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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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zahlreich, um sie alle zu nennen.«
    Hawkana nickte lebhaft, nahm die Stute am Zügel und führte sie durch das Tor auf seinen Hof; dort hielt er dem Radscha den Bügel beim Absteigen, ehe er die Pferde den Stallburschen überließ und einen kleinen Jungen vor das Tor schickte, damit er die Straße säuberte, wo die Reiter angehalten hatten.
    In der Herberge wurden die Männer gebadet - während sie in der Marmorbadehalle standen, gossen Diener Wasser über ihre Schultern. Dann salbten sie sich, so wie es der Brauch für die Kriegerkaste vorschrieb, kleideten sich in frische Gewänder und gingen hinüber in den Speisesaal.
    Das Mahl zog sich den ganzen Nachmittag hin, bis die Krieger über die Zahl der Gänge die Übersicht verloren. Rechter Hand des Fürsten, der selbst am Kopfende einer langen, niedrigen Tafel saß, wanden sich drei Tänzerinnen durch ein verwickeltes Muster von Bewegungen. Dazu ließen sie ihre Fingerzimbeln klicken. Während vier verschleierte Musikanten die traditionelle Stundenmusik aufspielten, nahmen die Gesichter der Tänzerinnen in den angemessenen Augenblicken des Tanzes den angemessenen Ausdruck an. Die Tafel war mit einem reich gewirkten Gobelin in Blau, Braun, Gelb, Rot und Grün überzogen, der eine Reihe von Jagd- und Kampfepisoden darstellte: Reiter auf dem Rücken von Pferden oder Slizzards warfen sich, gerüstet mit Lanze und Bogen, auf Federpanda, Feuerhahn und die juwelenglitzernde Kommandopflanze; grüne Affen tummelten sich in den Baumkronen; der Garudavogel hatte mit seinen Krallen einen Himmelsdämon gepackt, hackte mit dem Schnabel und schlug mit den Schwungfedern auf ihn ein; aus den Tiefen des Meeres kroch ein Heer von Hornfischen, hellrote Korallenspitzen zwischen den zusammengepreßten Flossen; und vor ihnen eine Kampfreihe von Männern in Wams und Helm, die Lanzen und Fackeln hielten, um den Fischen den Weg aufs Land zu verwehren.
    Der Fürst sprach dem Mahl nur mäßig zu. Er tändelte mit den Speisen, lauschte der Musik, lachte gelegentlich über den Scherz eines seiner Männer.
    Er schlürfte einen Scherbett, und seine Fingerringe klirrten gegen die Wände des Glases.
    Hawkana trat zu ihm. »Ist alles nach Eurem Wunsch, Herr?« erkundigte er sich beflissen.
    »Ja, guter Hawkana, es ist alles recht«, erwiderte er.
    »Ihr eßt nicht wie Eure Männer. Mundet Euch mein Mahl nicht?«
    »Es sind nicht die Speisen, denn die sind ausgezeichnet, und es ist auch nicht die Art der Aufbereitung, denn die ist ohne Fehler, werter Hawkana. Es liegt vielmehr an meinem Appetit, der in letzter Zeit nicht sehr groß ist.«
    »Ah!« sagte Hawkana wissend. »Ich habe da etwas, genau das Richtige! Nur ein großer Herr wie Ihr wird es wirklich zu würdigen wissen. Es hat lange in einem besonderen Fach meines Kellers geruht. Der Gott Krischna hat es irgendwie vor dem Altern geschützt. Es ist Wein. Er hat ihn mir vor vielen Jahren geschenkt, weil meine Unterkunft ihm nicht gerade mißfiel. Ich werde ihn für Euch holen.«
    Er verneigte sich und verließ unter Bücklingen rückwärtsgehend die Halle.
    Als er zurückkehrte, hatte er eine Flasche bei sich. Bevor der Fürst noch das Etikett auf ihrem Bauch erkennen konnte, schloß er schon aus der Form der Flasche, was für ein Wein das war.
    »Burgunder!« rief er.
    »Ja, uralter Burgunder«, sagte Hawkana. »Aus dem vor vielen Menschenaltern untergegangenen Urath.«
    Er schnupperte daran und lächelte. Dann goß er ein kleines Quantum in ein perlförmiges Kelchglas und setzte es seinem Gast vor.
    Der Fürst erhob das Glas und sog das Bukett ein. Er kostete. Er schloß die Augen.
    Seinen Genuß achtend, schwiegen alle im Raum.
    Dann senkte der Fürst das Glas, und Hawkana goß von dem Saft der Pinot-noir-Traube nach. Die Pinot noir konnte in diesem Lande nicht angebaut werden.
    Der Fürst rührte das Glas nicht an. Statt dessen wandte er sich an Hawkana und sagte: »Wer ist der älteste Musikant in Eurem Haus?«
    »Mankara hier«, sagte sein Wirt, dabei auf einen weißhaarigen Mann deutend, der sich neben einem Aufwartetisch in einer Ecke des Saals ausruhte.
    »Alt an Jahren, aber nicht, was den Körper anlangt«, sagte der Fürst.
    »Oh, da wäre Dele«, sagte Hawkana. »Ob man ihn allerdings als einen Musikanten bezeichnen kann, weiß ich nicht. Er selbst sagt, daß er einmal einer war.«
    »Dele?«
    »Der Junge, der den Stalldienst macht.«
    »Ah, ja. Laß ihn kommen.« Hawkana klatschte in die Hände und befahl dem Diener, der sofort

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