Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!
Sie mit Ihrer Geschichte fort. Ich bin sehr gespannt, wie sie ausgeht.“
Über ihnen zogen die Abendwolken immer schneller dahin. Es würde bald regnen.
„Henry Booth hat einige Schwerstarbeit für diese Sicherheitsfirma übernommen. Sie haben ihn in der ganzen Welt herumgeschickt, wo er mal dies, mal das machte. Bosnien. Afghanistan. Aber eigentlich wollte er in diese Länder nicht zurück, deswegen bat er um einen anderen Auftrag. Und den hat er bekommen. Zufällig hatte vor Kurzem jemand Bellum Velum für ein paar kleine Geheimdiensttätigkeiten engagiert. Bellum Velum ist auf alles Mögliche spezialisiert.“
„Was Sie nicht sagen.“
„Sehen Sie, die Präsidentschaftswahlen stehen an, und der Klient hat viel Zeit und Geld in einige der Kandidaten gesteckt. Die sollten vorher aber genau überprüft werden, um herauszufinden, bei welchen Kandidaten sich eine Unterstützung überhaupt lohnt. Das musste unauffällig und professionell geschehen. Schließlich hat der Klient einen Ruf zu verlieren. Und wer hätte das gedacht – Henry Booth entdeckte, dass einer der Kandidaten tatsächlich Dreck am Stecken hatte.“
Donald drehte sich aus dem Wind, der begann, seine Augen zu reizen. Er sah ins Auto.
„Was hat er herausgefunden, Mr Chappell?“
Joey war eingeschlafen. Was von der Zuckerwatte noch übrig war, klebte jetzt am Fell des Bären. Der Junge hatte den Zeigefinger im Mund.
„Mr Chappell, was hat Henry über Bob Kellerman herausgefunden?“
„Das wissen Sie nicht?“ Donald lächelte dünn. „Nein, wie denn auch? Wissen Sie, warum ich aus all den Privatdetekteien ausgerechnet Bellum Velum ausgesucht habe?“
„Nein, weiß ich nicht.“
„Weil ich dieser ganzen Heiligen überdrüssig bin. Frömmelei liegt mir nicht. Irgendwann kommt der Punkt, wo es keine Freude mehr macht, offene Türen einzurennen. Nachdem meine Frau gestorben war, möge sie in Frieden ruhen, habe ich beschlossen, mein Kapital anders einzusetzen. Ich habe es zwar unauffällig getan, aber ich habe es getan. Ich habe lieber die Sünder unterstützt als die Heiligen, Tom.“
„Warum?“
Donald lachte. „Leute wie die Inhaber von Bellum Velum sollten unbedingt Gottes Wort hören. Und da ich sie so gut bezahle, wie ich sie bezahle, sollten sie mir auch zuhören, finden Sie nicht?“
„Und deswegen haben Sie Kellerman weiterhin unterstützt, obwohl Sie herausgefunden haben, was immer Sie auch herausgefunden haben.“
Donald zuckte die Schultern. „Ganz genau.“
„Mr Chappell, Sie haben zugelassen, dass Henry Booth diese Morde beging. All diese Menschen sind tot, und Sie haben einfach nur zugesehen.“
Mit einem Mal stieg Wut in Donald auf. „Ich wusste nicht, dass er es war! Das schwöre ich! Ich habe es vermutet, aber ich wusste es nicht! Was hätte ich tun sollen? Da ist ein Mann, der schlimmste Seelenqualen erleidet. Ein Mann, der sein Leben lang betrogen wurde. Von seinem Land. Von seinem Glauben. Ein Mann, dem ich den Glauben so gern zurückgeben wollte! Ich war egoistisch. Ich dachte … ich …“
„Wissen Sie, wo er ist?“
Donald schüttelte den Kopf.
„Ich muss wissen, was er über Kellerman herausgefunden hat. Das könnte uns helfen, ihn aufzuspüren.“
„Was denken Sie wohl, was er herausgefunden hat, Tom? Ich kann es an Ihrem Gesicht ablesen. Sie haben schon einen Verdacht. Was glauben Sie? Henry hat herausgefunden, dass er schwul ist? Denken Sie, dass es sich wirklich um etwas so Alltägliches handelt wie Homosexualität? Bob Kellerman ist nicht schwul. Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen. Nein, das Geheimnis, das er verbirgt – das Geheimnis, das Henry zu diesen unaussprechlichen Taten getrieben hat –, hat viel weitreichendere Konsequenzen als irgendwelche sexuelle Vorlieben.“
22. KAPITEL
Nach seiner Unterhaltung mit Donald Chappell flog Tom zurück nach Washington. Dort verkroch er sich mit Norm Petrosky und den Top-Profilern des FBI in einem Büro. Tom lieferte ihnen die Fakten, die Männer stellten ihre Mutmaßungen an. Um diese zu bestätigen, mussten sie mit Bob Kellerman sprechen. Doch der Kandidat war gerade in Urlaub gefahren.
„An dem Tag, an dem er zurück ist, knöpfen wir ihn uns vor. Welche ist die erste Veranstaltung nach seiner Rückkehr?“
„Eine Spendengala auf Long Island.“
„An welchem Tag?“
„Am 12. April.“
Wie Millionen andere Amerikaner hätten die Kellermans ihren Urlaub gern in Orlando in Florida verbracht. Doch nur die wenigsten der hart
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