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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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wurde, wie auf kurz oder lang immer, wenn er seine Eltern traf, irgendwie traurig. Sie mächte, daß es wieder wie fräher ist, dachte er. Wir gehen doch heute abend zusammen essen" , sagte er, ich habe extra einen Tisch fur uns reserviert. Dann seht ihr auch gleich mal das Lokal, wo ich arbeite."
    „Heute abend?" sagte seine Mutter irritiert. „Da ist doch die Sache im Variete."
    „Im Variete?" Herr Lehmann wurde ganz anders.
    „Nun frag doch nicht immer so bläd", sagte seine Mutter. „Da kannst du aber nicht mitkommen. Das ist nur fär Leute vom Bus. Da ist beschrankte Sitzplatzgeschichte und so."
    Moment mal" , sagte Herr Lehmann, der sich jetzt nicht mehr sicher war, ob er die Gefuhlslage seiner Mutter richtig eingeschätzt hatte. „Wir hatten doch noch ein paar Mal telefoniert. Ihr wolltet unbedingt mal sehen, wo ich arbeite. Ihr wolltet da doch mal mit mir zusammen essen. Was ist denn nun los?"
    „Er hat recht, Martha", sagte sein Vater, „ich hab's dir doch gesagt. Wir hatten das so verabredet."
    Heute abend?"
    „Ja klar, morgen abend fahren wir doch schon wieder."
    „Hab ich ganz vergessen."
    „Jetzt hat er den Tisch bestellt, jetzt mussen wir da auch hin", sagte sein Vater entschieden. Wie geht's dir denn so, Frank?"
    Ganz gut" , sagte Herr Lehmann.
    Wir koännen natuärlich auch essen gehen, ist auch besser, dann lassen wir das mit dem Variete eben sein" , sagte seine Mutter.
    Was macht die Firma?"
    Ich meinte doch bloß, wenn das doch da mit drin ist . . . "
    Sein Vater machte wieder dieselbe resignierte Handbewegung, die Herr Lehmann schon zuvor an ihm bemerkt hatte und die neu war. „Da ist jetzt alles anders, das wärdest du gar nicht mehr wiedererkennen. Viele sind weg."
    Herr Lehmann, der in derselben Firma, in der sein Vater seit 40 Jahren arbeitete, Speditionskaufmann gelernt hatte, nickte wissend. Ist jetzt alles
    ziemlich anders, oder?"
    Sein Vater, der als einziger von ihnen auf einem Zweisitzer saß, breitete die Arme uber die Ruckenlehne aus und nickte ebenfalls. „Mir haben sie gerade angeboten, zwei Jahre fruher in Rente zu gehen."
    „Ünd? Machst du?"
    „Nix." Sein Vater schaute kurz zu seiner Frau hinuber. „Bin doch nicht bescheuert."
    Dann hab ich ihn ja den ganzen Tag an der Backe" , sagte Herrn Lehmanns Mutter. „Da muß man sich ja auch erst mal dran gewohnen."
    „Ich mach bald nur noch 25 Stunden. Mal sehen ..."
    „Naja", sagte Herr Lehmann, fur den das alles irgendwie Nachrichten von einem anderen Stern waren, „das ist ja schon mal besser als 40 Stunden."
    In diesem Moment kam ein Kellner in voller Montur durch die Tuör des Hotels. Er trug ein großes, silbernes Tablett, sah fragend zur Rezeption, wo man mit dem Finger auf Herrn Lehmann wies, und kam dann zu ihnen.
    Dreimal Kaffee" , sagte der Mann und betonte beim Wort Kaffee die letzte Silbe, das war bei Ihnen?"
    Ja, ja" , sagte Herr Lehmann und freute sich. Das hat Klasse, dachte er und schnappte sich schnell die Rechnung, als der Kellner das Tablett auf den niedrigen Tisch manoövrierte. Er wollte nicht, daß seine Mutter sah, was hier för Preise aufgerufen wurden.
    So, so, so" , sagte der Kellner, als er den Kaffee abstellte, drei Köannchen aus massivem Silber, wie Herr Lehmann sogleich bemerkte, und dazu irgendwelche edlen oder edel anmutenden Porzellantassen, außerdem silberne Löffel, eine Zuckerdose mit Zuckerzange und ein Sahnekönnchen. Der Kudamm ist vielleicht gar nicht so schlecht, dachte Herr Lehmann, irgendwie haben die was drauf. Jedenfalls, dachte er, bringen sie keine Milchdoöschen an den Start, jedenfalls nicht hier, korrigierte er sich gedanklich, denn er hatte den Kudamm auch in dieser Hinsicht schon ganz anders erlebt, immerhin war es am Kudamm gewesen, damals, als er jene cineastisch orientierte Freundin gehabt hatte, wo man ihn allen Ernstes gefragt hatte, ob er den Cappuccino mit Sahne oder mit Milch haben wollte.
    Das ist ja schöon" , freute sich seine Mutter.
    Der Kellner sah nett aus, sauber und braungebrannt, er löachelte freundlich, und Herr Lehmann gab ihm ordentlich Trinkgeld. Seine Eltern schuötte-ten derweil Sahne in ihren Kaffee und warfen Zuckerwuörfel hinein. Herr Lehmann trank seinen Kaffee schwarz.
    Aber Frank" , rief seine Mutter, seit wann rauchst du denn?"
    „Nicht oft", sagte Herr Lehmann, „nur wenn ich Kaffee trinke."
    Jedenfalls gehen wir heute abend mit ihm essen. War ja wohl noch schöner", sagte sein Vater. „Diesen Variete-Quatsch braucht doch kein

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