Herr Lehmann
jetzt?”
“Naja, Star-Wars-Filmnacht, das war doch ihre Idee. Auf so was kommen doch nur echt Bekloppte. Vor allem, wenn Rumble Fish nebenan läuft. Du bist halt ein echter Cineast. Irgendwo läuft sicher auch noch Johnny Guitar, wenn Frauen hassen.”
“Dagegen ist an sich nichts zu sagen. Ich meine Star Wars an sich. Das ist halt Geschmacksache. Irgendwie hat das ja auch was …” Herr Lehmann geriet bei der Suche nach guten Argumenten etwas ins Trudeln, “also irgendwie hat das was.”
“Aha”, rief sein bester Freund Karl.
Herr Lehmann fühlte sich ertappt. “Und Scheiße ist es natürlich auch”, fügte er hinzu.
“Was macht ihr denn hier?” fragte Katrin, die plötzlich neben ihnen stand.
“Haben uns festgequatscht”, sagte Karl. “Ist der erste Film aus?”
“Ja, jetzt kommt gleich der zweite”, sagte sie. “Den finde ich aber irgendwie nicht so gut.”
“Wieso?” sagte Herr Lehmann widerborstig. “Der zweite Teil ist doch eigentlich der beste. Wenn man nur mal überlegt …” Weiter kam er nicht, denn Karl trat ihn gegen das Schienbein und fiel ihm ins Wort.
“Was Herr Lehmann sagen will”, sagte sein bester Freund Karl, ist dies: Daß nämlich der zweite Teil auf jeden Fall die beste Gelegenheit bietet, mal um die Ecke zu gehen.”
“Wieso nennst du ihn eigentlich immer Herr Lehmann?” fragte Katrin und schaute Herrn Lehmann zweifelnd dabei an. “Das wollte ich immer schon mal fragen.”
“Weil er so etwas …”, sein bester Freund Karl tat, als ringe er um die richtige Formulierung, “… so etwas Herrschaftliches hat. Er ist nicht so wie die anderen. Ihn umgibt ein Geheimnis.”
“Welches Geheimnis?”
“Tja!” Sein bester Freund Karl hob die Arme zum Himmel. “Wenn man das wüßte. Laßt uns in die Blase gehen.”
“Wieso denn in die Blase? Warum denn jetzt auch noch in eine Schwulenkneipe?” regte sich Herr Lehmann auf.
“Hast du was gegen so Leute?” fragte Katrin mißtrauisch.
Herr Lehmann verdrehte innerlich die Augen. So Leute. Sie sagte ‘so Leute’, wenn sie von Schwulen sprach. “Wieso soll ich was gegen Schwule haben? Ich hab bloß gesagt, daß das eine Schwulenkneipe ist. Und sind wir schwul? Bist du etwa schwul?” richtete er, etwas zu aggressiv, wie er selbst fand, aber er konnte jetzt nicht anders, er mußte sich abreagieren, die Frage an seinen besten Freund Karl und tippte ihm dazu mit dem Zeigefinger auf die Brust. “Bist du schwul? Nein. Bin ich schwul? Nein. Bist du schwul?” wandte er sich an Katrin, “Bist du schwul?”
“Also hör mal …”
“Warum sollen wir in Herrgottsnamen in eine Schwulenkneipe gehen, wenn wir nicht schwul sind? Warum läßt man den Schwulen nicht ihre Kneipen und geht schön in eine Heterokneipe, ich meine, warum soll man mit einer Frau in eine Schwulenkneipe gehen?”
“Also hör mal!”
“Jetzt reg dich ab, Frank, reg dich einfach mal ab. In der Blase ist das okay. Außerdem arbeitet Sylvio da gerade.”
“Naja”, sagte Herr Lehmann. Er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache, aber gegen dieses Argument kam er nicht an.
Als sie die Blase betraten, war nicht viel los. Die Schwulen, dachte Herr Lehmann, sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Karl steuerte gleich auf einen zentralen Tisch zu und ließ Herrn Lehmann und Katrin sich dort niedersetzen. Dann ging er mit drei Tüten Kartoffelchips unter dem Arm zu Sylvio, der sich hinter dem Tresen mit einem Lederschwulen unterhielt, und redete mit ihm. Herr Lehmann hatte kein gutes Gefühl bei der Sache.
“Und die sind alle schwul hier?” fragte Katrin.
“Ja.”
“Die sehen doch ganz nett aus.”
Herr Lehmann, den das an eine Unterhaltung mit seiner Mutter erinnerte, versuchte, das Gespräch in andere Bahnen zu lenken.
“Wo hast du eigentlich in Bremen gewohnt?” fragte er.
“Oh”, sagte sie und zündete sich eine Zigarette an. “In Hastedt.”
“Wo denn da?”
“Herzberger Straße. Mit einer Freundin zusammen.”
“Ah ja”, sagte Herr Lehmann. Und wie ist das da so?”
“Wie soll das schon sein”, sagte sie lustlos und dann kam Karl auch schon zurück und stellte drei Flaschen Bier auf den Tisch.
“Sylvio ist nicht glücklich, uns zu sehen”, sagte er zufrieden und nahm eine von Katrins Zigaretten. “Und sein Chef schon gar nicht. Und sie wollen nicht, daß wir unsere Kartoffelchips essen.”
“Wer ist sein Chef?”
“Die Leder-Uschi, mit der er da rumsteht”, sagte Karl. “Sie meinen, ob wir nicht eben
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