Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
umschmiegte, war so gefärbt, dass es zur Enklave passte. Dieser Zirkel bestand sicher aus Magiern der Fayé! Hätte Nalaji Befriedigung in ihren Gesichtern erkannt, wenn sie darin hätte lesen können?
Unter die missgestaltete Natur mischten sich jetzt undeutliche, finstere Wesenheiten. Sie scheuten das Licht, das Vejata inzwischen auf den Boden warf, und wohl auch die Helligkeit, die von der Enklave ausstrahlte. Deshalb wanden sie sich in den Schatten wie Schlangen, die auf ihre Beute lauerten. Mit jedem von Nalajis Herzschlägen gewannen sie an Stofflichkeit.
»Wollt Ihr wirklich riskieren, ein Kind der Finsternis zur Welt zu bringen?«, rief sie Ilion zu. »Wer weiß, wie viel von einem Dämon in ihm wäre, wenn Ihr jene dort Hand daran legen ließet?«
»Wir sind die Finsternis gewohnt, Sterbliche.« Immerhin unterbrach Ilion seinen Singsang. Vielleicht war nicht alles in ihm so abweisend wie seine Antwort.
Keliator, der noch immer ihre Schultern hielt, brachte seine Lippen neben ihr Ohr. »Wir müssen das Bündnis mit den Fayé erhalten!«, raunte er mit mühsam unterdrückter Stimme. »Im Süden sind wir geschlagen, aber im Westen sind die Menschen stark. Mit der rohen Kraft der bronischen Stämme kommen die Ondrier nicht zurecht. Und die Fayé stehen zwei Tagesmärsche vor Orgait!«
»Ich kann nicht Teil von dem sein, was hier geschieht«, ächzte Nalaji.
»Wenn wir nicht Teil davon sind, dann sind es die Dämonen. Und die hegen keine Liebe für uns, während sie den Schattenherren zumindest nicht Feind sind. Ein halbes Jahrhundert schon gab es unter Elien Vitan ein Bündnis der Unsterblichen. Wenn es unter Gerg wieder eines gibt, wird unsere Freiheit das nicht überleben!«
Betäubt von Schrecken starrte Nalaji auf die schwarzen, konischen Gestalten, die nun die Lücken im Kreis der singenden Fayé füllten. Sie schienen keine Knochen zu haben, wanden sich an beliebigen Stellen ihrer Körper in den unheiligen Klängen. Nalaji musste sich zum Atmen zwingen, um nicht zu ersticken.
»Ich bin eine Priesterin der Mondmutter«, flüsterte sie, ohne zu wissen, wem sie diese Feststellung mitteilen wollte.
Sie befreite sich von Keliators Griff. Natürlich hätte er sie halten können, wenn er gewollt hätte, aber er ließ sie gehen. Sie floh nicht. Sie zwang ihre Schritte hinaus in die Dunkelheit. Die Fayé machten ihr Platz, als sie einen zitternden Fuß vor den anderen setzte, angeekelt von dem Geschehen, das der Güte der Götter spottete. Neben dem Bett hockte sie sich hin, darauf bedacht, nicht mehr von dem Boden zu berühren als unbedingt nötig. Graues Gewürm quoll aus dem Erdreich, als sei es bestrebt, einen zuckenden Teppich zu bilden.
»Was wollt Ihr, Majestät?«, fragte sie Anoga, die unter dem Einfluss der Magie wieder zu Bewusstsein gekommen war. Welle auf Welle lief durch ihren Bauch. »Ich kann nichts garantieren, aber es gibt eine Möglichkeit. Sie ist barbarisch. Ich werde Euren Leib aufschneiden, ohne dass die Wunderkraft der Monde Euch schützen könnte. Die Finsternis in Euch verhindert es. Vielleicht werdet Ihr nie wieder ein Kind empfangen können.« Sie schluckte. »Ich weiß sogar zu wenig von Eurem Volk, als dass ich mit Sicherheit sagen könnte, dass Ihr überlebt.«
Die Königin schloss die trockenen, aufgerissenen Lippen und schluckte. »Wird mein Kind leben?«
»Ich hoffe es. Und ich glaube es. Und es wird frei sein von dem hier.« Ihre unbestimmte Geste umfasste den Kreis aus Zauberern und dämonischen Präsenzen.
Mit Mühe und Nalajis Unterstützung gelang es Anoga, sich so weit aufzusetzen, dass sie sich auf den unteren Ellbogen abstützen konnte. Sofort eilte Ilion zu ihr.
»Bring mich zurück«, flüsterte die Königin schwach. »Es soll ein Kind des Lichts sein.«
»Aber die Gefahr!«, protestierte Ilion.
»Es ist Zeit, dass wir den Göttern vertrauen.« Damit sackte sie auf ihr Lager.
Nalaji ging zurück in die Enklave. Es war eine Erlösung, der dämonenverseuchten Aura zu entkommen und die Füße auf das grüne, lebendige Gras zu setzen. Sie stieg den sanften Hügel bis zum See hinab. Anoga beließ man auf dem Bett, das einige Fayé hinter Nalaji hertrugen und am Ufer abstellten.
Keliator war sichtlich nervös. Seine Faust krampfte sich um das Mondsilberschwert.
Lächelnd legte Nalaji ihrem Sohn eine Hand auf den Arm. »Dein Mut und deine Stärke können uns jetzt nicht helfen. In dieser Stunde liegt das Schicksal der Welt in der Hand deiner alten
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