Herr des Chaos
»Man hat mir gesagt, daß an dem Tag, an dem er fortging, auch nur drei zu ihm kamen.« Er folgte Faile jetzt ein wenig eiliger. Sie sprang wieder von ihrem Stuhl auf und trat erneut an Loials Seite. Loial hatte den Kopf in die Hände gelegt und stöhnte leise. Berelain schlich Perrin mit geweiteten Augen nach - das vollkommene Bild einer schutzsuchenden Frau. Licht, sie roch entschlossen!
Perrin wirbelte zu ihr herum und stieß die starren Finger so fest gegen ihre Brust, daß sie aufschrie. »Hört sofort auf!« Er erkannte jäh, wo genau seine Finger lagen und riß sie zurück, als hätte er sich verbrannt Es gelang ihm jedoch, einen harten Tonfall beizubehalten. »Bleibt hier stehen!« Er wich vor ihr zurück und sah sie mit einem Blick an, der eine Mauer hätte bersten lassen können. Er konnte verstehen, warum ihm Failes Eifersucht wie eine Wolke in die Nase stieg, aber warum nur roch sie noch verletzter als zuvor?
»Nur wenige Männer können mir Gehorsam abverlangen«, sagte Berelain leise lachend, »aber ich glaube, Ihr gehört dazu.« Ihr Gesicht und Tonfall - und noch wichtiger: ihr Geruch - wurden ernst. »Ich habe in den Räumen des Lord Drache nachgesehen, weil ich mir Sorgen machte. Jedermann wußte, daß die Aes Sedai gekommen waren, um ihn nach Tar Valon zu geleiten, und ich konnte nicht verstehen, warum sie aufgegeben hatten. Ich erhielt selbst nicht weniger als zehn Besuche von verschiedenen Schwestern, die mich anwiesen, was ich tun sollte, wenn er mit ihnen zur Burg zurückkehren würde. Sie schienen sich ihrer Sache sehr sicher zu sein.« Sie zögerte, und obwohl sie Faile nicht ansah, gewann Perrin den Eindruck, daß sie überlegte, ob sie etwas Bestimmtes in ihrer Gegenwart sagen sollte. Und auch in Dobraines Gegenwart, aber vor allem in Failes. »Man hat mir sehr deutlich gemacht, daß ich nach Mayene zurückkehren sollte, und daß ich, wenn ich es nicht täte, sehr wohl dorthin geleitet werden könnte.«
Sulin murrte leise etwas, aber Perrins Ohren konnten es deutlich verstehen. »Rhuarc ist ein Narr. Wenn sie wirklich seine Tochter wäre, hätte er keine Zeit mehr für etwas anderes, weil er sie ständig schlagen müßte.«
»Zehn?« fragte Dobraine. »Ich erhielt nur einen Besuch. Ich dachte, sie sei enttäuscht, als ich ihr deutlichmachte, daß ich dem Lord Drache Treue geschworen hatte. Aber ob zehn Besuche oder keiner - Colavaere ist der Schlüssel. Sie weiß genauso gut wie jeder andere, daß der Lord Drache den Sonnenthron für Elayne Trakand bestimmt hat.« Er verzog das Gesicht. »Elayne Damodred sollte sie sein. Taringail hätte darauf bestehen sollen, daß sie in das Haus Damodred einheiratet, anstatt in Trakand einzuheiraten. Sie brauchte ihn so sehr, daß sie es getan hatte. Nun, Elayne Trakand oder Elayne Damodred - sie hat genauso viel Anspruch auf den Thron wie jeder andere und einen weitaus größeren Anspruch als Colavaere, und doch bin ich davon überzeugt, daß Colavaere Maringil und Meilan töten ließ, um sich ihren Weg zum Thron zu sichern. Das hätte sie niemals gewagt, wenn sie geglaubt hätte, daß der Lord Drache zurückkehrt.«
»Darum also.« Berelain runzelte beunruhigt die Stirn. »Ich habe Beweise dafür, daß sie einen Diener angewiesen hat, Gift in Maringils Wein zu geben - sie war sorglos, und ich hatte zwei gute Diebefänger bei mir -, aber ich wußte nicht warum.« Sie beugte leicht den Kopf und zeigte sich damit für Dobraines bewundernden Blick erkenntlich. »Sie wird dafür hängen, wenn es eine Möglichkeit gibt, den Lord Drache zurückzuholen. Wenn nicht, fürchte ich, daß wir alle sehen müssen, wie wir am Leben bleiben.«
Perrins Hand krampfte sich um die Schwertscheide. »Ich werde ihn zurückholen«, grollte er. Dannil und die beiden anderen Männer von den Zwei Flüssen konnten noch nicht weiter als auf halbem Weg nach Cairhien sein, da sie die Wagen mit sich führten. Und da waren die Wölfe. »Und wenn ich allein gehen muß - ich werde ihn zurückholen.«
»Nicht allein«, sagte Loial, und es klang wie aufeinander mahlende Steine. »Niemals allein, wenn ich hier bin, Perrin.« Seine Ohren drehten sich plötzlich verlegen. Er schien stets verlegen zu werden, wenn jemand merkte, daß er mutig war. »Immerhin wird mein Buch kein allzu gutes Ende finden, wenn Rand in der Burg gefangen ist. Und ich kann kaum über seine Rettung schreiben, wenn ich nicht dabei bin.«
»Ihr werdet nicht allein gehen, Ogier«, sagte Dobraine. »Ich kann bis
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