Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
der Vorschlag genauso gut wie jeder andere. Nynaeve schloß also die Augen, und erneut wurde jene Verschiebung spürbar.
    Als sie sich umsah, stand sie am von der Tür entfernten Ende des schmalen Durchgangs vor einer hüfthohen hölzernen Truhe, die aussah, als habe man sie mit Vorschlaghämmern bearbeitet. Die Eisenbeschläge schienen nur noch aus Rost zu bestehen. Nynaeve konnte sich keinen unwahrscheinlicheren Aufbewahrungsort für etwas Nützliches, besonders einen Ter'Angreal, vorstellen. Elayne stand neben ihr und sah die Truhe an.
    Nynaeve legte eine Hand auf den Deckel - die Scharniere würden sich problemlos bewegen lassen -und hob ihn an. Sie hörte noch nicht einmal die Andeutung eines Quietschens. Drinnen lagen zwei stark verrostete Schwerter und ein braun verfärbter Brustharnisch mit einem großen Loch auf einem Durcheinander von in Lumpen gehüllten Paketen und einem Haufen von Unrat, der zum Teil von einer Kleiderpresse zum Bügeln zu stammen schienen, zum Teil geradewegs aus einigen Küchen.
    Elayne tastete nach einem kleinen Kessel mit abgebrochenem Schnabel. »Vielleicht nicht Wochen, aber zumindest den Rest der Nacht.«
    »Noch einmal?« schlug Nynaeve vor. »Es kann nicht schaden.« Elayne zuckte die Achseln. Augen zu. Not.
    Nynaeve streckte die Hand aus und sie berührte etwas Hartes, Rundes, das in zerschlissenen Stoff gehüllt war. Als sie die Augen öffnete, sah sie, daß Elaynes Hand neben der ihren ruhte. Das Grinsen der jüngeren Frau war so breit, daß es ihr Gesicht in zwei Hälften zu teilen schien.
    Es herauszuholen war nicht ganz einfach. Es war nicht klein, und sie mußten zerfledderte Mäntel und verbeulte Töpfe und Pakete beiseite räumen, die in ihren Händen zerfielen und Skulpturen, geschnitzte Tierfiguren und alle Arten von Schrott umhüllen. Sobald sie den Gegenstand freigelegt hatten, mußten sie ihn gemeinsam festhalten: eine breite, abgeflachte Scheibe, die in verrottetes Tuch gehüllt war. Als sie die Hülle beseitigt hatten, stellte es sich als eine flache Schale aus dickem Kristall heraus, die mehr als zwei Fuß im Durchmesser maß und innen am tiefsten Punkt mit etwas wie quellenden Wolken graviert war.
    »Nynaeve«, sagte Elayne bedächtig, »ich glaube, das ist...«
    Nynaeve fuhr zusammen und hätte beinahe die Schale fallen gelassen, als diese sich plötzlich wäßrig blau verfärbte und sich die eingravierten Wolken langsam verschoben. Einen Herzschlag später war das Kristall wieder klar, und die Wolken standen still. Aber sie war sicher, daß sich die Wolken nicht mehr am gleichen Fleck befanden wie zuvor.
    »Es ist einer«, rief Elayne. »Es ist ein Ter'Angreal Und ich verwette alles darauf, daß er mit dem Wetter zu tun hat. Aber ich bin nicht stark genug, um allein mit ihm zu arbeiten.«
    Nynaeve sog erst einmal tief Luft ein und bemühte sich, ihren Herzschlag zu beruhigen. »Mach das nicht! Ist dir nicht klar, daß du dich selbst ausbrennen könntest, wenn du mit einem Ter'Angreal arbeitest, von dem du nicht einmal weißt, wozu er dient?«
    Das törichte Mädchen warf ihr doch tatsächlich einen überraschten Blick zu. »Wir sind schließlich genau deshalb hierhergekommen, Nynaeve. Und glaubst du, es gäbe irgend jemand, der mehr von Ter'Angreal versteht als ich?«
    Nynaeve schnaubte. Nur weil die Frau recht hatte, hieß das nicht, daß man ihr nicht einen kleinen Warnschuß verpassen sollte. »Ich bestreite ja gar nicht, daß es wundervoll wäre, wenn dieses Ding hier etwas an dem Wetter ändern könnte - bestimmt kann es das -, aber ich sehe nicht ein, was es uns nützen könnte. Das wird den Saal in bezug auf Rand und seine notwendige Unterstützung auch nicht weiter beeinflussen.«
    »Was man braucht, ist nicht immer das, was man haben möchte«, zitierte Elayne. »Lini hat das immer gesagt, wenn sie mich nicht zum Reiten wegließ oder wenn ich nicht auf Bäume klettern durfte, aber vielleicht kann man es auch hier anwenden.«
    Nynaeve schnaubte erneut. Es mochte ja zutreffen, aber jetzt wollte sie einfach das haben, was sie wünschte. War das zuviel verlangt?
    Die Schale verblich in ihren Händen, und nun war es an Elayne, überrascht zusammenzufahren und zu murren, daß sie sich niemals daran gewöhnen werde. Auch die Truhe war wieder geschlossen.
    »Nynaeve, als ich die Macht in diese Schale lenkte, spürte ich... Nynaeve, das ist nicht der einzige Ter'Angreal in diesem Raum. Ich glaube, es sind auch Angreal hier, vielleicht sogar

Weitere Kostenlose Bücher