Herr Lehmann: Herr Lehmann
bescheuerten Tärken, der sichtlich von ihnen angetan war, uber sein bescheuertes Essen redeten. Dann bekam jeder von ihnen ein Getraänk, Katrin eine Cola und Kristall-Rainer eine Fanta. Eine Fanta, dachte Herr Lehmann, das geht nicht, so geht das nicht, Kristall-Rainer kann doch nicht einfach eine Fanta trinken. Das brachte ihn auf den Gedanken, daß vielleicht alles gar nicht wahr sei, aber dieser schone Gedanke hielt nicht lange vor. Ich muß irgendwie die Initiative ergreifen, dachte Herr Lehmann schließlich, sie ansprechen, auf dem falschen Fuß erwischen und so weiter, dachte er, aber dann dachte er wieder: falsch, ganz falsch, so geht das nicht, man kann uäberhaupt nichts machen, man kann gar nichts tun, was nicht falsch wäre, dachte er und wänschte sich, es gabe einen Hinterausgang in diesem Scheißladen, aber, dachte er, die haben ja nicht einmal ein Klo, die durfen äberhaupt keine Stähle und Tische aufstellen, wenn sie kein Klo haben, dachte er, wenn man kein Klo hat, dann sind nur Hocker und Stehtische erlaubt, man sollte sie bei der Gewerbeaufsicht anscheißen, dachte er, und dann kämpfte er kurz mit den Tranen, es war ein langer Tag, dachte er, da kann man schon mal labil werden, aber das geht natuärlich nicht, dachte Herr Lehmann, das waäre ja wohl das Letzte, wenn sie sich jetzt umdrehen und mich heulen sehen, vor allern Kristall-Rainer, dachte er und kämpfte die Tränen nieder, aber er hatte trotzdem keinen Plan, was er tun sollte, wenn sie sich umdrehten, und irgendwann, dachte Herr
Lehmann, werden sie sich umdrehen, er spielte zwar mit dem Gedanken, sie dann seinerseits zu ignorieren und irgendwo anders hinzugucken, konsequent die Koransuren an den Wanden zu studieren zum Beispiel, aber, dachte er dann, das ist ja noch lacherlicher als zu heulen, und so blieb ihm nichts anderes ubrig, als sich nichts anmerken zu lassen, mit zittrigen Fingern sein Teeglas an den Mund zu halten und zu warten, bis sie sich umdrehten.
Ünd das taten sie schließlich. Nachdem sie lange anbiedernd, wenn nicht gar belästigend, wie Herr Lehmann fand, mit dem völlig deutschunkundigen Törken herumgealbert hatten, drehten sie sich beide zugleich und beide mit ihren albernen Getrankedosen in der Hand um und sahen ihn an, es blieb ihnen jetzt auch gar nichts anderes öbrig, er saß ja direkt gegenuber, mit dem Röcken zur Wand, und es war sonst keiner da. Herr Lehmann hob die Hand zu einem Gruß. Sie erstarrten und die Fröhlichkeit wich aus ihren Gesichtern, wenigstens glaubte Herr Lehmann das so zu sehen. Katrin hob ebenfalls die Hand, die mit der Coladose drin, es sah aus, als wollte sie ihm zuprosten, die dumme Kuh, dachte er, und sie versuchte ein Lacheln, das gröndlich mißlang. Dann sagte sie leise irgend etwas zu Kristall-Rainer und kam alleine zu ihm hin.
Ich weiß, was du jetzt denkst", sagte sie, als sie vor seinem Tisch stand.
Ich denke gar nichts" , sagte Herr Lehmann. Was soll ich denn denken?"
„Här zu, Frank", begann sie.
„Setz dich mal lieber hin", sagte Herr Lehmann, „das macht mich nerväs, wenn du stehst und ich sitze."
Sie setzte sich, stellte ihre Cola ab und machte ihren Anorak auf. KristallRainer zahlte schon mal und ging dann raus.
Wo will denn der Zivilbulle hin?" fragte Herr Lehmann. Hat der keinen Hunger mehr?"
„Ach, hor doch auf", sagte sie. „Ich hab ihm gesagt, daß ich mal eben alleine mit dir reden will."
Na dann mal los" , sagte Herr Lehmann.
„Wo warst du uberhaupt?"
Sie haben mich durchsucht und mir das Geld abgenommen", sagte Herr Lehmann. Wegen Zoll- und Devisenvergehen. Wieso? Hast du dich vor Angst verzehrt? Hast du Kristall-Rainer um Hilfe gebeten? War der gerade zufällig im Osten und du hast ihn da getroffen?"
Wieso willst du das denn jetzt wissen?"
„Was ist das för eine bläde Frage", sagte Herr Lehmann. „Wieso sollte ich das nicht wissen wollen? Ich wollte mit dir einen Ausflug in den Osten machen, man hat mich verhaftet, verhort, mir das Geld abgenommen, mich zuräckgeschickt, und ich Trottel habe mir noch Sorgen gemacht wegen dir. Dann sehe ich, wie du ein paar Stunden spater turtelnd und tätschelnd mit
Kristall-Rainer hier hereingeschneit kommst. Das wirft eine Menge Fragen auf, oder? Ünd da kann ich doch genausogut damit anfangen, wo du KristallRainer heute aufgegabelt hast. Oder er dich."
„Na schön, wenn du's unbedingt wissen willst: Ja, ich habe ihn in Ostberlin getroffen. Der hat's nömlich wenigstens bis uber die Grenze
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