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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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schrie er.
    Er blickte nach oben und blinzelte, den Kopf prüfend nach rechts gewandt, in die Sonne.
    »Weg vom Pfad! Ins Unterholz!« rief er.
    Die Marschierenden gehorchten sofort. In Safran gekleidete Körper zuckten vom Pfad ins Gebüsch. Ratris Sänfte wurde unter die Bäume getragen. Die Göttin selbst stand jetzt an Yamas Seite.
    »Was ist?« fragte sie.
    »Hör doch!«
    Eine weitgeschwungene T-Form stieß mit einem ohrenbetäubenden Dröhnen vom Himmel herunter. Sie schoß über die Gipfel der Berge hinweg, überquerte das Kloster und zerfetzte die Rauchsäule. Unter den donnernden Explosionen, die den Flug des Gefährts begleiteten, während es durch Wind und Licht pflügte, erzitterte die Luft.
    »Der Zerstörer macht Jagd auf uns«, sagte Yama.
    »Der Donnerwagen!« schrie einer der Söldner und schlug mit der Hand ein Zeichen.
    »Schiwa zieht vorüber«, sagte ein Mönch, die Augen vor Furcht weit aufgerissen. »Schiwa, der Zerstörer.«
    »Hätte ich damals gewußt, wie gut ich den Wagen gebaut hatte«, sagte Yama, »ich hätte seine Benutzungsspanne absichtlich eingeschränkt. Gelegentlich bedauere ich meine Begabung.«
    Der Donnerwagen kreuzte unter der Brücke der Götter, zog in einem Schwenk über den Dschungel und drehte dann in südliche Richtung ab. Er geriet außer Sicht, und das Dröhnen verebbte. Schließlich herrschte Totenstille.
    Ein Vogel piepste kurz. Ein zweiter Vogel antwortete. Dann erst begann der Lärm des Lebens wieder, und die Wanderer kehrten auf den Pfad zurück.
    »Er wird wiederkommen«, sagte Yama, und er hatte recht damit.
    Zweimal noch waren sie an diesem Tag gezwungen, den Pfad zu verlassen, denn der Donnerwagen stob über ihre Köpfe hinweg. Als er zum dritten Male kam, kreiste er über dem Kloster, möglicherweise, um die Bestattungszeremonien zu beobachten, die dort im Gange waren. Dann fuhr er wie eine Bö über das Gebirge hinweg und war verschwungen.
    In dieser Nacht schlugen sie ihr Lager unter freiem Himmel auf, und auch in der zweiten Nacht standen nur die Sterne über ihnen.
    Der dritte Tag ließ sie den Fluß Diwa erreichen und die kleine Hafenstadt Kuna, wo sie sich das gewünschte Beförderungsmitte: beschafften, eine Barke, mit der sie noch in der gleichen Nach nach Süden aufbrachen, dorthin, wo sich der Diwa mit dem mächtigen Vedra vereinigte. An diesem Vedra lagen stromab die Kaimauern von Khaipur, ihrem Bestimmungsort.
    Während sie dahinglitten, lauschte Sam den Lauten des Flusses. Er stand auf dem schwarzen Deck, die Hände auf den hochgezogenen Bord des Bootes gestützt, und starrte hinaus über das Wasser. Der klare Himmel hob und senkte sich, und ein Stern beugte sich über den anderen.
    Da sprach ihn von irgendwo in der Nähe die Nacht mit der Stimme der Ratri an.
    »Du bist diesen Weg schon einmal gefahren, Tathagata.«
    »Viele Male«, entgegnete er.
    »Im Licht der Sterne zeigt der Diwa seine ganze Schönheit. Sieh nur, wie er dahinzieht, wie er sich kräuselt und windet.«
    »Wirklich.« »Unser Ziel ist Khaipur und der Palast des Kama. Was wirst du tun, wenn wir dort eingetroffen sind?«
    »Ich werde einige Zeit mit Meditation zubringen, Göttin.«
    »Und über was wirst du meditieren?«
    »Über meine vergangenen Leben und über die Fehler, die ich in jedem von ihnen gemacht habe. Ich muß mein eigenes Vorgehen ebenso überdenken wie das des Feindes.«
    »Yama glaubt, daß die Goldene Wolke dich verändert hat.«
    »Vielleicht hat sie das.«
    »Er denkt, daß sie dir deine Härte genommen und dich geschwächt hat. Du hast immer den Mystiker gespielt, aber nun glaubt Yama - bist du wirklich einer geworden, zu deinem eigenen und zu unserem Schaden.«
    Er schüttelte den Kopf, wandte sich um. Aber er sah sie nirgends. Hatte sie sich unsichtbar gemacht oder schon zurückgezogen? Er sprach leise und ohne Betonung:
    »Wenn es nötig ist, werde ich diese Sterne vom Himmel reißen«, erklärte er, »und sie den Göttern ins Gesicht schleudern. Ich werde jeden ihrer Tempel im Land entweihen. Wenn es nötig ist, werde ich - so wie ein Fischer mit seinem Netz auf Fang geht Leben fangen und Leben nehmen. Ich werde aufs neue zur Himmlischen Stadt emporsteigen, und wenn jeder Schritt auf diesem Weg eine Flamme wäre oder ein blankes Schwert, und wenn Tiger sich auf mich stürzten. Eines Tages werden die Götter vom Himmel herabblicken und mich auf den Stufen sehen, und ich werde ihnen das Geschenk bringen, das sie am meisten fürchten. An jenem Tag wird der

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