Herr des Chaos
ledern. »Fürchtet die Aes Sedai nicht, Baumtöter.« Plötzlich tanzte eine winzige blaue Flamme vor ihr in der Luft. Sie konnte die Macht lenken!
Sie ließ die Flamme verschwinden, als sie Pläne schmiedeten, aber in Perrins Gedanken blieb sie bestehen. Klein und schwach flackernd, schien sie irgendwie eine stärkere Kriegserklärung als Trompeten, einen Kampf bis aufs Messer zu liefern.
»Wenn Ihr mit uns zusammenarbeitet«, sagte Galina leutselig, »wird Euer Leben erfreulicher sein.«
Das Mädchen erwiderte ihren Blick mürrisch und regte sich auf ihrem Stuhl, wobei sie noch immer leichte Schmerzen empfand. Sie schwitzte heftig, obwohl sie die Jacke ausgezogen hatte. In dem Zelt mußte es heiß sein. Galina vergaß die Temperatur manchmal vollkommen. Sie wunderte sich nicht zum ersten Mal über diese Min, oder Elmindreda oder wie auch immer sie in Wirklichkeit hieß. Als Galina ihr zum ersten Mal begegnet war, war sie wie ein Junge gekleidet gewesen und hatte sich in Begleitung Nynaeve al'Mearas und Egwene al'Veres befunden. Elayne Trakand war auch dabeigewesen, aber nur die anderen beiden waren mit al'Thor verbunden. Beim zweiten Mal hatte sich Elmindreda als die Art Frau erwiesen, die Galina haßte, schwierig und schmachtend und so sehr unter dem persönlichen Schutz Siuan Sanches stehend, daß es keinen Unterschied machte. Galina konnte nicht verstehen, wie Elaida jemals so töricht sein konnte, ihr zu erlauben, die Burg zu verlassen. Welches Wissen schlummerte im Geist dieses Mädchens? Vielleicht würde Elaida sie nicht sofort wiederbekommen. Wenn das Mädchen in der Burg richtig eingesetzt würde, könnte sie es Galina sogar ermöglichen, Elaida wie eine Schwalbe zu fangen. Dank Alviarin war Elaida eine dieser starken, fähigen Amyrlins geworden, die jeden Zügel fest in die eigene Hand nahmen. Sie gefangenzusetzen, würde Alviarin sicherlich schwächen. Wenn sie genau jetzt richtig eingesetzt würde...
Eine Veränderung der Stränge, die sie gespürt hatte, ließen Galina sich jäh aufrichten. »Ich werde erneut mit Euch sprechen, wenn Ihr Zeit zum Nachdenken hattet, Min. Überlegt Euch sorgfältig, wie viele Tränen ein Mann wert ist.«
Als Galina draußen war, fauchte sie den wachhabenden Behüter an. »Bewacht sie dieses Mal besser.« Carilo war während des Zwischenfalls in der letzten Nacht nicht auf seinem Posten gewesen, aber die Gaidin waren verweichlicht. Wenn sie überhaupt eine Daseinsberechtigung hatten, sollten sie wie Soldaten behandelt werden und nicht wie Höhergestellte.
Sie ignorierte seine Verbeugung und entfernte sich auf der Suche nach Gawyn vom Zelt. Dieser junge Mann war in sich gekehrt und viel zu still, seit al'Thor gefangengenommen worden war. Sie würde ihn nicht alles dadurch verderben lassen, daß er seine Mutter zu rächen versuchte. Kurz danach sah sie Gawyn am Rande des Lagers auf seinem Pferd sitzen und sich mit der Gruppe Jungen unterhalten, die sich ›die Jünglinge‹ nannten.
Sie hatten heute unvermeidlicherweise früh angehalten, und die Nachmittagssonne ließ die Zelte und Wagen neben der Straße lange Schatten werfen. Wogende Ebenen und niedrige Hügel umgaben das Lager, und nur wenige vereinzelte Dickichte waren zu sehen, die zumeist karg und niedrig waren. Dreiunddreißig Aes Sedai und ihre Diener - und Behüter; neun waren Grüne, nur dreizehn Rote und der Rest Weiße, Alviarins frühere Ajah - bildeten bereits ein Lager erheblichen Ausmaßes, auch wenn man Gawyn und seine Soldaten nicht mit hinzurechnete. Einige Schwestern standen vor ihren Zelten oder schauten hinaus, da sie dasselbe wie Galina empfunden hatten. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit waren sieben Aes Sedai, von denen sechs auf Stühlen rund um eine messingbeschlagene Kiste saßen, die dort stand, wo sie alle noch verbliebene Kraft der Sonne aufnehmen konnte. Die siebte Aes Sedai war Erian. Sie hatte sich kaum von der Kiste entfernt, seit al'Thor gestern abend wieder hineingesteckt worden war. Er hatte einmal herauskommen dürfen, als sie Cairhien verlassen hatten, aber Galina vermutete, daß Erian ihn für den Rest der Reise in die Kiste einsperren wollte.
Die Grüne wandte sich zu ihr um, sobald sie in ihre Nähe kam. Erian war für gewöhnlich recht hübsch, ihr Gesicht ein blasses, fein gemeißeltes Oval, - aber jetzt überzog Karmesinrot ihre Wangen, und ihre schönen dunklen Augen waren rot gerändert. »Er hat den Schild erneut zu durchbrechen versucht, Galina.« Zorn vermischte sich
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