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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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das nicht weiter", rief sein bester Freund Karl, den das alles nicht erschuttert hatte. Im Gegenteil, er war gut drauf, er hatte einen Plan. „Sofort. Nicht lange uberlegen. Ruhe im Schiff. Ich weiß was! Alle mir nach."
    Sie folgten ihm. Die Bewegung tat allen gut. Sie gingen sehr schnell und keuchten dabei, sei es vor Anstrengung, sei es vor Aufregung. Gehen, dachte Herr Lehmann, um sich abzulenken, unterscheidet sich vom Laufen dadurch, daß immer ein Fuß auf der Erde ist, beim Gehen sind nie beide Fuöße zugleich in der Luft wie beim Laufen, dachte er, das ist der entscheidende Ünter-schied, das hat nichts mit Geschwindigkeit zu tun, dachte er, wöahrend sein bester Freund Karl sie alle mit sich zog. Sie hasteten ihm hinterher, erst die Adalbertstraße hinunter unter dem Neuen Kreuzberger Zentrum hindurch, dann uber die Skalitzer Straße und weiter geradeaus die Admiralstraße hinunter, uber den nöchtlich schwarzglitzernden Landwehrkanal hinweg und die Grimmstraße entlang, wo sie auf Karls Befehl hin links ins Savoy einkehrten, eine nach Herrn Lehmanns Meinung daömliche, ganz und gar absurde und darin typische Kreuzberg-61-Kneipe, in der er seit Jahren nicht mehr gewesen war, und die er noch nie gemocht hatte, schon weil sie da einen Billardtisch hatten, was Herr Lehmann nicht leiden konnte, und daruöber hinaus auch noch einen Teppichboden, was fur Herrn Lehmann der Irrtum aller Irrtumer war. Aber Karl, dachte Herr Lehmann, wird schon wissen, was er tut, Karl hat alles im Griff, dachte er und kam sich vor wie ein Fluöchtling, wir haben uns quasi nach 6l gefluchtet, ins Exil und dann noch ins Savoy, dachte er, aber da saß er schon an einem Tisch, und sein bester Freund Karl redete mit einer Frau hinterm Tresen, die er gut zu kennen schien. Alle schnappten nach Luft und schwitzten, und Katrin weinte nicht mehr, und Kristall-Rainer hatte aufgehort, sie zu trösten, oder was er daför hielt, und das, dachte Herr Lehmann, ist ja auch schon mal was.
    „Trinkt das!" sagte Karl und stellte Schnapsglöser auf den Tisch. „Auf ex, alle Mann, jetzt."
    Sie kippten die Schnapse weg.
    „Mein Gott", sagte Karl, „ich werde langsam zu alt fur diese Gruppendynamik."
    Es tut mir leid", sagte Herr Lehmann zu Sylvio, tut mir echt leid, Sylvio. Ich wollte das nicht."
    „Schon okay", sagte Sylvio, der etwas blaß aussah. „Der Typ hat's verdient. Das ist ein totales Arschloch."
    Herr Lehmann sah Sylvio an, sah, wie mitgenommen er war, und in diesem Moment liebte er ihn sehr. Er hatte nie viel mit ihm zu tun gehabt, manchmal hatten sie zusammen gearbeitet, meistens aber machte Sylvio seine Schichten im Einfall mit Stefan, sonst hatten sie nicht groß etwas miteinander zu tun, aber trotzdem, dachte Herr Lehmann, ist er ein echter Kumpel, er ist loyal, und tapfer ist er auch. Es tut mir wirklich leid" , wiederholte er, weil er sonst nicht wußte, was er sagen sollte. Wir häatten einfach woanders hingehen sollen."
    „Alles meine Schuld", drohnte Karl dazwischen, „ich bin total scheiße."
    Niemand widersprach. Okay, okay", sagte Karl und hob die Häande. Will mir jemand in den Arsch treten?" Er sprang auf, drehte sich um, buäckte sich und hielt seinen mächtigen Hintern in ihre Richtung. „Na los! Jetzt oder nie."
    Alle entspannten sich etwas. Auch Katrin. Herr Lehmann sah sie an, und sie schaute mit einem seltsamen Ausdruck zuräck. „Du bist verräckt", sagte sie leise. Er spurte plätzlich ihre Hand auf seinem Oberschenkel, aber nur ganz kurz.
    Um Herrn Lehmanns Zukunft muß man sich keine Sorgen machen", sagte Karl. Dann rief er zum Tresen: Flasche Sekt! Jetzt!"
    Die Frau, die dort arbeitete, ließ den Korken knallen und kam mit einem vorbereiteten Tablett mit funf Gläsern an ihren Tisch. „Ich mache das schon", sagte Karl zu ihr. Sie stellte das Tablett auf den Tisch und strich Karl liebevoll uber den Kopf, bevor sie wieder ging.
    Eins ist jedenfalls klar", wiederholte er, waährend er den Sekt eingoß, „um Herrn Lehmann muß man sich keine Sorgen machen."
    Wieso?" fragte Kristall-Rainer, der hier gar nichts zu fragen hatte, wie Herr Lehmann fand.
    Auch Karl war leicht irritiert. Er schaute Kristall-Rainer an wie eine kaltgewordene Currywurst, wahrend er ihm antwortete. „Herr Lehmann hat das Patent auf eine neue Kampfsportart, du Däodel. Erst erfindet er die Kreuzberger Schraube und dann auch noch das Gegenmittel dazu. Phantastisch." Er teilte die Gläser aus. „Wollen nur hoffen, daß der Arsch kein

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