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Herr Lehmann

Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Herr Lehmann und schob ihr sein Weinglas hin. Vertrage keinen Wein. Knallt zu sehr rein.”
    “Vom Faß?”
    “Ja, heute schon”, sagte Herr Lehmann. Aber ein großes dann.”
    “Gibt doch nur noch Nullvier”, sagte Heidi und ging wieder.
    “Heidi geht nicht”, sagte Erwin, als sie wieder außer Hörweite war, “die packt das nicht.”
    “Komm, Erwin”, sagte Herr Lehmann, “wir leben im 20. Jahrhundert.”
    “Ich habe sie schon gefragt”, sagte Erwin. “Sie hat da keinen Bock drauf.”
    “Dann frag doch Stefan oder Sylvio”, schlug Herr Lehmann vor. “Laß doch einen von denen mit Karl tauschen. Oder mach es selbst. Dann mach ich mit Karl zusammen die Nachtschichten im Einfall, und alles ist gut.”
    “Ich weiß nicht”, sagte Erwin. “Irgendwas stimmt mit ihm nicht. Irgend wie mache ich mir Sorgen um ihn.”
    Herr Lehmann schaute Erwin in die Augen und sah dort nichts Falsches. Aber, dachte er, das kann täuschen. Er hatte jedenfalls Erwin nie als jemanden gesehen, der sich ernsthaft um Leute Sorgen machte, die nicht zufällig Erwin Kachele hießen. Aber es schien ihm ernst zu sein.
    “Dann ist es um so wichtiger, daß ich mit ihm zusammenarbeite”, sagte er. “Und Stefan, der steht da doch drauf, Geschäftsführer sein und so.”
    “Ja, das geht vielleicht. Vielleicht solltest du zu deinen Eltern zurückgehen”, sagte Erwin und wies mit einem Kopfnicken in deren Richtung. Herr Lehmann sah zum Tisch seiner Eltern hinüber und glaubte nicht, was er sah. Nicht nur, daß Katrin wieder mit seiner Mutter zusammensaß und sich blendend zu unterhalten schien, nein, auch Kristall-Rainer hatte sich dort eingefunden, und er saß auf seinem Stuhl und unterhielt sich mit seinem Vater.
    “Ich glaube auch”, sagte er.
    “Ich rede mal mit Karl”, sagte Erwin.
    “Ja, aber komm ihm nicht blöd”, sagte Herr Lehmann. “Er hat’s nicht verdient.”
    Er ging zurück zum Tisch seiner Eltern. “Du sitzt auf meinem Platz”, sagte er zu Kristall-Rainer, der ihn unschuldig anschaute.
    “Oh, das wollte ich nicht, das tut mir leid”, sagte Kristall-Rainer und stand auf.
    Herr Lehmann setzte sich auf seinen Stuhl. Er ist angewärmt, dachte er ärgerlich, mein Stuhl ist angewärmt von Kristall-Rainer. “Vergiß nicht dein Weizen”, sagte er und reichte es ihm hoch. Kristall-Rainer stand unschlüssig neben ihm. “Irgendwie macht es mich nervös, wenn jemand neben mir steht, wenn ich sitze”, setzte Herr Lehmann eins drauf. Kristall-Rainer ging aber nicht. Er nickte, nahm sich einen Stuhl vom Nachbartisch und setzte sich dazu. Er ist zäh, dachte Herr Lehmann.
    Ach Frank, das ist richtig nett hier. Worum ging’s denn?” sagte sein
    ”
    Vater.
    Ach, so innerbetrieblicher Kram”, sagte Herr Lehmann.
    ”
    Kann ich helfen?” fragte Karl, der plötzlich bei ihnen stand und auf
    ”
    Kristall-Rainer herunterschaute. Da ist ja kaum noch was drin”, sagte er
    ”
    und nahm ihm das Weizenglas aus der Hand. Das ist ja ganz schale Plörre.
    ”
    Komm mal mit, am Tresen gibt’s neues. Und ich muß dich mal was fragen.”
    Kristall-Rainer stand auf und ging mit.
    “Wo geht der denn hin?” fragte Katrin von der anderen Seite des Tisches.
    “Keine Ahnung”, sagte Herr Lehmann ärgerlich.
    “Naja”, sagte Katrin und stand auf. Ich muß mal wieder. ”
    “Der Schweinebraten war ganz wunderbar”, rief seine Mutter ihr hinter her.
    Dieser Abend, dachte Herr Lehmann, ist das Seltsamste, was ich in letzter Zeit erlebt habe.
    “Das ist ja ein lustiger Abend”, sagte seine Mutter zu ihm.“Du hast es  wirklich nett hier mit deinen ganzen Freunden.”
    “Ja, ja”, sagte Herr Lehmann.
    “Wir müssen aber sowieso noch mit dir reden”, sagte seine Mutter.
    “Wie jetzt?”
    “Naja”, sagte sein Vater, “wir hätten da noch eine Bitte an dich. Du mußt wegen Oma noch etwas für uns erledigen.”
    “Wegen Oma?”
    “Wir schaffen das nicht”, sagte seine Mutter. “Wir müßten das morgen machen, und das wird einfach zuviel, morgen abend fährt ja der Bus schon wieder.”
    “Wäre wirklich nett, wenn du das für uns erledigen könntest”, fügte sein Vater hinzu. Ist keine große Sache.”
    “Worum geht’s denn?” fragte Herr Lehmann und signalisierte Karl, der an der Kasse herumfummelte, daß er Schnaps für alle wollte.
    “Du mußt nach Ostberlin.”

    Kapitel 13

    KUNST

    “Was sollst du?” Karl hatte nicht zugehört. Herr Lehmann stand etwas ratlos  in seiner Werkstatt, einer Ladenwohnung in

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