Herr des Lichts
berichtete, was er gesehen hatte. Während er sprach, flossen seine Flammen in die Form eines Tau-Kreuzes.
»Das ist die Gestalt des Streitwagens«, sagte er, »der wie ein Komet durch die Wolken schoß, heruntersank und in dem Tal j en- seits des Südgipfels landete.«
»Bezwinger, kennst du das Gefährt?« fragte Taraka.
»Man hat es mir einmal beschrieben«, sagte Sam. »Es ist der Donnerwagen des Gottes Schiwa.«
»Beschreib mir den Insassen«, sagte er zu dem Dämon.
»Es waren vier Insassen, Herr.«
»Vier!«
»Ja. Das ist einmal der, den Ihr als Agni, den Herrn des Feuers, beschrieben habt. Bei ihm ist ein zweiter, der die Hörner eines Stiers auf seinem glänzenden Helm trägt - seine Rüstung sieht aus wie alte Bronze, ist aber nicht aus Bronze. In ihre Oberfläche sind die Formen vieler Schlangen eingearbeitet. Sie scheint ihn in seiner Bewegungsfreiheit aber nicht einzuschränken. Mit einer Hand hält er einen funkelnden Dreizack, und er führt keinen Schild zum Schutz des Körpers.«
»Das ist Schiwa«, sagte Sam.
»Bei diesen zweien ist einer, der ganz in Rot gekleidet und dessen Blick dunkel ist. Dieser Dritte spricht nicht mit den anderen, aber zuweilen fällt sein Blick auf die Frau, die neben ihm, an seiner linken Seite, geht. Sie hat blonde Haare und eine helle Haut, und ihre Rüstung ist so rot wie sein Gewand. Ihre Augen sind wie das Meer, und sie lächelt oft mit Lippen von der Farbe des menschlichen Blutes. Um ihren Nacken hängt eine Halskette aus Schädeln. Sie trägt einen Bogen, und an ihrem Gürtel baumelt ein kurzes Schwert. In ihren Händen hält sie ein seltsames Instrument - einen schwarzen Zepter, der in einem Silberschädel endet, der gleichzeitig ein Rad ist.«
»Das sind Yama und Kali«, sagte Sam. »Jetzt hör mir gut zu, Taraka, du Mächtigster der Rakascha, höre, wer da gegen uns zieht! Die Macht des Agni hast du selbst kennengelernt, und von dem Roten habe ich dir schon berichtet. Die, die zur Linken des Todes geht, besitzt ebenfalls den Blick, der das Leben austrinkt, auf das er fällt. Ihr Zepterrad schrillt wie die Posaunen, die das Ende des Yuga ankündigen, und alle, die sein Heulen hören, fallen zu Boden und sind verwirrt. Sie ist ebensosehr zu fürchten wie ihr Bräutigam, der ohne Erbarmen und unbezwingbar ist. Aber der mit dem Dreizack ist der Herr der Zerstörung selbst. Es ist wahr, daß Yama der König des Todes und Agni der Herr des Feuers ist, aber die Macht des Schiwa ist die Macht des Chaos. Er ist die Kraft, die die Atome auseinanderreißt, die die Formen aller Dinge zerbricht, gegen die sie sich richtet. Mit diesen vieren kann es auch die ganze befreite Macht von Höllenschacht nicht aufnehmen. Wir müssen deshalb sofort den Schacht verlassen, denn mit größter Gewißheit kommen sie hierher.«
»Hab ich dir nicht versprochen, Bezwinger«, sagte Taraka, »daß ich dir in deinem Kampf gegen die Götter beistehen würde?«
»Ja, aber das, wovon ich sprach, sollte ein Überraschungsangriff sein. Jetzt erscheinen sie in ihrer ganzen Gottheit und haben ihre göttlichen Kräfte entfaltet. Hätten sie es so gewollt - sie wären mit dem Donnerwagen gar nicht erst gelandet, und doch würde es schon keinen Channa mehr geben. An der Stelle des Berges würde hier, in den Ratnagiris, ein tiefer Krater gähnen. Wir müssen fliehen, um bei anderer Gelegenheit gegen sie zu kämpfen.«
»Erinnerst du dich an den Fluch des Buddha?« fragte Taraka. »Erinnerst du dich daran, daß du mich Schuldbewußtsein gelehrt hast, Siddhartha? Ich erinnere mich jedenfalls gut, und ich glaube, ich schulde dir diesen Sieg. Ich schulde dir einen Ausgleich für das, was du erlitten hast, und ich werde es dir entgelten, indem ich diese Götter in deine Hände gebe.«
»Nein! Wenn du mir tatsächlich helfen willst, dann bringt mich weg von hier, so weit und so schnell du kannst!«
»Hast du Angst vor der Begegnung mit ihnen, Siddhartha- Herr?«
»Ja, ja, ich habe Angst! Denn es wäre Wahnsinn, jetzt gegen sie zu kämpfen! In eurem eigenen Lied heißt es - >Nur unsere Heere können wartenc. Wo ist die Geduld der Rakascha geblieben? Ihr sagt, ihr wollt warten, bis die Ozeane und die Berge nicht mehr sind und die Monde vom Himmel verschwinden - aber du kannst nicht einmal mehr warten, bis ich dir die Zeit und den Kampfplatz nenne! Ich kenne sie weit besser als du, diese Götter, denn einst war ich selbst einer von ihnen. Also handle jetzt nicht unbesonnen! Wenn du mir helfen willst -
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