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Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Titel: Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Oberschenkel. Wie einen Kundschafter sandte sie ihren Geist voraus, in den schwangeren Körper hinein.
    Anoga schrie, als stochere Nalaji mit einem Stock in ihrem Bauch herum. Dort war viel Undurchdringliches, wie dichter Qualm, schwarz und ölig. Vejatas Licht wurde zu einem Schimmern. Nalaji war, als versuche sie, sich mit einem glimmenden Span einen Überblick in einem gänzlich unbekannten dunklen Haus zu verschaffen. Sie war sich der Präsenz des Kindes bewusst. Es war voll entwickelt, eine eigenständige Person mit eigenen Gefühlen und so vielen Wünschen, wie ein Verstand auf seiner Entwicklungsstufe zu haben vermochte. Geborgenheit, Schutz, Liebe für die Mutter, die es nährte, ihren Herzschlag, den es hörte. Und … eine unbestimmte Angst vor dem Draußen, von dem es ahnte, dass es existieren musste – nicht nur wegen der Geräusche, die in den vergangenen Monaten zu ihm durchgedrungen waren, sondern auch wegen der magischen Ströme, die es auf eine intuitive Art spürte, die Menschen fremd war. Anscheinend war es nicht über eine einzige Nabelschnur mit seiner Mutter verbunden, sondern über mehrere. Dieser Umstand faszinierte Nalaji, aber sie hatte keine Zeit, ihn weiter zu untersuchen.
    Es war schon schwierig genug, den grundsätzlichen Zustand von Anogas Körper zu erfassen. In den Jahrtausenden ihres Lebens hatte sie so viel Finsternis angesammelt, die nun Nalajis Versuche behinderte! Nalaji glaubte nicht, dass sich Anoga bewusst gegen sie wehrte, dazu war sie viel zu sehr damit beschäftigt, gegen ihre Ohnmacht anzukämpfen. Aber die Finsternis in ihr stellte sich Vejatas Licht entgegen. Was immer sich Nalaji anschauen wollte – die Dunkelheit eilte herbei, um ihr die Sicht zu nehmen.
    Dennoch war sie sich bald gewiss, dass es schlecht um Anoga stand. Das Leben verließ die Fayékönigin. Nalaji vermutete, dass Anoga innerlich verblutete. Ein Kind dieser Größe konnte im Bauch der Mutter Wunden reißen, wenn es sich heftig bewegte. Bei der Angst des Ungeborenen war verständlich, dass es um sich trat. Dazu kamen noch die Wellen von Schmerzen, von denen Nalaji jetzt annahm, dass sie nur zum Teil Wehen waren wie bei einer gewöhnlichen Geburt. Dieses Kind war eine Gnade der Götter, die nach Jahrtausenden gewährt worden war. Die Finsternis in Anoga wehrte sich dagegen, wie Wasser versuchte, eine Kerze zu löschen.
    Der Mondmutter für ihre Gnade dankend zog sich Nalaji zurück, öffnete ihre körperlichen Augen. König Ilion stand neben ihr.
    »Ich weiß nicht, ob das Licht siegen kann, ohne Anoga zu töten«, sagte sie. Ein Rest von Vejatas Ruhe lag in ihrer Stimme. »Wie soll ich entscheiden, wenn es so weit kommen sollte? Für das Kind oder für die Mutter?«
    Auch die Nebel in Ilions Augen waren golden. Vielleicht zeichnete das den Hochadel der Fayé aus. Er wandte den Kopf, sah seine Königin an und schwenkte dann zu Nalaji zurück. »Ich werde weder meine Gemahlin noch mein Kind aufgeben. Wenn Eure Götter uns nicht helfen, tun es vielleicht die Verbündeten, die wir in den Jahrtausenden unseres Fluchs fanden.«
    Mit den Fayé, die er nun heranwinkte, musste er vorher besprochen haben, was auf dieses Zeichen hin zu tun war. Sie hoben Anoga an und trugen sie aus der Enklave hinaus in den fluchbeladenen Wald, wo andere ein aus edelstem Material gefertigtes Bett aufstellten. Dort legten sie ihre Königin nieder.
    Noch bevor Nalaji entscheiden konnte, was sie tun sollte, fand sich ein Kreis zusammen und intonierte einen Gesang, dessen Silben Nalajis Verstand nicht festhalten konnte. Es waren Worte, die für ein sterbliches Gehirn undenkbar waren. Die darin enthaltenen Blasphemien konnte die Priesterin dennoch spüren. Alles in ihr verlangte danach, sich abzuwenden und zu fliehen, irgendwohin, wo sie nicht Zeugin dieses Frevels werden musste.
    Keliator hielt sie fest. Sie wusste nicht, ob er verhindern wollte, dass sie davonliefe, oder sie stützte, damit sie nicht fiele.
    »Ihr seid doch eine Amme«, sagte Ilion. Einladend deutete er zu Anoga. »Ich rate Euch gut: Tut, was Ihr tun könnt!«
    »Nein! So nicht! Ich weigere mich!«
    »Dann muss es ohne Euch geschehen. Und ohne Eure Götter.«
    »Sie sind unser aller Götter! Auch Euch gaben sie das Leben!«
    Ilion hatte sich bereits abgewandt. Er stellte sich in den Kreis der Seinen. Er trug ein Blättergewand wie sie. Dennoch erschien er zwischen ihnen als helle Gestalt, denn ihre Kleidung glänzte dunkel von Opferblut. Nur das Laub, das ihn

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