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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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Und auch bei der Romantik, dachte Herr Lehmann, geht es um etwas ganz anderes als um diesen aöußeren Schnickschnack, ob es romantisch ist oder nicht, dachte er, waöhrend er das Angebot in der Vitrine studierte, höangt in erster Linie davon ab, mit wem man ißt und was man ißt, das hat nichts mit schummrigem Licht und gefalteten Servietten zu tun. Und schummriges Licht war hier nicht, im Gegenteil. Es war auch nicht besonders voll, tatsöchlich war Herr Lehmann der einzige Kunde. Dieser Laden wird seine Zeit brauchen, dachte Herr Lehmann, aber er war optimistisch, daß er uöberleben wuörde, es gab ihn noch nicht lange, da machte es nichts, wenn erst einmal keiner kam. Es wird auf Dauer schon genug Leute geben, dachte Herr Lehmann, die so dermaßen gute Kofte wie die hier zu schatzen wissen. Und Köfte bestellte er sich, so wie die letzten beiden Male auch, dazu Reis und eine Menge „von diesem Salat aus Petersilie und Kram", wie er es nannte, als er mit dem Mann hinter dem Tresen sprach, der kaum ein Wort deutsch verstand, aber Köfte machte, daß es einem, wie Herr Lehmann dachte, das Wasser in die Augen treibt.
    Außerdem, dachte er, als er sich mit einem Glas Tee an einen Tisch hinten an der Wand setzte und auf sein Essen wartete, ist in den mediterranen Laöndern immer alles gut beleuchtet, es ist eine fröohlich machende Sache, dachte er, daß sie ihre Imbisse und Restaurants immer schöon hell ausleuchten, die Turken lieben das Licht und nicht die Grotte, aber je mehr sie sich assimilieren, dachte er und ruhrte die beiden Stöcke Zucker in das kleine, taillierte Teeglas, desto grottiger werden ihre Lokale, als ob das Altfraönki-sche immer und uöberall durchbricht, dachte Herr Lehmann, fehlt nur noch, daß sie Butzenscheiben in die Fenster tun.
    Davon konnte hier aber keine Rede sein, im Gegenteil, hier war alles blendend hell erleuchtet und die Fensterscheiben nahmen die ganze Wand nach draußen ein, und Herr Lehmann fuhlte sich wie im Urlaub, als er seinen Tee schluörfte. Es wird Zeit, dachte er, wieder positiv zu denken, Hauptsache ist erst einmal, daß Katrin heil aus dem Osten raus ist, aber was soll ihr schon passieren, dachte Herr Lehmann, sie hat ja nun uöberhaupt gar nichts getan, da koönnen die Ostler sagen, was sie wollen, außerdem haben die gerade andere Sorgen, und Geld hat sie auch nicht, das sie ihr abnehmen konnen, beruhigte er sich. Die dusteren Gedanken, die er auf dem Weg zum Savoy gehegt hatte, versuchte er jetzt zu vertreiben, das bringt nichts, so negativ zu denken, dachte er, es gibt auch eine Menge Grunde, warum man das alles nicht so ernst nehmen sollte, und der erste dieser Gruönde ist, daß man niemals nach 6l gehen sollte, dachte Herr Lehmann, und wenn, dann schon gar nicht durch Neukölln, es sind die schlechten Vibes von Neukölln, dachte er, die Schwallen auf einen ein, wöhrend man durch die Burknerstraße lauft, da kommt man ubel drauf. Dann kam sein Essen auf einem ovalen Blechteller
    und alles war gut, selbst daß es hier kein Bier gab, stärte ihn nicht wirklich.
    Er hatte alles aufgegessen und sich gerade noch einen Tee geholt, als Katrin und Kristall-Rainer hereinkamen. Sie sahen ihn nicht und hielten sich an den Händen, während sie mit dem Rucken zu ihm an der Theke standen und ihr Essen auswaählten, und dann machte Kristall-Rainer auch noch zu allem Überfluß seine Hand los und streichelte, mehr unten als oben, uber ihren Räcken, so als ob er es nur fur ihn, Herrn Lehmann täte, als ob Herr Lehmann besonders begriffstutzig wäre, und sie ließ das nicht nur geschehen, sie schien es, soweit Herr Lehmann das von hinten beurteilen konnte, auch noch zu moägen.
    Herr Lehmann wollte nicht glauben, was er sah. Er saß, mit dem Rucken an der Wand, das Teeglas in der Hand, einfach nur da und starrte sie an, und er wollte es nicht glauben. Und er dachte erst einmal nichts. Und als er wieder etwas dachte, dachte er: Mein Gott, was mässen die blind sein, die mussen mich doch sehen, wenn sie hereinkommen, ich sitze doch nicht hinter einem Wandschirm oder so, hier ist es doch taghell, dachte er, dies ist doch nicht der Goldene Anker, und dann wurde ihm klar, daß das nun wirklich nicht das Problem war, das ist Kristall-Rainer, dachte er dann, den hält man nicht an den Händen, dem schiebt man ein Weizenbier ruber, so einfach ist das, ohne Zitrone und fertig, aber damit wurde es auch nicht besser.
    Es kam ihm ewig vor, wie sie dort standen und mit dem total

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