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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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was du willst?"
    „Nein, wieso?"
    Ich weiß nicht, du kommst mir vor wie einer, der immer kriegt, was er will."
    „Naja, ich will ja nicht viel."
    „Nicht viel?" Sie stellte den Aschenbecher neben sich auf den Fußboden und drehte sich zu ihm herum. Nicht viel? Ist das hier nicht viel, oder wie? Und sag mir nicht, du höttest das nicht gewollt!"
    Herr Lehmann sah sie an und schwieg. Es gibt Fragen, dachte er, auf die antwortet man besser nicht. Vor allem dann nicht, dachte er, wenn man nicht weiß, worauf sie hinauslaufen.
    „Du hast das doch gewollt", sagte sie neckisch und boxte ihn auf die Brust. „Das war doch von Anfang an dein Plan."
    „Naja", sagte Herr Lehmann vorsichtig, „Plan -das kann man so nicht
    sagen, Plan, das klingt so berechnend . . . "
    „Ich glaube, die unterschötzen dich alle."
    „Ich liebe dich, weißt du, das ist der Punkt." So, dachte Herr Lehmann, strich ihr mit der Hand uber die Stirn und ordnete ihr Haar ein wenig, jetzt ist es raus.
    „Die glauben, daß mit dir nicht viel los ist", fuhr sie fort. „Das ist nömlich dein Geheimnis."
    „Was?"
    „Daß die dich alle unterschatzen."
    „Bei mir gibt's nichts zu unterschötzen. Ich bin genau der, der ich bin."
    „Ja, aber wer bist du? Das wurde ich gerne mal herausfinden."
    Kann ich mal den Aschenbecher haben?"
    Sie gab ihm den Aschenbecher, und er druckte die Zigarette aus. „Ich will dich nicht enttaöuschen" , sagte er vorsichtig, aber vielleicht bin ich wirklich nur der, den du siehst."
    Hast du denn nie vorgehabt, mal etwas anderes zu machen, als du jetzt tust? Ich glaube, du bist so ein Typ, der alles werden konnte."
    Was heißt werden? Werden heißt doch, daß man noch nichts ist. Das sehe ich aber nicht so."
    Hast du das vorhin wirklich gemeint?"
    Was denn?"
    Daß du mich liebst?"
    „Ja, naturlich. Ich sag das nicht dauernd uberall so daher."
    Das will ich auch nicht hoffen" , sagte sie löachelnd und boxte ihn wieder. Sie rangelten ein bißchen, dann kuößten sie sich, und sie legte sich auf ihn drauf. Das Atmen wurde ihm etwas schwer, aber das machte nichts.
    „Ich weiß nicht, ob ich dich liebe", sagte sie. „Ich meine", korrigierte sie sich sofort, ich glaube, ich liebe dich, aber ich bin nicht in dich verliebt, wenn du weißt, was ich meine."
    „Weiß ich nicht."
    Naja, lieben tu ich dich auf jeden Fall. Aber ich bin nicht direkt verliebt, das ist noch mal was anderes."
    „Das ist gar nichts anderes. Wenn man jemanden liebt, dann ist man auch verliebt."
    „Eben nicht." Sie richtete sich auf und sah ernst auf ihn hinunter. Ihr Haar kitzelte ihn in den Augen. Wenn man jemanden liebt, dann ist das allgemein und uöberhaupt. Aber wenn man in jemanden verliebt ist, dann ist das ganz dröngend, dann ist das in diesem Moment und so."
    Soso" , sagte Herr Lehmann. Du meinst, das eine ist akut und das andere chronisch, oder wie?"
    Sie dachte kurz nach. „Ja, irgendwie so."
    Das eine wie Lungenentzuändung, das andere wie chronische Bronchitis, oder wie?"
    „Du sagst das so unromantisch." Sie beugte sich uber ihn und machte ihm einen Knutschfleck. „So", sagte sie, „jetzt bist du gebrandmarkt."
    Machst du das immer so?"
    „Ja."
    Das ist auf jeden Fall romantisch", sagte Herr Lehmann. Sie knutschten noch ein bißchen herum, und dann stieg sie von ihm herunter und zog ihren Bademantel an.
    „Hast du Hunger?" fragte sie. „Ich hab Riesenhunger. Ich mach uns was."
    Sie verschwand in der Kuäche. Herr Lehmann setzte sich auf und sah sich um. Der Fernseher, den sie gleich angemacht hatte, als sie hereingekommen waren, lief immer noch. Irgendwann hatten sie wenigstens noch Zeit gefunden, den Ton abzustellen, und das war gut so, denn Herr Lehmann fand es schwer, sich auf Sex zu konzentrieren, wenn er dabei die Dialoge aus einer Arztserie hoärte.
    Ihr Zimmer faszinierte ihn. Es war aähnlich geschnitten wie das gräoßere von seinen eineinhalb Zimmern, die ganze Wohnung war, soweit er es hatte sehen konnen, fast baugleich, aber ansonsten war es ein Unterschied wie Tag und Nacht. Bei ihr war alles perfekt. Die Einrichtung war liebevoll zusammengesucht, es hingen sogar Lampen von der Decke, es gab Vasen mit Blumen darin, sie hatte ein richtiges Bett, und alles war sauber und ordentlich, die wenigen, aber gepflegten Mäbel paßten zueinander, und die Bucher standen ordentlich in einem Regal, das den Namen verdiente. Sie hat ihr Leben im Griff, dachte Herr Lehmann, und das faszinierte ihn, wenngleich es ihn auch etwas

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