ihre Jeans geöffnet und zeigte auf den zerrissenen Slip, der noch immer um ihre Hüften hing. Julie hatte rote Striemen an den Innenseiten ihrer Schenkel. Tina schloss entsetzt die Augen.
    Julie tat es schon wieder leid, ihre Schwester so angeschrien zu haben. Schließlich hatte sie sich doch selber grade erst gesagt, dass ihre Geschichte nicht leicht zu glauben war. Hoffentlich war nicht auch noch Detlef aufgewacht. Das konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen. Aber zumindest glaubte Tina ihr jetzt. Das stand jetzt ganz deutlich in ihrem Gesicht.
    „Mein Gott, Julie! Was machen wir jetzt? Wir müssen die Polizei benachrichtigen.“
    „Nein!" Julie schüttelte den Kopf. Sie wollte keine Polizei. Wie hätte sie erklären sollen, was genau passiert war? Sie konnte es sich ja selber nicht erklären! Nein, sie konnte nicht zur Polizei gehen.
    „Es ist ja nichts passiert. Tina bitte versteh´ doch! Ich werde bestimmt nie wieder alleine gehen. Ich verspreche es Dir! Aber bitte lass es unser Geheimnis bleiben! Ich will einfach nicht mehr darüber reden müssen. Verstehst du das? Außerdem hatte ich ja Hilfe.“ Plötzlich hatte Julie das Gefühl, nicht mehr weiter reden zu können. In ihrem Kopf überschlugen sich Gedanken, deren Sinn sie einfach nicht festhalten konnte. Sie strich sich mit der Hand übers Gesicht und befreite sich aus Tinas Umarmung.
    „Ich weiß nur nicht wer.“ Sagte sie leise. „Geh bitte wieder schlafen, und sag auch Detlef nichts davon. Bitte! “
    Tina schüttelte zwar den Kopf, strich ihr eine verklebte

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