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Herr Lehmann

Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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jetzt, Herr Lehmann?”
    “Hast du eine Ahnung, du Vogel”, rief Erwin. Du hast ja keine Ahnung.
    “Das ist doch alles nichts wert. Wenn die nicht laufen, dann ist das alles nichts wert.”
    “Das sind jetzt auch schon bald sechs, sieben Jahre, nein, mehr, acht, neun Jahre müssen das jetzt sein. Wann bist du hergekommen? 1980?”
    “Und wenn sie dir einmal die Konzession entziehen, dann aber für alles, Kerl. Das Geld steckt in den Kneipen, das habe ich überhaupt nicht. Das steckt alles da drin.”
    “Neun Jahre. Ich kenne dich, Alter. Wenn du schwimmen gehst, dann kann das doch nur wegen der Frau sein, das ist ja auch nichts Schlimmes. Die ist doch genau dein Typ. Obwohl, was ist überhaupt dein Typ? Ich kenn dich jetzt schon neun Jahre, und ich habe nicht die geringste Ahnung, was dein Typ ist. Außer, daß die immer etwas voller um die Hüften sind.”
    “Wenn die nicht laufen, wenn die zu sind, dann kann man die nicht mal mehr verkaufen. Dafür bezahlt mir doch keiner mehr was, wenn die erst mal zu sind. Ich hab’s überhaupt satt”, modulierte Erwin ins Weinerliche, “ich hätte nicht übel Lust, alles hinzuschmeißen.”
    “Die steht auf dich, ehrlich. Da solltet ihr nicht lange fackeln. Die steht auf dich. Wollte alles mögliche über dich wissen. Was du sonst so machst und so. Das hat schon genervt, wie die mich ausgefragt hat.”
    “Und was hast du erzählt?”
    “Nur Gutes.” Sein bester Freund Karl nahm die Finger zum Abzählen.
    “Daß du ein ganz gebildeter Typ bist, auch kulturell und so, Kino, Museum, die ganze Palette, da steht die drauf, bin ich sicher, und daß du was Richtiges gelernt hast, daß du zu Großem berufen bist …”
    “Ach, hör doch auf.”
    “Nix”, schrie Erwin. “Das ist mein Ernst. Dann verkauf ich den ganzen Scheiß. Was hab ich denn davon? Nix!”
    “Was hat er denn”, wollte Karl wissen.
    “Er will alles verkaufen”, sagte Herr Lehmann.
    “Wer”, fragte Jürgen, der sich in diesem Moment dazusetzte.
    “Erwin, sagt Herr Lehmann”, sagte Karl.
    “Echt?” sagte Jürgen zu Erwin. Also, das Einfall würde ich nehmen.”
    “Das kann ich mir vorstellen, du Vogel”, grinste Erwin bitter. “Da würd ich den Laden lieber abbrennen, als daß du den kriegst, du Saukerl.”
    “Oho”, lachte Jürgen und schüttelte beide Hände, als hätte er sich verbrüht. “Harte Worte, Erwin, harte Worte. Was läuft denn sonst so?” fragte er in die Runde.
    “Erwin meint, der Typ da am Tresen wäre ein Zivilbulle”, sagte Herr Lehmann boshaft. “Erwin meint, die spionieren seine Läden aus und wollen Drogenrazzien machen und so.”
    “Der da? Der sitzt doch immer nur rum und trinkt Kristallweizen”, sagte Karl. “In der Markthalle ist der auch manchmal.”
    “Genau, das meine ich ja!” rief Erwin.
    “Also ich weiß nicht”, sagte Jürgen und drehte sich nach dem Mann um.
    “Bei uns ist der auch oft. Erinnert mich irgendwie an Schneider-Jürgen. Außer, daß er Kristall trinkt statt Hefe. Wo ist der eigentlich abgeblieben?”
    “Wer?” fragte Karl.
    “Schneider-Jürgen.”
    “Der ist tot”, sagte Erwin.
    “Echt? Wieso das denn?”
    “Keine Ahnung.”
    “Hm … - also - Zivilbulle … Dann muß der aber ein fettes Spesenkonto haben. Und der will nie eine Quittung.”
    “Dürfen die überhaupt im Dienst saufen?” fragte Karl.
    “Äls Zivilbulle? Klar.”
    “Komischer Typ. Verstehe ich nicht. Wieso wird so einer Zivilbulle?”
    “Also Moment mal”, warf Herr Lehmann ein, “woher wollt ihr denn jetzt alle wissen, daß das ein Zivilbulle ist?”
    “Ich weiß nicht”, sagte Karl, irgendwie ist das ein komischer Typ. Kristallweizen ohne Zitrone trinkt der immer.”
    “Aber wegen Drogen …”, sagte Jürgen zweifelnd.
    “Die haben schon zwei Läden in Schöneberg zugemacht. Da geht irgend was ab”, raunte Erwin in eine Musikpause hinein.
    “Ich dachte, nur das Loch”, widersprach Herr Lehmann.
    “Wie, nur das Loch?”
    “Erwin, vor ein paar Stunden hast du noch gesagt, die hätten das Loch zugemacht. Jetzt sind es schon zwei Läden, die in Schöneberg zugemacht wurden.”
    “Ist doch egal. Guck da nicht so rüber, Herr Lehmann.”
    “Erwin, die Kombination aus Duzen und Herr Lehmann sagen in ein und demselben Satz ist wirklich das Übelste, was es gibt.”
    “Achtung”, rief sein bester Freund Karl, “er guckt jetzt in unsere Richtung.” Er wandte sich ab und nahm einen tiefen Schluck. Sehr unauffällig, dachte Herr Lehmann.
    “Der

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