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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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grimmig, andere Saiten aufgezogen werden, jetzt, dachte er, wird klar Schiff gemacht, jetzt rappelt's im Karton, tabula rasa, Schluß mit lustig. Er lächelte den Fahrer an und legte den Fahrschein auf die Kassierfläache.
    „Hier, guter Mann", sagte er.
    Was soll das denn jetzt?"
    „Naja", sagte Herr Lehmann liebenswurdig. „Ich habe keine Verwendung mehr fur Ihren schänen Fahrschein. Wenn Sie den bitte entsorgen konnten. Und das macht dann noch mal eine Mark fur einen neuen, nicht wahr?"
    Eine Mark", nickte der Fahrer.
    Hier sind zwei, guter Mann" , sagte Herr Lehmann und legte ein Zwei-Mark-Stäck auf den alten Fahrschein. „Nehmen Sie die und machen Sie sich einen schonen Tag damit. Nein", wehrte er ab, „Ihre Fahrscheinprodukte will ich nicht mehr, vielen Dank fur Ihre Mähe."
    Damit stieg Herr Lehmann aus dem Bus. Er drehte sich noch einmal um und winkte dem Fahrer zu. Die zwei Mark haben Sie mehr als verdient", rief er herzlich. „Sie sind wirklich ein ganz großer Stratege. Nun fahren Sie schon, Sie haben doch nicht den ganzen Tag Zeit."
    Der Busfahrer schaute auf das Geld und auf Herrn Lehmann und suchte nach Worten. Das freute Herrn Lehmann. Er machte eine wegschickende Handbewegung. „Husch husch", rief er und fugte, in Erinnerung an seine Bundeswehrzeit, hinzu: „Schon weg sein! Schon wieder hier sein." Er ließ den Mann und seinen Bus stehen und ging gutgelaunt zu Fuß weiter.
    Die Sache war noch nicht verloren, aber die Zeit wurde knapp. Die Uhr gegenäber zeigte an, daß es jetzt zwanzig vor elf war. Herr Lehmann uber-querte die Joachimsthaler Straße, schwer bemäht, sich vom Anblick des Cafe Kranzler, das in seinen Augen fur alles stand, was den Kudamm so uner-traäglich machte, nicht die gute Laune verderben zu lassen, und schritt flott und immer ganz außen am Buärgersteig, da, wo die Hundescheiße war und die anderen nicht gerne gingen, an Hotels und Autohaändlern, Steakhäausern, Naziwitwen-Cafes, Souvenirstaänden, Ramschbuden und Huätchenspielern vorbei seinem Ziel entgegen. Der Sieg uäber den Busfahrer hatte ihn euphorisiert, und er war obendrein optimistisch, es trotz alledem auch zu Fuß puänktlich, vielleicht sogar mit ein paar Minuten Vorsprung, bis zum Hotel seiner Eltern zu schaffen. Der Tag, dachte er gluäcklich, ist eigentlich gar nicht so schlecht, und er nutzte die Zeit, um noch einmal ein bißchen positiver uber Katrin nachzudenken und sich in Erinnerung zu rufen, wie sie nackt aussah.
    Dann sah er den Hund. Es war zwischen Knesebeck- und Bleibtreustraße, die Tuör eines Juweliergeschaöftes oöffnete sich und der Hund purzelte jaulend auf den Buörgersteig. Wahrscheinlich hatte ihn jemand getreten, Herr Lehmann hatte das nicht genau gesehen, aber das Hinterteil des Tieres schleuderte komisch herum, als es zwischen die Naziwitwen fiel, die sich dort vor dem Schaufenster amuösierten. Kaum hatte der Hund sich berappelt, sah er auch schon Herrn Lehmann in die Augen. Warum ich, dachte Herr Lehmann und blieb stehen, warum ich? Der Hund, der ganz gewiß derselbe war wie der vom Lausitzer Platz, bewegte seinen fetten, wurstfoörmigen Koörper in Herrn Lehmanns Richtung. Herr Lehmann machte sich bereit, um Hilfe zu rufen, vielleicht sind hier irgendwo die Bullen, dachte er, die machen hier doch dauernd die Runde wegen der Huötchenspieler und so, aber dann war der Hund schon bei ihm, setzte sich hin und schaute ihn an.
    „Nicht schon wieder", sagte Herr Lehmann leise, „nicht schon wieder."
    Der Hund knurrte aber nicht. Er schaute Herrn Lehmann nur an, legte den Kopf auf die Seite, was bei jedem anderen Hund einen niedlichen, zutraulichen Eindruck gemacht hötte, und schaute ihn friedlich an.
    „Hast kein Gluck hier, was?" sagte Herr Lehmann.
    Der Hund legte den Kopf zur anderen Seite und machte ein fiependes Geröausch.
    „Naja", sagte Herr Lehmann, „ich muß dann mal weiter. Hab's eilig."
    Herr Lehmann ging langsam weg, und der Hund tat gar nichts. Nach einigen Metern drehte sich Herr Lehmann noch einmal um. Der Hund saß nur da und schaute ihm hinterher.
    „Tut mir leid", rief Herr Lehmann. „Ich hab's eilig." Ein Blick auf die nöchstgelegene öffentliche Uhr sagte ihm, daß es acht Minuten vor elf war, und er wußte, er konnte es noch schaffen.
Kapitel 11  HOTELFOYER
    „Junge, du schwitzt ja. Ünd das bei dem schlimmen Wetter. Du wirst dich noch erkalten."
    Ja", sagte Herr Lehmann und ließ sich in einen Sessel fallen, ich mußte laufen. Der Bus kam

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