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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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das vor ihm heraufbeschworen wurde, begegnet war: gleißende und schwarzgraue Schrecken, stumme Schrecken und Schrecken wie Fanfarenstöße, alle frisch herausgerissen aus dem Gefüge seines Gedächtnisses und noch tropfend von den Emotionen, die sie einst bei ihrem ersten Eintritt in sein Leben begleitet hatten; in sein Leben, das nun vorüber war.
    Was von Sam und der Diebin übriggeblieben war, wurde in einer Prozession zu dem Scheiterhaufen am Weltende gebracht, auf die Hölzer und Stoffe gelegt und unter Gesang verbrannt. Agni hatte seine Schutzbrille hochgezogen und den Scheiterhaufen kurz angeblickt. Sofort waren die Flammen emporgelodert. Vayu-Herr hatte seine Hand erhoben, und ein Wind war eingefallen, um das Feuer anzufachen. Als es vorbei war, hatte Schiwa mit einer Drehung seines Dreizacks die Asche aus der Welt hinausgefegt.
    Alles in allem betrachtet, war es eine ebenso gründliche wie beeindruckende Bestattungszeremonie.
    Die Hochzeit nahm ihren Verlauf. Lange hatte man dergleichen im Himmel nicht mehr gesehen, und nun setzte sich die ganze Kraft der Tradition durch. Die Meilenspitze strahlte blendend hell wie ein Stalagmit aus Eis. Das Schicksal hatte sich erfüllt, und die Phantomkatzen schlichen wieder erblindet durch die Straßen der Stadt. Es war, als ob der Wind über ihr Fell striche; sollten sie eine breite Treppe emporklettern, war es für sie ein Felshang; die Gebäude waren Klippen und die Statuen Bäume. Die Winde, die durch den Himmel kreisten, trugen Lieder weit übers Land. Auf dem Platz im zentralen Kreis der Stadt wurde ein heiliges Feuer entzündet. Jungfrauen, die nur für diese Gelegenheit in den Himmel geholt worden waren, speisten dieses Feuer mit einem sauberen, trockenen und aromatischen Holz, das sehr wenig Rauch entwickelte, während es knackend brannte; nur gelegentlich verpuffte es eine Wolke von reinstem Weiß. Surya, die Sonne, schien auf den Himmel mit einer solchen Strahlkraft herunter, daß der Tag vor Klarheit geradezu zitterte. Der Bräutigam wurde von einer großen Prozession von Freunden und Gefolgsleuten, die alle in Rot gekleidet waren, quer durch die Stadt zum Pavillon der Kali begleitet, wo sie alle von den Bediensteten der Göttin eingelassen und in den großen Bankettsaal geführt wurden. Dort amtierte als Hausherr Kubera und verteilte den Zug der Scharlachfarbenen - es waren dreihundert an der Zahl - über die im Wechsel schwarzen und roten Stühle an den langen Schwarzholztischen, in deren Platten Knochen eingelegt waren. Dort, in dieser Halle setzte man ihnen allen dann den Madhuparka-Trank vor, einen Sud aus Honig,
    Dickmilch und psychedelischen Kräften; und sie schlürften ihn gemeinsam mit den blaugekleideten Gefolgsleuten der Braut, die die Halle mit Doppelbechern in den Händen betreten hatten. Der Zug der Blauen zählte ebenfalls dreihundert; und als sie sich alle gesetzt und als alle von dem Madhuparka getrunken hatten, hielt Kubera eine kurze Ansprache, flocht darin einige derbe Späße ein, aber auch Worte praktischer Weisheit und zitierte gelegentlich die altüberlieferten Schriften. Danach brach die Schar des Bräutigams zum Pavillon auf dem Platz auf; ebenso der Zug der Braut, doch näherte er sich dem Platz aus einer anderen Richtung. Yama und Kali betraten getrennt voneinander den Pavillon und ließen sich beiderseits eines kleinen Vorhangs nieder. Viele alte Lieder wurden gesungen, dann zog Kubera den Vorhang zur Seite, und zum ersten Mal an diesem Tag sahen die beiden einander. Kubera hielt nun eine zweite Ansprache und gab Kali in die Obhut Yamas, dem dafür das Versprechen abgefordert wurde, ihr Fürsorge, Reichtum und Freude zu schenken. Dann nahm Yama die Hand der Göttin, und Kali warf eine Handvoll Korn als Opfer in das Feuer, um das Yama sie herumführte; ihre Gewänder waren von einem Gefolgsmann der Göttin miteinander verknotet worden. Danach stieg Kali auf einen Mühlstein, und zu zweit gingen sie sieben Schritte nebeneinander, wobei Kali mit jedem Schritt einen kleinen Haufen Reis zertrat. Anschließend wurde für einen Zeitraum von mehreren Herzschlägen ein leichter Regen vom Himmel herabgerufen, um das festliche Ereignis mit Wasser zu segnen. Dann schlossen sich Gefolgsleute und Gäste zu einem einzigen Zug zusammen und durchquerten die Stadt in Richtung auf den dunklen Pavillon des Yama. Dort ging ein großes Feiern und Gelage an, und die Blutmaske wurde aufgeführt.
    Als Sam dem letzten Tiger ins Auge gesehen hatte, hatte

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