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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
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sich Esmes Gefühle für Tom auf interessante Art und Weise. Sie begann ihm gegenüber eine gewisse Abneigung zu verspüren. Dabei spielten sowohl ihr Therapeut wie auch Rafe sicher eine Rolle, doch ein Teil dieser Ablehnung musste aus ihr selbst kommen. Schließlich wollte sie nur das Beste für die Menschen, die sie liebte, und er versuchte immer wieder, sie davon abzuhalten. Dazu hatte er kein Recht. Sie war ihm gegenüber mehr als deutlich geworden. Wollte er ihre Familie kaputtmachen?
    Tom litt ebenfalls jedes Mal, wenn er versuchte, sie anzurufen. Natürlich wusste er, was sie empfand. Natürlich erinnerte er sich an ihr letztes Gespräch. Er konnte es Wort für Wort wiedergeben wie einen schlechten Ohrwurm. Er wollte ihr nicht zur Last fallen. Aber die Spendengala am 12. April fand praktisch in ihrem Garten statt! Der Bundesrichter betrachtete die Beweise als zu spekulativ, um einen Durchsuchungsbefehl für die Kellerman-Wahlkampfbüros auszustellen. Deswegen brauchte er Esme noch einmal. Sie musste ihm helfen, an den Gouverneur heranzukommen. Er wusste nicht mal, ob sie überhaupt zu der Veranstaltung gehen würde, aber sie war seine letzte Hoffnung. Er wollte nach Long Island fliegen und mit ihr persönlich sprechen, aber der Richter verlangte von ihm immer neue Begründungen für den Antrag auf einen Durchsuchungsbefehl, außerdem konnte er wegen der Operation in Kansas City – wo vermutlich Galileos nächster Anschlag stattfinden würde – sowieso nicht weg. Deswegen gelang es ihm erst am Nachmittag des 12. Aprils, nach Oyster Bay zu fliegen.
    Er landete in LaGuardia, wo geradezu lächerlich viel los war, wahrscheinlich weil das Kellerman-Wahlkampfteam ebenfalls gerade angekommen war und mit ihm die nationale Presse. Am Gepäckband war die Hölle los, und als Tom es endlich zu seinem Motorrad geschafft hatte, das er im Voraus hierher hatte transportieren lassen, war es bereits nach achtzehn Uhr. Er fuhr durch die blau getönte Dämmerung Richtung Osten ins Gefecht.
    Rafe trug bereits seinen Smoking. Nach dem Duschen, Rasieren und Deoaufsprühen hatte er ganze zehn Minuten gebraucht, um sich anzuziehen. Die seidenweichen schwarzen Boxershorts, die seidenweichen schwarzen Socken, das geriffelte weiße Hemd, die schwarze plissierte Hose, das schwarze Jackett und seine rote Fliege. Die Fliege war nur zum Anstecken.
    In den zehn Minuten, die Rafe brauchte, um sich von einem nackten Mann in James Bond zu verwandeln, brauchte Esme, um sich einen Ohrring anzustecken. Es handelte sich um eine Perle, die er ihr einmal zum Hochzeitstag geschenkt hatte. Sie fühlte sich schwer an, als ob die Muschel noch dranhinge. An diesem Abend fühlte sich alles schwer an, düster. Sie wusste, dass sie sich das nur einbildete. Sie verbrachte weitere zehn Minuten damit, die andere Perle in ihr zweites Ohr zu stecken.
    Sie trug ein rotes Abendkleid, das ihre Wangen rosig wirken ließ, ihre Brüste voll und ihre Taille schmal. Sie sah aus wie einer Dauerwerbesendung entsprungen; es war Rafes Lieblingskleid. Und er hatte sie gebeten, es heute anzuziehen.
    Zumal es rückenfrei war.
    Sie trug kein Korsett. Sie konnte sich nicht umdrehen, um sich selbst von hinten im Spiegel zu sehen, also musste sie einfach davon ausgehen, dass es gut aussah. Und davon, dass dort, wo das Holzstück sie durchbohrt hatte, keine riesige Narbe war. Dort, wo einmal ihre Niere gewesen war, wo der Chirurg sie aufgeschnitten hatte. Sie musste von einer Menge ausgehen, wenn sie den Mut aufbringen wollte, aus dem Badezimmer hinunter zu ihrem Ehemann zu gehen …
    Wo Sophie gerade ein Bild von ihrem Dad im Smoking malte. Sie benutzte Filzstifte, weil die erwachsener waren als Buntstifte, und dies sollte ein erwachsenes Bild werden. Eines für den Kühlschrank. Die andere Hälfte des Papiers war für ihre Mom reserviert, die allerdings ganz schön lange brauchte.
    Endlich kam sie! Sie sah nervös aus. Sie sah wunderschön aus. Ihr Lippenstift passte zum Kleid. Sophie versuchte die Farbe mit ihren Farbstiften nachzumalen, aber es war einfach nicht dasselbe, es war nicht lebendig . Nun ja.
    Rafe hielt ihr den Arm hin, es war Zeit für sie zu gehen. Lester stapfte aus seinem Zimmer und wünschte ihnen viel Spaß. Er hatte Spielkarten in der Hand. Er und Sophie waren zu einer langen Partie Rommé verabredet. Sophie sah durch das Fenster dem Auto nach, wie es auf die Straße fuhr, Cinderella und der Prinz auf dem Weg zum Ball.
    Da der besonders kalte Winter ihrem

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