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Herr Lehmann

Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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ein Bier trinken und dann mit der Frau woanders hingehen können. Das Bier haben sie sogar ausgegeben. Dafür habe ich ihnen die Kartoffelchips geschenkt.”
    “Naja”, sagte Herr Lehmann, wenn Sylvio das schon sagt, dann sollte man das vielleicht ernst nehmen.”
    “Nix”, sagte Karl, “der meint das nicht so. Das ist nur wegen seinem blöden Lederboß da. Er ist neu hier, und er braucht das Geld.”
    “Weil ich ‘ne Frau bin, oder was?” sagte Katrin entrüstet. “Das ist ja wohl das Allerletzte.”
    “Ja sicher”, sagte Herr Lehmann, “aber andererseits ist das auch eine Schwulenbar, oder? Ich meine, das ist doch die Idee einer Schwulenbar, daß die Schwulen unter sich sind, würde ich mal sagen.”
    “Aber die können uns doch nicht rausschmeißen, weil ich eine Frau bin.”
    “Sachte”, sagte Karl und leerte sein Bier. “Niemand schmeißt hier irgend jemanden raus. Schaut mal, wer da kommt!”
    Herr Lehmann drehte sich zum Eingang um und sah Kristall-Rainer, der durch die Tür schritt, ihn erkannte und erfreut die Hand hob.
    “Ist der jetzt auch noch schwul?” sagte Herr Lehmann verwundert.
    “Den kenn ich”, sagte Katrin, “den habe ich schon mal gesehen.”
    ” Ja, das ist ein schwuler Zivilpolizist”, sagte Karl und lachte.
    Kristall-Rainer ging zum Tresen und ließ sich ein Weizenbier einschenken. Dann trat das ein, was Herr Lehmann befürchtet hatte. Er kam zu ihnen herüber.
    “Hallo!” sagte er zu Herrn Lehmann, und es klang so unsicher, daß Herr Lehmann gleich wieder etwas Mitleid mit ihm hatte.
    “Hallo”, gab er zurück und setzte dann widerstrebend hinzu: “Setz dich doch.”
    “Oh, das ist nett. Ich bin übrigens Rainer”, sagte er in die Runde.
    “Schon klar”, sagte Karl. Bist du öfter hier?”
    “Nein, wieso?”
    “Nur so”, sagte Karl und lächelte unergründlich. “Wir brauchen jemanden, der zum Tresen geht und uns neues Bier holt. Ich gebe das Geld, aber jetzt muß mal ein anderer gehen.”
    “Ich mach das”, sagte Rainer. Kein Problem.” Er stand auf und ging zum Tresen. Sein Weizenbier nahm er mit.
    “Woher kenne ich den bloß?” sagte Katrin, als er außer Hörweite war.
    “Der tourt durch alle Kneipen”, sagte Karl. “Trinkt überall Weizenbier.
    “Kristall.”
    “Ohne Zitrone”, fügte Herr Lehmann mißmutig hinzu. Der ganze Abend war eine einzige Scheiße.
    “Schau dir den Herrn Lehmann an”, sagte sein bester Freund Karl zu Katrin. “Der muß mal dringend aufgemuntert werden.”
    “Was ist denn los?” fragte sie besorgt.
    “Keine Ahnung. Was ist los, Herr Lehmann? Wo drückt der Schuh?”
    Herr Lehmann nannte das nächstbeste Problem, das ihm gerade in den Sinn kam. “Meine Eltern kommen demnächst nach Berlin”, sagte er. “Mit dem Bus. Pauschal. Mit Kudamm-Hotel. Bleiben übers Wochenende.”
    “Das ist hart”, sagte Karl. Seit wann weißt du das denn?”
    “Was weiß ich, seit Wochen schon.”
    “Und dann frißt du das die ganze Zeit in dich hinein?”
    “Wieso, das kann doch ganz nett sein”, sagte Katrin.
    “Ich muß dann zum Kudamm und sie abholen, und dann wollen sie Berlin sehen”, sagte Herr Lehmann.
    “Ach du Elend”, sagte Karl. Und wann ist das?”
    “Und dann wollen sie mal das Restaurant kennenlernen, wo ich arbeite.”
    “Restaurant?” fragte Karl und lachte.
    “Ich habe ihnen irgendwann mal gesagt, daß ich Geschäftsführer in einem Restaurant bin.”
    “Aber das ist doch gelogen”, sagte Katrin, “oder nicht?”
    “Das kommt darauf an, wie man die Sache auffaßt”, sagte sein bester Freund Karl und lachte. “Immerhin gibt es im Einfall die Super-Sandwiches von Verena, da steht Herr Lehmann drauf.”
    “Sehr witzig.”
    “Also ich weiß nicht, einfach so seine Eltern anlügen …” Katrin schüttelte mißbilligend den Kopf.
    “Es macht sie glücklicher”, sagte Herr Lehmann. “Wenn ich ihnen sage, daß ich in einer Kneipe arbeite, sind sie unglücklich, wenn ich ihnen sage, daß ich in einem Restaurant arbeite, und zwar als Geschäftsführer, dann sind sie glücklich. Damit können sie was anfangen. Und Geschäftsführer, das klingt gut, das macht sich auch besser, wenn mal die Nachbarn fragen.”
    “Geschäftsführer ist schon besser”, sagte Katrin.
    “Ich”, sagte Karl, “bin Geschäftsführer.” Er lachte so sehr, daß er sich verschluckte.
    “Geschäftsführer ist überhaupt nicht besser”, sagte Herr Lehmann und klopfte ihm auf den Rücken. “Geschäftsführer ist ein

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