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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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meinte, dieser Dschungel nehme ihm die Luft zum Atmen. Aber er wusste auch, seine Frau und seine Kinder vertrauten auf ihn. Wenn er dieses Vertrauen nicht bestärkte, indem er furchtlos tat, dann würden sie hier schon vor Angst sterben. Nein, er musste sich zusammennehmen! Also lief er weiter, die anderen hinterher. Sie mussten sich einen Weg durch Gestrüpp und riesige Pflanzen bahnen; man konnte dieses massige Grün fast nicht überblicken. Pieter erwartete jederzeit von etwas angegriffen zu werden, dass sie in diesem Dschungel nicht sehen konnten. Doch nach etwa einer halben Stunde, lichtete sich das Gewirr aus Pflanzen etwas. Je weiter sie gingen, desto niedriger wurden die Pflanzen, desto spärlicher wurde dieser seltsame Bewuchs. Die Luft roch noch immer gleichbleibend süß. Aber sie hatten sich wohl schon an diesen Geruch gewöhnt, denn Pieter musste sich konzentrieren, um ihn überhaupt noch wahrzunehmen. Nach etwa einer weiteren halben Stunde, wenn ihr Zeitgefühl überhaupt noch funktionierte, in der sie sich hin und wieder noch mit knorrigen Ästen und klebrigen Pflanzen herumgeschlagen hatten, gelangten sie auf eine Lichtung. Der Boden war hier fast ausschließlich mit Gras bewachsen. Doch war das Gras hier nicht grün, sondern hatte durchweg eine bläuliche Farbe. Etwa so wie die Festuca-Gräser, die Pieter aus dem Garten seiner Eltern kannte. Es sah eigentlich wunderschön aus. Liz sah das wohl genauso, denn sie lächelte, als sie sich jetzt umsah.
    „Sieht aus, als wären wir bei Walt Disney.“ sagte sie.
    Der Morgentau lag noch auf den Halmen und glitzerte grün in diesem gelben Licht. Die Töpfchen sahen aus, als wären sie zierliche grüne Kristalle. Liz war noch damit beschäftigt, dieses gewaltige Farbspektrum zu bestaunen, als Kai etwas entdeckt hatte.
    „Schaut mal her! Das sieht doch aus wie Bananen!“
    Er hielt etwas hoch, das wirklich einige Ähnlichkeit mit einer Bananenstaude aufwies. Nur dass die Schale der Früchte nicht gelb, sondern von einem kräftigen Orange war. Kai legte die Staude wieder auf den Boden und machte sich daran, eine der Früchte zu schälen. Das Fruchtfleisch hatte dieselbe Farbe wie das Gras hier; es war blau. Vorsichtig, als könne die Frucht beißen, hob Kai sie auf und roch daran.
    „Was meint ihr, können wir die essen? Ich habe einen Bärenhunger!“
    Pieter nahm seinem Sohn die Frucht aus der Hand. Skeptisch drehte er sie in der Hand.
    „Keine Ahnung Junge, aber wenn wir nicht verhungern wollen, sollten wir es versuchen.“ Er biss vorsichtig ein kleines Stückchen aus der Frucht. Dann ließ er einige Minuten vergehen, in der Julie und die anderen ihn ängstlich und hoffnungsvoll ansahen.
    „Schmeckt wirklich wie Banane.“ kommentierte Pieter dann und hielt sie den anderen hin.
    Julie überlegte kurz, ehe sie sich auch eine Frucht nahm. Man konnte ja nicht wissen, vielleicht war nur der Geschmack derselbe, vielleicht war diese Frucht hier wirklich giftig? Aber dann entfernte auch sie die Schale und kostete von der fremden Frucht. Schließlich mussten sie sie probieren, wollten sie nicht verhungern. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Julie spürte förmlich, wie sich ihr leerer Magen auf die fremde Mahlzeit freute. Gierig langte sie zu.
    Plötzlich hörte sie jemanden rufen.
    „He, was seid ihr denn für merkwürdige Wesen? Passt gefälligst auf, wo ihr hintretet!“
    Julie war so erschrocken, dass ihr die Frucht aus den Händen fiel. Verwundert blickte sie sich um. Doch die Stimme war direkt aus dem hohen Gras gekommen. Julie durchsuchte mit den Augen das Gras. Nichts.
    Doch dann begann sich das Gras langsam zu teilen. Ähnlich wie wogende Ähren es im Film machten. Ein kleines, merkwürdig aussehendes Wesen bahnte sich seinen Weg durch die hohen Halme. Steff jauchzte vor Entzücken. Verwundert schickte Julie ihr einen kurzen Blick. So konnten wirklich nur Kinder sein, dachte sie. Doch das Wesen sah wirklich so aus, wie sich ein Kinderherz einen Zwerg erträumte. Es war höchstens 90 cm hoch und hatte eine blaue Hautfarbe, die ihm in dem blauen Gras eine hervorragende Tarnung gab. Aber ansonsten sah dieser Wicht ganz genauso aus wie ein Mensch.
    „Ein Schlumpf!“ sagte Kai neben Julie.
    Tatsächlich erinnerte der Zwerg an eine dieser kleinen Wichte. Als wenn er den Machern dieser Zeichentrickfiguren Model gestanden hätte! Nur sein Gesichtsausdruck war überhaupt nicht kindlich, sondern eher von einem fast tödlichen Ernst.
    „Fehlt nur noch

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