Herr Lehmann: Herr Lehmann
einmal zu Herrn Lehmann gesagt, mit denen hast du nur A ö rger. Die wollen dauernd ihr Leben öandern und dann paßt du da plötzlich nicht mehr rein", hatte er gesagt. Karl hat seine ganz eigenen Weisheiten, dachte Herr Lehmann. Er setzte sich der Frau gegenuöber und bestellte erst einmal ein Bier, das hatte er sich jetzt verdient. Sie hatten nur Bier vom Faß. Naja, dachte Herr Lehmann, die Zapferei hölt sie jedenfalls för einige Zeit hier fest.
Weißt du, wo Karl ist" , fragte er schließlich, waöhrend sie an dem Bier arbeitete. Die Frage kostete ihn einige Überwindung, er sprach nicht gern mit Leuten, die er nicht kannte, auch nicht uöber Dinge, die sie vielleicht gemeinsam haben köonnten.
Oh ja", sagte sie und löachelte bitter, wie Herr Lehmann fand. Du bist Herr Lehmann?"
Ja. Woher weißt du das?"
Ihr wart doch vor ein paar Wochen mal hier. Ünd er redet in letzter Zeit viel von dir. Sicher mehr als von mir. Ich bin Christine. Hat er dir mal was von mir erzöhlt?"
Sicher" , log Herr Lehmann.
„Wundert mich", sagte sie. „Er ist nicht der Typ, der von mir erzahlt."
„Wieso", sagte Herr Lehmann, „wir waren doch letztens erst hier."
Na und? Habe ich etwa mit am Tisch gesessen?"
Nein. Warum nicht?"
„Gute Frage."
Herr Lehmann mochte diese Unterhaltung nicht. Sie aber schien schon lange darauf gewartet zu haben. Herr Lehmann musterte sie verstohlen, während sie weitersprach. Sie sah nett aus. Und irgendwie traurig. Sie hatte etwas Tragisches um die Augen, fand Herr Lehmann, darin erinnerte sie ihn an Romy Schneider, aber im Gegensatz zu Romy Schneider mochte er sie. Romy Schneider konnte er nicht ausstehen, außer in den Sissy-Filmen, aber das hätte er nie zugegeben.
„Fur Karl gibt es die eine Welt und die andere Welt", sagte sie. „Du bist in der einen Welt, ich bin in der anderen Welt. Und er achtet fein sauberlich darauf, daß sich diese beiden Welten nicht beruhren. Die Frage ist bloß: Welche von beiden Welten ist fur ihn die richtige?"
Welche?" fragte Herr Lehmann, um irgendwie am Ball zu bleiben.
„Eure Welt natärlich", sagte sie. „Ich habe daräber viel nachgedacht. Wenn er zu mir sagt: Du bist die Einzige, dann meint er das als Kompliment, und er meint es auch ehrlich. Das Problem ist nur . . . ", sie wollte das Bier vor Herrn Lehmann hinstellen, aber er nahm es ihr gleich aus der Hand, . . . daß sich das nur auf unsere Welt bezieht. Das ist das Bittere daran. Es bedeutet nämlich, daß es in unserer Welt nur uns beide gibt. Und das ist fur ihn nicht sehr spannend. Deshalb erzahlt er mir von dir, aber dir nicht von mir."
„Ach so."
Er kommt auch nur hierher, wenn er bei euch nicht mehr weiterweiß. Wenn er sich ausruhen muß. Ich bin praktisch seine Luftmatratze."
Nun, nun", sagte Herr Lehmann, dem das jetzt ein bißchen zu weit ging und auch ein bißchen peinlich war. Sie kennt mich kaum, dachte er, und erzaählt mir solche Sachen. Die Frau, die Christine hieß, goß sich derweil einen Brandy ein. Was, dachte Herr Lehmann, haben diese Kneipenbesitzer bloß immer mit den braunen Schnäapsen.
Wobei das schon zu viel gesagt ist" , fuhr sie fort und nippte an ihrem Glas. Seine Luftmatratze zu sein, wuärde wenigstens bedeuten, daß er sich ab und zu mal auf mich drauf legt. Damit ist aber in letzter Zeit auch nicht mehr viel los."
„Ja nun", sagte Herr Lehmann hilflos. „Hast du denn das Gefuhl, daß er sich in letzter Zeit irgendwie veräandert hat? Irgendwie abdreht?"
Ist mir nicht besonders aufgefallen. Kann schon sein, daß das so ist. Das ist dann aber euer Problem. Bei mir ist das egal. Willst du ihn mal sehen? Dann weißt du, was ich meine."
„ Ja.
Die Frau sagte ihrer Kollegin Bescheid und ging mit ihm hinaus und um die Ecke wieder in dasselbe Haus hinein. So wie es aussah, hatte sie die Wohnung direkt uber der Kneipe. Die Leute, die Kneipen haben, dachte
Herr Lehmann mal wieder, haben nie das Problem, eine Wohnung finden zu mussen. Sie schloß umständlich auf, fummelte mit den Schlösseln, buckte sich tief zum Schloß hinunter und fuhrte den Schlössel vorsichtig ein, so als ob irgend etwas davon abhinge, daß man es auf eine bestimmte Weise tut. Als sie in den Flur der Wohnung kamen, härte Herr Lehmann ihn schon schnarchen.
Guck dir das Elend ruhig mal an" , sagte die Frau, dann weißt du, worum es geht, wenn er hier herkommt."
Herr Lehmann folgte ihr durch den langen Flur in ein Wohnzimmer, in dem ein großes Sofa stand, auf dem Karl lag und
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