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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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erschien, in die Ställe zu gehen, den Pferdejungen hoffähig zu machen und ihn schnellstens vor die Tischgäste zu führen.
    »Bitte, macht Euch keine Mühe mit ihm«, sagte der Fürst, »bringt ihn so her, wie er ist.«
    Er lehnte sich zurück und wartete, die Augen geschlossen. Als der Pferdejunge vor ihm erschien, fragte er:
    »Welche Musik kannst du uns spielen, Dele?« »Musik, wie die Brahmanen sie nicht mehr schätzen«, sagte der Junge.
    »Welches Instrument hast du gelernt?«
    »Das Piano«, sagte Dele.
    »Kannst du eins von diesen Instrumenten spielen?« Er deutete auf die jetzt unbenutzten Instrumente, die auf einem kleinen Podest vor der Wand lagen.
    Der Junge hob den Kopf und warf einen Blick in die angegebene Richtung. »Ich nehme an, ich könnte auf der Flöte spielen, wenn es erforderlich ist.«
    »Kennst du irgendeinen Walzer?«
    »Ja.«
    »Spielst du mir >Die blaue Donau    Die mürrische Miene verschwand vom Gesicht des Jungen. Er wirkte jetzt unsicher. Er warf einen schnellen Blick zu Hawkana, der ihm zunickte.
    »Siddhartha ist ein Fürst unter den Menschen. Er ist einer der Ersten«, erklärte der Wirt.
    »>Die blaue Donau< auf einer dieser Flöten?«
    »Wenn das möglich ist.«
    Der Junge zuckte die Achseln. »Ich werde es versuchen«, sagte er. »Es ist ungeheuer viel Zeit seither vergangen. Habt Nachsicht mit mir.«
    Er ging hinüber zu den Instrumenten und murmelte dem Besitzer der Flöte, die er auswählte, irgend etwas zu. Der Mann nickte. Dann setzte Dele die Flöte an die Lippen und blies versuchsweise ein paar Töne. Er hielt inne und wiederholte die Tonfolge noch einmal. Dann drehte er sich um.
    Wieder hob er das Instrument an die Lippen, und das bebende Auf und Ab des Walzers begann. Der Fürst trank seinen Wein zu den Klängen.
    Einmal wollte sich der Junge verschnaufen, aber der Fürst bedeutete ihm fortzufahren, und so spielte Dele eine verbotene Weise nach der anderen, und die Berufsmusiker setzten Berufsmienen der Geringschätzung auf; aber unter dem Tisch, an dem sie saßen, klopften mehrere Füße den langsamen Takt der Musik mit.
    Schließlich - der Abend näherte sich der Stadt Mahartha - hatte der Fürst seinen Wein ausgetrunken. Er warf dem Jungen einen Beutel mit Münzen hin. Die Tränen, die Dele über die Wangen rannen, als er sich aus der Halle zurückzog, sah der Fürst nicht. Er erhob sich und verdeckte mit dem Handrücken ein Gähnen.
    »Ich ziehe mich in meine Gemächer zurück«, sagte er zu seinen Männern. »Verspielt in meiner Abwesenheit nicht eure ganze Habe, einschließlich eures zukünftigen Besitzes.«
    Darauf lachten sie und wünschten ihm eine gute Nacht. Riefen nach starken Getränken und gesalzenem Gebäck. Als er hinausging, hörte er das Klacken der Würfel.
    Der Fürst zog sich deshalb früh zurück, weil er noch vor dem Morgengrauen aufbrechen wollte. Er gab einem Diener Anweisung, den ganzen folgenden Tag draußen vor der Tür zu seinen Räumen zu wachen und jeden, der Zutritt verlangte, mit der Begründung abzuweisen, daß der Fürst unpäßlich sei.
    Bevor sich am Morgen die ersten Blumen den ersten Insekten öffneten, hatte er die Herberge schon verlassen. Nur ein uralter grüner Papagei sah ihn weggehen. Er ging nicht in perlenbesetzten Seidenkleidern, sondern - wie es bei solchen Gelegenheiten seine Gewohnheit war - in Lumpen. Und er ging nicht, begleitet von den Klängen der Trommeln und Muschelhörner, sondern in aller Stille durch die dämmrigen Straßen der Stadt. Diese Straßen waren menschenleer. Nur hie und da begegnete er einem Arzt oder einer Dirne, die von einem späten Besuch zurückkehrten. Als er durch das Geschäftsviertel in Richtung Hafen ging, folgte ihm ein streunender Köter.
    Er setzte sich auf eine Lattenkiste am Ende eines Piers. Die Dämmerung kam und streifte die Finsternis von der Welt; und er beobachtete, wie die Schiffe sich mit dem Atem des Meers bewegten, die Segel gerefft, über und über umsponnen mit Tauen, die Schiffsschnäbel mit Ungeheuern oder Jungfrauen beschnitzt. Jeder Besuch in Mahartha führte ihn für eine kurze Zeit in diesen Hafen.
    Der rosarote Sonnenschirm des Morgens öffnete sich über dem zerwühlten Wolkenhaar, und kühle Brisen flogen über die Docks. Große Vögel, Aasfresser, schossen, heisere Schreie ausstoßend, über Türme mit schießschartengroßen Fenstern, stießen dann nach unten und segelten dicht über das Wasser der Hafenbucht.
    Er sah zu, wie ein Schiff in See stach, sah, wie

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